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SCHACH-SPHINX/05426: Wurzel des empirisch-rationalen Denkens (SB)


Teleologie nennt sich jene Denkschule, die die Entwicklung der Menschen zweck- und zielgerichtet begreift, das heißt, die Umstände, die den Anfang definieren, lösen sich in ihrer Ursächlichkeit in einem rational begreiflichen Endziel auf, erfüllen sich dort gewissermaßen. Natürlich schließt dieser Ansatz, die Welt von vornherein als geordnet zu verstehen, eine bestimmte vorgegebene und rationale Quelle mit ein, und zwar zwingend. Für gewöhnlich nimmt man einen Gott oder, weltlicher gesprochen, eine Natur an, die in ihren Ursprüngen harmonisch angenommen wird. Ersonnen wurde dieses Konzept der rational- empirischen Methode, um den Gebrauch der menschlichen Vernunft bei der Erforschung der Naturgesetze als auch in der nahtlos sich daran anfügenden Anwendung dieses Wissens auf die systematische Lenkung der individuellen und gesellschaftlichen Bedingungen sinnvoll zu gestalten. Die Ursprünge dieses Denkens liegen weit zurück in der Geschichte. Angefangen bei den antiken Griechen übernahmen die Christen die teleologische Methode, die in einem gottgefälligen Leben zur Daseinsbegründung reifte. Mit dem Aufblühen der Renaissance drangen neue Ideen in das teleologische Denken ein. In der Abkehr religiöser Leitbilder besann sich der moderne Mensch darauf, sein Schicksal in die als Naturgesetze definierten Kräfte einzubinden. Damit begann die Geburtsstunde des Empirismus bzw. des Rationalismus. Ein echtes Umdenken fand natürlich nicht statt. Einzig in der Frage der Bedingungsgebundenheit trat statt des religiösen Elements ein weltliches Prinzip in Erscheinung. Auch ins Schachspiel hatte dieser Glaube Einzug gehalten, als der Wertewandel mit Beginn der Renaissance eine Betonung durch die Vernunft erfuhr. Und dies war auch die Wurzel des kausalen Denkens im Schach, ein Säkularismus religiöser Zwecke. Von dieser Wurzel hat sich das Schach bis dato nicht befreit. Aber nun zurück zum heutigen Rätsel der Sphinx, denn nur wer die Krankheiten hinterfragt, darf auf Heilung hoffen. Unser Schachfreund Unruh hatte sich mit den weißen Steinen eine sturmbewegte Stellung aufgebaut. Was noch fehlte, war die zündende Kombination. Ob Unruh die Bedrohung seiner Dame ernster nahm, als es nötig war, Wanderer?



SCHACH-SPHINX/05426: Wurzel des empirisch-rationalen Denkens (SB)

Unruh - Schlüter
Bad Gandersheim 1947

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Der ungarische Großmeister Lászlo Szabo fiel aus allen Wolken, als sein dänischer Kontrahant Bent Larsen mit 1.Td5-b5! den gordischen Knoten der Stellung zerschlug. Da das Zwischenschach mit 1...Db2xf2+ 2.Kh2-h3 der letzte vernünftige Zug war, den er hätte machen können, gab er lieber gleich auf.


Erstveröffentlichung am 17. April 2002

27. März 2015


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