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SCHACH-SPHINX/05524: Männerverschlingende Harpyien (SB)


Von der Wiege weg fürs Schachspiel ausgebildet, hatte Vater Polgar aus seinen drei Töchtern Judit, Zsofia und Zsusza drei "männerverschlingende Harpyien" gemacht. Anfangs noch belächelt, "Frauen werden nie so gut Schach spielen können wie Männer", zeigte das Trio infernale bald schon ungarischen Biß und tanzte den Kritikern bald schon auf den Köpfen herum. Zsusza, älteste der Schwestern und mittlerweile Frauenweltmeisterin, besticht durch exaktes Auge und feines Gespür für latente Kombinationsmöglichkeiten. Ihr Stil reiht sich nahtlos ein in die Denkgewohnheiten auch der Männergilde. Anders die jüngste, Judit, mit unbezwinglichem Eigensinn, "Schachmanieren zum Nervtöten" habe sie und spiele "Wildwestschach". Nun, man erinnere sich an ihren Siegesmarsch durch die Hallen der hehren Männlichkeit. Reykjavic im März 1988. Blitzturnier, also etwas für schnelle Köpfe. Klein-Judit, gerade einmal 11 Jahre alt, mitten unter Elozahl- strotzenden Riesen. Ihre flinken Finger huschten über das Schachbrett, ihr Auge, wachsam, schien alles zu sehen; mehr jedenfalls als der russische Großmeister Dolmatow und sein amerikanischer Kollege Christiansen. Beide verloren nämlich den Faden im Spiel und sahen zuletzt, eingeschnürt und verpackt wie zum Abschicken, in ihrer verletzten Männlichkeit recht zerzaust aus. Ein seltsames Lob erhielt Judit daraufhin vom russischen Großmeister Gurewitsch: "Die Elfjährige ist ein Monster!" Es war wohl liebenswürdig gemeint. 1994 kam es in Monte Carlo zu einem Wettkampf der besten Schachveteranen gegen die weltbesten Damen, wo die Schachmeisterinnen knapp mit 37:35 den Sieg davontrugen. Der Spieler mit den meisten Punkten - acht Punkte aus zwölf Partien - war zugleich auch der mit Abstand Älteste, nämlich der 73jährige Wassili Smyslow. Warum ihn die Damen mit ihrer Schachkunst nicht becircen konnten, erklärte er sich folgendermaßen: "Ich bin ein alter Mann und sehe nicht mehr gut, wie hübsch die Mädchen sind. So kann ich mich ganz aufs Schach konzentrieren." Im heutigen Rätsel der Sphinx hatte Zsusza Polgar mit den schwarzen Steinen zuletzt 1...Ta8- d8 gezogen, dabei jedoch eine Winzigkeit übersehen, Wanderer?



SCHACH-SPHINX/05524: Männerverschlingende Harpyien (SB)

Smyslow - Z. Polgar
Monte Carlo 1994

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Zum Lächeln hatte der titellose Kasache Katalimow allen Grund, denn mit 1.Lc1-h6! legte er den Finger auf den wundesten Fleck in der schwarzen Stellung. Nach 1...Td6xd1+ 2.Ta1xd1 Df8xh6 3.Td1-d8+ Dh6-f8 4.Td8xf8+ Kg8xf8 5.Dc2-c3 Lc8-e6 6.Dc3-b4+ gab sein Kontrahent Stoliar mit Verdruß auf. Geholfen hätte ihm auch 3...Kg8-g7 nichts wegen 4.Dc2- c3+ f7-f6 5.Dc3-c4. Katalimow wurde übrigens Zweiter im Turnier.


Erstveröffentlichung am 24. Juli 2002

03. Juli 2015


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