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SCHACH-SPHINX/05665: Lektion der Unerfahrenheit (SB)


Sinnbildlich gesprochen laufen viele Meister mit einer langen Nase herum, weswegen auch das Sprichwort geprägt wurde: Jemandem eine Nase drehen. Unerfahrenheit war immer schon Freiwild gewesen für die gewieften Turnierjäger, und der Schachsaal macht da keine rühmliche Ausnahme. Das mußte auch der englische Großmeister Nigel Short erfahren. Gerade mal sieben Lenze zählte er, als er seine erste Turnierpartie bestritt. Mit Wut im Bauch denkt er noch heute daran zurück. Sein Kontrahent, ungleich älter und auch ausgebuffter, überschritt dabei die Bedenkzeit. Klein-Short kannte offenbar die Regeln nicht und fragte daher scheu und arglos nach, was nun zu geschehen habe. Der andere lächelte mit falscher Unschuld und beteuerte, daß die Partie einfach weitergespielt werden müsse. Short verlor. Erst später, nun doch mißtrauisch geworden, fragte er seinen Vater. Tränen standen Nigel in den Augen, als ihm dieser darüber aufklärte, daß er die Partie nach dem Reglement gewonnen hätte. "Ich habe den ganzen Abend geweint", erzählte Short später. "Ich konnte mir nicht vorstellen, daß Turnierspieler mit allen Mitteln und Tricks den Erfolg suchen. Es ist schon ein hartes Geschäft." An diesem Tag hatte Short seine erste Initiation erfahren und begriff: Erwachsenen muß man mit Mißtrauen begegnen. Jedenfalls ließ er sich in London 1987 nicht mehr ins Bockshorn jagen. In seiner Partie gegen Garry Kasparow, Short spielte mit den schwarzen Steinen, glänzte der englische Großmeister mit einem 'sonnenhell explodierenden Gedanken'. Also, Wanderer, Sonnenbrille aufgesetzt und das heutige Rätsel der Sphinx gelöst! Bedenke jedoch, daß sich Short um die Sicherheit seines Königs sorgen mußte.



SCHACH-SPHINX/05665: Lektion der Unerfahrenheit (SB)

Kasparow - Short
London 1987

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Für Edith Keller-Herrmann gab es nach 1.Le2-h5+ Kf7-e7 2.Sh4-g6+ Ke7- d6 3.Lc3-b4+ Kd6-c7 4.Lb4-f8 nichts mehr zu hoffen. Ohne Freibauer stand die Partie ganz und gar auf Verlust. Sie spielte noch 4...Kc7-b6 5.Ke3-d4 Kb6-b5 6.Lf8xh6 Tg8-d8 7.Lh6-g5 Td8-d7 8.Sg6-e5 Td7-h7 9.Lh5- e8+ Kb5-b4 10.f4-f5! und gab das verlorene Endspiel dann auf.


Erstveröffentlichung am 09. Dezember 2002

21. November 2015


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