Man soll Schach bieten, wo immer man kann, so eine verstaubte Schachregel, denn es könnte ein Matt sein. Wer immer den Einfall zu dieser Schachweisheit hatte - er wurde in vielen Partien der Dummheit überführt. Nur ein Novizenauge sieht in jedem Schachgebot ein blutwarm ersehntes Matt, weil er hofft, daß die Mechanik des Mattgetriebes sich irgendwie von selbst zum Ziele hinbewegt. Schachgebote können auch schädlich sein, insbesondere wenn damit dem gegnerischen König mit Tempogewinn erlaubt wird, sich aus der Mattgefahr hinwegzustehlen. So besteht die Kennerschaft gerade darin, mit möglichst wenigen Schachgeboten die Schlinge um den Hals des gegnerischen Königs zu werfen. Schach sagt man zuletzt nur in Verbindung mit dem Matt, rühmt sich der alte Schachhase, oder höchstens als forcierte Folge hin zum selbigen. Wer planlos Schach um Schach gibt, verrät nur seine Einfalt. Wer das erforderliche Schach jedoch übersieht, sei's, daß er mit seinen Gedanken noch am Planen und Verknüpfen war, der zeigt etwas anderes, nämlich daß er schachblind war. Und plötzlich versteht man, warum Regeln Regeln sind und Meisterwürde eben Meisterwürde. Im heutigen Rätsel der Sphinx zog Dr. Filip nun 1.Dg8xh7+?? und mußte nach 1...Kf5-g4 2.Tc7xb7 Kg4-h3 die Waffen strecken. Der Raub eines unschuldigen Bauern war ihm, so kurz vorm Sieg, zum bitteren Verhängnis geworden. Nun, Wanderer, weniger gierig und dafür mit mehr Sachverstand gesucht, hätte Dr. Filip durchaus noch zum Sieg ausholen können. Es standen ihm sogar zwei sanfte Schachgebote zur Verfügung.
Dr. Filip - Darga
Oberhausen 1961
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Die Dame des Hauses sah weiter als ihr Gatte, und als dieser 1...e3xd2
zog mit einem gönnerhaften Lächeln um die Lippen, da gab ihm seine
Frau den Hochmut kalt berechnend zurück: 2.Te1xe8 Tf8xe8 3.Dh4xh7+!!
Sf6xh7 4.Sg5xf7+ Kh8-g8 5.Sf7-e5+ Kg8-h8 6.Se5xg6#
Erstveröffentlichung am 29. Januar 2003
15. Januar 2016
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