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SCHACH-SPHINX/05790: Weltbewegender Bauer (SB)


Was wäre aus der Schachkunst geworden, wenn sie keinen Emanuel Lasker gehabt hätte? Eine spekulative Frage, gewiß, aber man stelle sich nur vor, der Laie hätte ohne die Lehrbücher des ehemaligen Weltmeisters auskommen müssen. Welcher Wissenshintergrund wäre ihm da verloren gegangen. Und auch die russische Schachschule, die viel auf sich hält, wäre ohne das theoriebeflissene Dazutun Laskers wohl um Jahre ins Hintertreffen geraten. Daß Lasker auf dem schachlichen Pfad blieb, den er als 20jähriger in Breslau 1889 betrat, verdankt er, wie er in späteren Jahren nicht müde wurde zu betonen, den beiden ansonsten nicht sonderlich in Erscheinung getretenen Meistern Feyerfeil und Lipke. Und das trug sich folgendermaßen zu. Als die beiden nämlich zu ihrer abgebrochenen Partie zurückkehrten, bauten sie aus dem Gedächtnis und nicht anhand der Formulare die Stellung nach. Dabei vergaßen sie jedoch, einen weißen Bauern auf h2 zu stellen. Sein oder Nichtsein der weißen Stellung hingen von diesem Bauernzwerg jedoch wesentlich ab. Ohne seine Anwesenheit auf dem Brett ging die Partie unweigerlich verloren, sonst wäre sie Remis ausgegangen. Was das mit Lasker zu tun hat? Nun ja, durch diese Niederlage bestieg Lasker das Siegerpodest. Ohne diesen Turniergewinn hätte er dem Schach Adieu gesagt. Um dieses h-Bauern willen blieb Lasker der Schachwelt erhalten, die ansonsten nur von seinen in der Tat etwas sonderbaren philosophischen Ergüssen "berauscht" worden wäre. Auch in seiner Partie gegen Meister Napier kam ihm das Glück entgegen. Statt mit 1.b2xc3! e5xf4 2.Lf1-b5 Lg7xc3+ 3.Ke1-f2 Te8-d8 4.Ta1-d1 Lc8-g4 5.Td1- d3 in Vorteil zu bleiben, strapazierte Lasker seine Stellung mit 1.Lf1- c4?, was beinah ins Auge gegangen wäre. Napier fand die zum Sieg führende Kombination nicht, spielte 1...e5xf4? und verlor. Also, Wanderer, wie hätte Lasker im heutigen Rätsel der Sphinx das Nachsehen gehabt?



SCHACH-SPHINX/05790: Weltbewegender Bauer (SB)

Lasker - Napier
Cambridge Springs 1904

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Der Siegestrank war schnell zusammengemixt. Offene f-Linie, Springer auf e5 und die Nutzung der a1-h8-Diagonale, mehr brauchte Meister Barcza nicht, um mit 1.Se5xf7! Sd6xf7 2.Tf1xf7! die schwarze Stellung in Schutt und Asche zu legen. Unbrauchbar wäre nun 2...Lg7xb2 gewesen wegen 3.Sd3xb2 Kg8xf7 4.Tc1-f1+ Kf7-g8 5.De2-e7 Dh3xf1+ - 5...Dh3-d7 6.De7xg5+ nebst 7.Tf1-f4 - 6.Kg1xf1 Td8-f8+ 7.Kf1-g2 Sb5xa3 8.De7xg5+ Kg8-h7 9.Sb2-d3! Sa3-b5 10.Sd3-c5 a4-a3 11.Sc5-e6 Tf8-f7 12.Dg5-h5+ Kh7-g8 13.Dh5-g6+ und Weiß gewinnt. Also ließ sich sein Kontrahent Keres auf den Veitstanz mit 2...Kg8xf7 ein. Viel Freude hatte er daran jedoch nicht: 3.Tc1-f1+ Kf7-g8 4.Lb2xg7 Dh3-d7 5.Lg7-f6 Dd7-e8 6.De2- g4 Td8xd5 7.Sd3-e5! Td5xe5 8.Lf6xe5 De8xe5 9.Dg4-c8+ Kg8-h7 10.Tf1-f7+ Kh7-g6 11.Dc8-g8+ und Schwarz gab auf.


Erstveröffentlichung am 13. April 2003

29. März 2016


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