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SCHACH-SPHINX/05905: An den Pranger schwatzen (SB)


Neid und Mißgunst, Intrigen und Spott, wer in der Literatur der europäischen Kulturgeschichte nachliest, wird allenthalben auf diese unausrottbaren Untugenden treffen. Kaum ein anderer Schriftpoet als der berühmte William Shakespeare hat daraus seine Dramen und Komödien so unnachahmlich lebensecht in Szene gesetzt. Die Moral der Bildungsanstalten lehrte zwar mit dem Stock Bescheidenheit, das Herz der Menschen blieb davon jedoch unberührt. Wo es Ansehen zu gewinnen gibt, da sammeln sich auch die Nestbeschmutzer. Damit sind nicht jene Köpfe gemeint, die in aller Ernsthaftigkeit Kritik üben an bestehenden Mißständen, sondern jene, die aus der billigen Häme gegen Zunftgenossen sich erst ihren Strahlenkranz binden und dann gar als gescheite Sprücheklopfer Einlaß finden in die Gazetten und Lümmelblätter der Gesellschaft. Vlastimil Hort beispielsweise hatte sich einst zu den Worten hinreißen lassen: "Wenn zum Beispiel ein Ralf Lau glaubt, Großmeister werden zu können, kann ich das kaum ernst nehmen. Selbstüberschätzung und Überbezahlung des Mittelmaßes scheinen in Deutschland gang und gäbe geworden zu sein." Als Lau später den Großmeistertitel trotz aller Unkenrufe erhielt, da wurde ein Mister Hort plötzlich ganz mucksmäuschenstill. Hüte jeder seine Zunge, sie schwatzt ihn sonst an den Pranger! Doch nun zurück zum heutigen Rätsel der Sphinx und damit zu der charmanten Frage, wie es Meister Vukovic mit den weißen Steinen gelang, die Partie mit einem krönenden Matt zu beenden?



SCHACH-SPHINX/05905: An den Pranger schwatzen (SB)

Vukovic - Deutsch
Zagreb 1920

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Meister Awerbach sah geschickt voraus, daß seine Damenflügelbauern nach 1...Sb5xa3! 2.Lb2xa3 Sd6-b5 3.La3-c1 Sb5xc3 4.Sf4-e2 Sc3-b1 und dank der Drohung 5...a4-a3 und 6...b3-b2 mehr Wert waren als ein passiver Springer. Sein Kontrahent Euwe gab jedenfalls die Partie nach 4...Sc3-b1 unverzüglich auf.


Erstveröffentlichung am 04. August 2003

22. Juli 2016


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