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SCHACH-SPHINX/05939: Kleinkrieg der Nerven (SB)


Ein kalter Wind wehte durch die Moskauer Gassen an diesem 24. November 1984, als Garry Kasparow mit einem unguten Gefühl den Weg zum Säulensaal des Moskauer Gewerkschaftshauses antrat. In Gedanken ging er noch einmal die nächtlichen Vorbereitungen und Pläne durch, was jedoch nicht verhindern konnte, daß das beklemmende Drücken in seiner Brust blieb. Kasparow war unterwegs zur 27. Wettkampfpartie gegen den Weltmeister Anatoli Karpow. Nach nur neun Partien schienen all seine Hoffnungen, in die Schachgeschichte mit 21 Jahren als jüngster Weltmeister einzugehen, zerstoben zu sein. Mit 0:4 lag er schier unrettbar verloren zurück. Und auch dieser Tag reihte sich in die Phalanx seines Unglücks ein. Kasparow verlor die fünfte Partie. Nur noch eine brauchte Karpow zu gewinnen, dann hätte er seinen Titel erfolgreich verteidigt. Doch es kam so ganz anders, als die Weltöffentlichkeit und Karpow gedacht hatten. Nach einer Reihe belangloser Remispartien, die vor dem 20. Zug an spielerischer Lustlosigkeit eingingen, begann sich mit der 34. Partie ein Wandel in Kasparows bisherigem Spiel abzuzeichnen. Es stand 5:1 gegen ihn, und doch sollte es Karpow bis zum skandalösen Abbruch des Wettkampfes nicht mehr gelingen, seinen jungen, aufstrebenden Herausforderer ernstlich in Gefahr zu bringen. Mehr noch: Karpow verlor nach und nach alle Fäden der Besonnenheit und zwei weitere Partien, bis zuletzt entgegen der anfänglichen Euphorie unter seinen Anhängern niemand mehr an eine Titelverteidigung glauben mochte. Das heutige Rätsel der Sphinx stammt aus der 48. und letzten Partie dieses Wettkampfs, wo Karpow bereits weit unter Niveau spielte. Im Stellungsbild zog Kasparow mit Weiß 1.f4-f5 und mußte noch einen mühsamen Weg bis zum Sieg gehen. Welchen Gewinnweg fand später der sowjetische Großmeister Mark Taimanow, Wanderer?



SCHACH-SPHINX/05939: Kleinkrieg der Nerven (SB)

Kasparow - Karpow
WM 1984/85

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Bronstein forcierte den Angriff mit 1.Te1-e4!, so daß er nach 1...La4- e8 2.Te4-d4+ Kd5-c6 3.Lf1-e2 Sb8-d7 4.Le2-f3+ Kc6-b6 5.Th1-b1+ Kb6-a5 6.Tb1xb7 auf Gewinn stand. Statt den relativ noch besten Zug 6...Ta8- b8 zu wählen, strangulierte sich Waisman selbst: 6...h7-h6? 7.Tb7xc7 Ta8-b8 8.Sg5xf7! Le8xf7 9.Tc7xd7 und der Rest war nur noch Handwerk, so daß Schwarz sofort aufgab.


Erstveröffentlichung am 07. September 2003

26. August 2016


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