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SCHACH-SPHINX/06366: Vom Kummer eingeholt (SB)


Am Brett kann man die Schachmeister in den seltsamsten Verrenkungen beobachten. Die Stirn, gekräuselt wie ein Streuselkuchen, den Kopf oft schwer in den Händen gestützt und den Blick starr wie eine Nagelfeile auf die Figuren gerichtet, so brüten sie sich ihre Züge zurecht. Andere, die diese sitzende Tortur nicht durchstehen können, erheben sich und lassen ihre Gedanken bei einem Fußmarsch durch die Turnierhalle zirkulieren. Eine besondere Art meditativer Selbstversenkung erfand der niederländische Senior Schneiders beim 32. Internationalen Turnier im italienischen Imperia. Mit gekreuzten Beinen sitzend auf dem Stuhl erschreckte er seine Gegner durch seine regungslose Mimik. Kein Blinzeln der Lider, kein nervöses Zucken der Mundwinkel, Schneiders hielt seine Selbstbeherrschung in jeder Partie durch. Daß er in dieser Stille der Bewegung unglaubliche Züge fand, beweist das heutige Rätsel der Sphinx, wo er seinem italienischen Kontrahenten Malfagia den wahren Wortsinn der Ben-Oni-Verteidigung - 'Sohn meines Kummers' - lehrte. Malfagia hatte zuletzt 1...Sd7-e5 gespielt und war hoffnungsfroh, eine Figur gewinnen zu können. Der Kummer sollte ihn freilich bald schon einholen, Wanderer!



SCHACH-SPHINX/06366: Vom Kummer eingeholt (SB)

Schneiders - Malfagia
Imperia 1990

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Tals magischer Blick fand in der Stellung leicht die zum Gewinn führende Kombination. Brennpunkt seiner Gedanken war der ungedeckte Läufer auf e6 und der Mattangriff auf h7. Also zauberte Tal: 1.Te1xe5! f6xe5 2.Sf3-g5 Lg7-f6 3.Sg5xe6. Sein Kontrahent Timman sah keine Notwendigkeit, sich nach 3...Lf6xh4 4.Se6xc7 in das Dilemma hineinzuquälen und gab auf.


Erstveröffentlichung am 2. November 2004

27. Oktober 2017


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