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SCHACH-SPHINX/06523: Kobolde im Blut (SB)


Der Mensch erfährt sich selbst am eindringlichsten, wo er, im Schatten jedlichen Gedankens, einen Blick ins Innere erhascht, dort braust sein Blut, dort lauern alle Hintergründe, und zwischen Groß- und Kleinhirn eckt er am wahren Meister seines Denkens an. Die Einkehr hinein in diese Gefilde beschreibt ein altes Schachgedicht, recht frech und ungeschminkt offenbart es sich dem Zeugen, der sich selbst einmal hinter dem Spiegel aufschimmern sieht: "Kobolde lauern in allen Ecken, um uns zu necken und zu schrecken; Kobolde hat wohl auch der gute und harmlos-treue Mensch im Blute; sie wühten schadenfroh im Hirne selbst hinter kühler Denkerstirne - nur bei Philistern und Banausen, da mögen sie nicht gerne hausen. Doch wo man listig und verschmitzt, Geist brütend bei dem Schachspiel sitzt, wo frevelnd man die Tante kitzelt und schonungslos den Feind bewitzelt, sind sie am liebsten, fehlen nie und lenken heimlich die Partie - es fliehen da in banger Eile der Stumpfsinn und die Langeweile." Nun, Wanderer, hast du dich erkannt in diesen Strophen? Wer brütet da wohl in unseren Gedanken, macht, daß die Pulse sich bei einem anderen Herrn bedanken? Auch im heutigen Rätsel der Sphinx hatte Meister Grünfeld diesem Unbekannten sein Ohr geliehen, als er mit den weißen Steinen zum Angriff und Matt ausholte.



SCHACH-SPHINX/06523: Kobolde im Blut (SB)

Grünfeld - Wagner
London 1932

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Anand war das Opfer seiner Unerfahrenheit geworden, als er mit 30.Sd5- b6?? einen der gröbsten Fehler des WM-Kampfes beging. Mit 30.Sd5xe7(!) Tc4xb4+ 31.Kb2-c1 Le6-a2 32.Td2xd6 Tb4-b1+ 33.Kc1-d2 Tc8xc2+ 34.Kd2xc2 Tb1xe1 hätte Kasparow nur einen geringen Vorteil gehabt, der sich wohl nicht mehr in einen Sieg hätte verdichten lassen können.


Erstveröffentlichung am 6. April 2005

3. April 2018


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