1994 feierte die FIDE zu Ehren der ersten Damenweltmeisterin das Vera- Menchik-Jahr. 50 Jahre zuvor war sie bei einem Bombenüberfall der Nazis auf London umgekommen. Damit hatte zugleich auch die erste Vorkämpferin für eine Gleichbehandlung von Männern und Frauen in den Turnierhallen ihr Leben verloren. Vor Vera Menchik konnte sich die Männerwelt nicht vorstellen, daß eine Frau ebensolche Denkleistungen auf dem Gebiete des Schachspieles bewerkstelligen könnte wie ein Mann. Geschürt wurde dies Vorurteil nicht nur seitens der Herren Großmeister. Auch viele Wissenschaftler unterstützten diesen Wahn mit dubiosen Theorien über die sogenannte physische Unfähigkeit der Frauen zu adäquatem Schachdenken. Vera Menchik untergrub dieses männerstolze, menschheitsgeschichtlich gewachsene "Werturteil", indem sie der Reihe nach auch illustre Großmeister besiegte. Weltmeisterin der Damen war sie von 1927 bis zu ihrem Tode 1944. Ihr Vater war Tscheche, die Mutter Engländerin. Sie kam 1921 nach Hastings und wurde dort Schülerin des ungarischen Großmeisters Geza Maróczy, der ihr Talent sofort erkannte und förderte. Im heutigen Rätsel der Sphinx aus dem Damenturnier in der ostböhmischen Stadt Chrudim hatte die bulgarische Großmeisterin Woiska, die auch Turniersiegerin wurde, mit den weißen Steinen die Dame für drei Leichtfiguren gegeben und konnte nun die gegnerische in eine peinliche Situation bringen, Wanderer.
Woiska - Krupkova
Chrudim 1994
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Armer schwarzer König, so bedrängt von feindlichen Kräften konnte es
für ihn kein Entkommen geben: 1.Te3-g3+ Kg8-f7 2.e5-e6+! Kf7-e8 3.Dh6-
h5+ Ke8-e7 4.Sc3xd5+ Ke7xe6 5.Sd5-c7+ Ke6-e5 6.Tg3-e3+! Ke5-d6 -
6...Ke5xf4 7.Sc7-d5# - 7.Sc7xa8 Kd6-c6 - der Springer war nicht zu
nehmen wegen des Damenschachs auf h6; die Partie war im Grunde längst
entschieden - 8.c2-c3 Df8-d6 9.Tf4-f1 Lf5-g6 10.Dh5-g4 Th8xa8 11.c3xd4
Dd6xd4 12.Dg4-f3 Kc6-b6 13.Tf1-d1 und die Zeitüberschreitung bewahrte
Schwarz vor Schlimmerem.
Erstveröffentlichung am 4. Juni 2005
1. Juni 2018
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