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SCHACH-SPHINX/06721: Drang zur Exklusivität (SB)


Alexander Aljechin hatte von sich selbst geglaubt, den Funken Caissas in seiner Brust zu bergen. Er ging davon aus, daß eine Gabe vonnöten sei, um Schach auf einem hohen Niveau spielen zu können, daß Ehrgeiz, selbst mit Fleiß gepaart, nur Durchschnittstypen hervorbringen könnte auf der Bühne des Schachbretts. Gerade in seinen jungen Jahren, als er erfüllt war von diesem Drang zur Exklusivität, hing er diesem Denken manisch an. In vielen Partien mit schlechterer Stellung fand er, wie zur Bestätigung dieses Götterwahns, Kombinationen von solch unbeschreiblicher Eleganz und Einmaligkeit, daß er erst später nach bitteren Erfahrungen von dem Glauben abrücken mußte, der Günstling einer anderen Sphäre zu sein. Eine gewisse herablassende Art im Umgang mit seiner Umwelt blieb dennoch an ihm haften. Zu deutlich war der Niveauunterschied, und als er dann 1927 seinem ärgsten Rivalen, dem Kubaner José Capablanca, den Zahn der Unbesiegbarkeit zog, schien in der weiten Schachwelt wirklich niemand mehr zu ihm hochsteigen zu können. Nun war er der größte und zugleich der einsamste Weltmeister, der je den Thron bestiegen hatte. Im heutigen Rätsel der Sphinx aus seinen frühen Wirkjahren bestach er einmal mehr mit seinem kombinatorischen Witz. Sein Kontrahent Grünfeld hatte sich zuletzt mit 1.f2-f3? einen unverzeihlichen Fehler zuschulden kommen lassen, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/06721: Drang zur Exklusivität (SB)

Grünfeld - Aljechin
Karlsbad 1923

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Die Wogen des Sturms hatten sich geglättet, aber bei Gleichheit des Materials behielt Max Euwe dennoch die positionelle Souveränität und siegte kurzerhand nach 1.De1-e8 Df5-c2+ 2.Kf2-g1 Dc2-d1+ 3.Kg1-h2 Dd1- c2+ 4.Sf4-g2 Dc2-f5 5.De8-g8+ Kg7-f6 6.Dg8-h8+ Kf6-g5 7.Dh8-g7+ und Schwarz gab auf. Sein König hatte das Ende der Fahnenstange erreicht.


Erstveröffentlichung am 21. Oktober 2005

20. Oktober 2018


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