Es gibt ziemlich unbefangene Geister unter den Großmeistern, welche die Mühsal der Vorbereitung auf jeden einzelnen Gegner für eine Platzverschwendung im Kopf halten und daher gelöst und gelassen in die Turniere gehen, sich vom Augenblick leiten lassen, manchmal auch von einer Laune, die sich jedoch um nichts in der Welt ängstigen läßt von Theoriegespenstern, großen und kleinen, echten und falschen. Solch ein gediegenes Naturell besitzt der englische Großmeister Tony Miles. Er setzt sich ans Brett, und erst dann beginnen seine Gedanken um die Fragen zu kreisen, wie eröffne ich, welche Verteidigung wähle ich. Einschüchtern läßt er sich von keinem noblen Namen. Er spielt wie ein Springinsfeld und hat mit dieser Drauflosstrategie schon so manchen Kontrahenten aus dem Konzept gebracht. Im heutigen Rätsel der Sphinx bereute Miles allerdings seine stolze Unbefangenheit, denn sein Kontrahent Igor Iwanow hatte sich sehr sorgfältig auf ihn vorbereitet, und das mit Erfolg. Miles hatte zuletzt 1...f7-f5 gezogen. Diesmal sollte er in die Grube der Überraschungen fallen, Wanderer.
Iwanow - Miles
Luzern 1982
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Jede Generation fordert ihr Recht, und ihr soll Gerechtigkeit
widerfahren: 1...g7-g6? 2.Sg5xh7! Kg8xh7 3.De2-h5+ Kh7-g8 4.Ld3xg6
f7xg6 5.Dh5xg6+ Kg8-h8 6.Dg6-h5+ Kh8-g8 7.Lc1-h6 Sc6xe5?! - zäher war
7...Tf8-f7 8.Dh5-g6+ Kg8-h8 9.Dg6xf7 Ta8-g8, aber letztendlich nicht
minder aussichtslos - 8.Te1xe5 Tf8-f7 9.Dh5-g6+ Kg8-h8 10.Te5-h5! und
Schwarz gab auf, da das Matt nicht mehr zu verhindern war, zum
Beispiel 10...Tf7-h7 11.Lh6-g7+ Kh8-g8 12.Dg6xh7+ Kg8-f7 13.Lg7-h6+
Kf7-e8 14.Dh7-g8+ Le7-f8 15.Dg8xf8#
Erstveröffentlichung am 7. Mai 2006
6. Mai 2019
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