Schattenblick → INFOPOOL → SOZIALWISSENSCHAFTEN → PÄDAGOGIK


JUGEND/032: Suchtprävention durch Stärkung der Persönlichkeit (idw)


Friedrich-Schiller-Universität Jena - 27.02.2018

Suchtprävention durch Stärkung der Persönlichkeit

Psychologen der Universität Jena starten bundesweites Projekt zum suchtpräventiven "IPSY"-Schulprogramm


Drogen sind gefährlich für Körper und Psyche. Man kann von ihnen abhängig werden. Nicht wenige lassen sich nur auf illegalem Weg beziehen. Über diese Fakten zu informieren, ist ein elementarer Bestandteil der Suchtprävention für Schülerinnen und Schüler. Einen entscheidenden Punkt berühren die Aufklärungsprogramme aber oftmals nur am Rande: die eigentliche Ursache für den Drogenkonsum. Denn Jugendliche geraten meist in die Abhängigkeit, weil sie sich erhoffen, mit Rauschmitteln unter Freunden Anerkennung und sozialen Status zu erlangen oder typische Probleme ihrer Lebensphase lösen zu können.

Genau hier setzt das Programm "IPSY - Information und psychosoziale Kompetenz" an, das an der Friedrich-Schiller-Universität Jena im Rahmen eines langjährigen Forschungsprogramms entwickelt und evaluiert wurde. Durch die Durchführung im Klassenkontext können Lehrkräfte die Persönlichkeit und Kompetenzen ihrer Schüler stärken und sie somit auch weniger empfänglich für Alkohol und Co. machen. Nach einem erfolgreichen regionalen Projekt mit der Techniker Krankenkasse (TK) in Thüringen zur Verbreitung des Programms an Thüringer Schulen, streben die Jenaer Psychologinnen an, IPSY nun auch bundesweit an den Schulen zu etablieren. Die TK unterstützt das Projekt ab 1. März für vier Jahre mit rund 750.000 Euro.

"IPSY gehört zu den wenigen evidenzbasierten Präventionsprogrammen, deren Wirkung in langjähriger wissenschaftlicher Forschung belegt ist", sagt Thomas Holm, Leiter Gesundheitsförderung in Lebenswelten bei der TK. "Die TK unterstützt die Jenaer Psychologen sehr gerne dabei, diesen fundierten Ansatz in möglichst viele deutsche Schulen zu tragen. Nachdem wir zahlreiche positive Rückmeldungen aus der Modellregion Thüringen bekommen haben, freut uns die offensichtlich erfolgreiche Verbindung von Forschung und Präventionspraxis umso mehr."

Gefestigter durchs Leben gehen

"Suchtprävention wird oftmals darauf reduziert, über die Arten der verschiedenen Rauschmittel und die damit verbundenen Gesundheitsgefahren aufzuklären", sagt Prof. Dr. Karina Weichold von der Universität Jena. "Doch ein solches Programm kann viel mehr. Lehrer können ihren Schülern so das Rüstzeug geben, das sie brauchen, um einfach ,Nein' zu Drogen zu sagen und auch sonst gefestigter durchs Leben zu gehen." Selbstsicherheit, das Treffen informierter Entscheidungen und Kommunikationsfähigkeiten etwa sind wichtige universelle Lebenskompetenzen, die Kinder und Heranwachsende stärken und vor problematischen Entwicklungen schützen können. "Schüler sollen glücklich und zufrieden sein, gut durchs Leben kommen und außerdem erfahren, dass ihnen Drogen auf diesem Weg nicht helfen werden", fasst die Psychologin Weichold zusammen.

Alles Positive muss bekräftigt werden

Gerade das Schulumfeld prägt Kinder und Jugendliche dabei besonders. "Uns war es deshalb wichtig, dass die Lehrer oder Sozialarbeiter selbst die Trainings durchführen und so die Persönlichkeitsbildung ihrer Schüler beeinflussen", sagt die Jenaer Wissenschaftlerin. "Viele Pädagogen bestätigen uns, dass sie auf diese Weise einen ganz anderen Zugang zu ihren Schülern finden. Auch sie müssen hier eine andere Seite zeigen, kommen ins Gespräch mit den Kindern und Jugendlichen und begleiten ihre Entwicklung intensiver." Lehrkräfte arbeiten während des Trainings, das sie von der fünften bis zur siebten Klasse durchführen, sehr ressourcenorientiert, das heißt, sie müssen Stärken bei ihren Schülern erkennen und dabei helfen, diese auch zu festigen. "Kompetenzen, die in dieser Zeit entstehen, muss der Lehrer oder Sozialarbeiter systematisch und langfristig positiv bekräftigten." Zudem fördere die Offenheit, die meist während des Trainings entsteht, das Klassenklima und das Miteinander der Schüler untereinander. Selbst die Identifikation mit der Schule kann dadurch gestärkt werden.

Dass ihre Herangehensweise erfolgreich ist, haben die Jenaer Wissenschaftler nicht nur durch die vielen Rückmeldungen aus den Schulen erfahren, sondern auch mit einer Langzeitstudie belegen können. "Unsere Untersuchungen zeigen, dass Schüler, die am IPSY-Programm teilgenommen haben, weitaus weniger zu Alkohol, Zigaretten und illegalen Drogen greifen." Einen Grund für den Erfolg des Projektes sieht Karina Weichold in der intensiven wissenschaftlichen Entwicklung des Trainings und der langen Implementierungsphase über drei Schuljahre. "Außerdem ist es uns wichtig, dass wir den Lehrern das IPSY-Manual nicht einfach nur als schriftliche Gebrauchsanweisung übergeben, sondern dass wir sie in kostenlosen Schulungen in unsere Ideen einführen und sie diese so bestens vorbereitet an die Schüler weitergeben können." Interessierte Pädagogen und Pädagoginnen können sich jederzeit für die entsprechenden Workshops anmelden.

Weitere Informationen und Anmeldung zu IPSY unter:
www.ipsy.uni-jena.de.

Weitere Informationen unter:
http://www.ipsy.uni-jena.de
http://www.uni-jena.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution23

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Sebastian Hollstein, 27.02.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. März 2018

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang