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SCHULE/340: Schüler lernen zu wenig über Europa und die Europäische Union (idw)


Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd - 05.06.2012

Schüler lernen zu wenig über Europa und die Europäische Union



Aktuell steht Europa verstärkt im Fokus der Medien. Wir blicken auf Griechenland, Spanien, Italien, Portugal und immer wieder auf den Europäischen Rat, dem Treffen der Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten, und warten darauf, dass sich eine Lösung der Eurokrise findet. In den deutschen Klassenzimmern gibt es dagegen wenig Information zur Europa und der EU. Daher haben sich unter der Leitung von Prof. Dr. Stefan Immerfall und Prof. Dr. Helmar Schöne ReferentInnen aus ganz Deutschland an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd im Rahmen eines Workshop gefragt, warum Europa in den Schulen nicht ankommt.

Europabezogene Gegenstände sind in den Lehrplänen der verschiedenen Schularten weit über den sozialkundlichen Unterricht hinaus breit verankert. An der Relevanz des Themas besteht kein Zweifel. Für seine Bearbeitung im Unterrichtsalltag steht eine unüberschaubare Menge an schülergerecht aufbereiteten Unterrichtsmaterialien zur Verfügung und an Informationen für Lehrkräfte besteht ebenfalls kein Mangel.

Trotzdem ist Europa und die EU sowohl bei LehrerInnen als auch bei SchülerInnen laut wissenschaftlicher Untersuchungen ein ungeliebtes Thema und wird gerne bei der Unterrichtsplanung außen vor gelassen. "Scheinbar scheuen sich LehrerInnen dieses Thema zu unterrichten, da die Zusammenhänge oftmals komplex und schwierig zu erfassen sind und sie selbst oft nicht ausreichend informiert sind. Eine Ursache dafür ist, dass LehrerInnen Gemeinschaftskunde oft fachfremd unterrichten und nicht dafür ausgebildet sind", stellt Prof. Dr. Helmar Schöne von der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd fest. Wird Europa und die EU dann doch zum Unterrichtsthema, steht meistens das institutionenkundliche Lernen im Vordergrund - eine für die SchülerInnen sehr trockene Art des Lernens. Das erleichtert ihnen nicht unbedingt den Zugang zu Europa.

Während des Workshops haben die ReferentInnen jedoch deutlich aufgezeigt, dass es interessante Angebote gibt, mit denen LehrerInnen das Interesse der SchülerInnen für Europa wecken können. Ein interkultureller Austausch mit Partnerschulen, verschiedene Projekte, Planspiele oder Exkursionen lockern den Unterricht auf, motivieren SchülerInnen und vermitteln politische Zusammenhänge lebensnah. Alfons Scholten, Lehrer am Theodor-Fliedner-Gymnasium in Düsseldorf, bestätigt: "Meine Schüler fühlen sich nach dem Austausch mit SchülerInnen unserer Partnerschulen in Polen und den Niederlanden als Europäer". Deswegen plant Alfons Scholten auch schon das nächste Comeniusprojekt. Diesmal soll die EU im Mittelpunkt stehen, damit sich die SchülerInnen stärker damit auseinander setzten.

Wenn SchülerInnen sich im Unterricht mit dem Thema Europa befassen, setzen sie damit nachhaltig einen Grundstein für ihre weitere politische Teilhabe als BürgerInnen in der EU. "Wer sich in der Schule mit Europa beschäftigt hat, weiß auch als Erwachsener besser Bescheid und setzt sich mit Politik auseinander", weiß Prof. Dr. Monika Oberle von der Universität Göttingen. Erwachsene greifen nachhaltig auf politisches Wissen aus dem Schulunterricht zurück. Was SchülerInnen im Unterricht über Europa und die EU lernen, hat damit einen Einfluss darauf, ob sie als Erwachsene ihre Bürgerrechte in der EU wahrnehmen und nutzen.

Wichtig ist jedoch auch, dass es für LehrerInnen Angebote gibt, die ihnen helfen, sich besser in das Thema einzuarbeiten und sich so ein fundiertes Wissen über Europa aneignen zu können. Denn wird ein Thema durch LehrerInnen interessant und lebhaft vermittelt, steigt auch das Interesse bei den SchülerInnen. Deshalb ist Europa und die EU fester Bestandteil der LehrerInnen-Ausbildung in der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd. "Leider ist das in Deutschland nicht überall der Fall", berichtet Frau Oberle.

Mit dem Workshop startete die Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd das Projekt "EU unterrichten: Wissensbestände sichern, Schulpraxis reflektieren, Verständnis wecken", in dem Europa und die EU verstärkt als Thema in der LehrerInnen-Ausbildung und -Fortbildung eingebunden werden soll, auch über Schwäbisch Gmünd hinaus. Das Projekt wird über ein Jahr durch das Jean-Monnet-Programm "Learning EU at school" der Europäischen Kommission gefördert.

Weitere Informationen zum Projekt
Informationen über die Möglichkeiten zur schülerorientierten Vermittlung von Europa bzw. der Europäischen Union erhalten Sie bei Stefanie Kessler (stefanie.kessler@ph-gmuend.de), die an der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd das Projekt koordiniert. Im Laufe des Jahres werden hier auch LehrerInnen-Fortbildungen angeboten.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution441

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd, Dr. Bert von Staden, 05.06.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juni 2012