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FRAGEN/023: Interview mit Maggie Schauer zum Thema Flucht - "Die Folgen sind dramatisch" (Gehirn und Geist)


Gehirn und Geist 1-2/2014
Das Magazin für Psychologie und Hirnforschung

»Die Folgen sind dramatisch«

Interview mit der Psychologin Maggie Schauer von Daniela Zeibig und Melinda Baranyai



Millionen Menschen auf der ganzen Welt flüchten aus ihrer Heimat. Viele von ihnen durchleben dabei traumatische Odysseen. Die Psychologin Maggie Schauer berichtet über ihre Arbeit im Kompetenzzentrum Psychotraumatologie an der Universität Konstanz, das Opfer in Krisenregionen und in Europa behandelt.


Frau Doktor Schauer, weltweit sind mehr als 45 Millionen Menschen auf der Flucht - vor Bürgerkriegen, Hungersnöten oder einfach vor ihren miserablen Lebensbedingungen. Was für Flüchtlinge kommen zu uns?

Zum einen Menschen mit einem politischen Verfolgungsschicksal. Sie müssen genügend Geld haben, um die Schlepper zu bezahlen, die ihnen zur Flucht verhelfen. Wer allerdings schon an einer Depression oder Angststörung leidet und noch dazu arm ist, meistert so einen beschwerlichen Weg oft nicht. Andere Flüchtlinge, die es bis zu uns schaffen, starten als unbegleitete Minderjährige, deren verzweifelte Familien die Reise finanzieren. Wieder andere haben keine Wahl und werden auf einen ihnen unbekannten Fluchtweg getrieben. Die meisten sind aber innerhalb Afrikas auf der Flucht - auch Alte und Kranke.

Was erleben sie auf der Flucht nach Europa?

Über das Mittelmeer kommen in der Regel Menschen aus Afrika, etwa aus Somalia oder Nigeria, um kriegerischen Konflikten und Verfolgung in ihrer Heimat zu entfliehen. Sie durchqueren meist andere Konfliktregionen und oft auch Teile der Sahara - und machen dabei Schreckliches durch: Sie sehen Morde mit an, werden vergewaltigt oder landen in Gefängnissen. Mal fahren sie mit Lkws, mal geht es wieder zu Fuß weiter - je nachdem, wie viel sie den Schleppern zahlen können. Wenn sie an der nordafrikanischen Küste ankommen, sind viele Flüchtlinge bereits stark geschwächt, krank und abgemagert, vor allem aber zehrt die Erfahrung von Lebensbedrohungen und Misshandlungen an ihnen. Es liegt dann schon so viel hinter ihnen, dass sie sich auf alles einlassen, um das Mittelmeer noch zu überqueren. So steigen am Ende 200 Leute in ein kleines Boot, um in zwei Tagen von Libyen nach Malta zu gelangen. Die Schlepper selbst sind meist nicht mit an Bord, sondern bestimmen einen Steuermann. Nach wenigen Meilen treiben die Flüchtlinge dann mitunter orientierungslos im offenen Meer.

Was sind die Folgen für die Psyche?

Für die allermeisten ist die Flucht hochtraumatisierend, vor allem wenn sie schon beim Aufbruch mehrfach extreme Stresssituationen wie lebensbedrohliche Anschläge durchleben mussten. Durch die Zustände in ihrer Heimat wurden Flüchtlinge bereits dort traumatischem Stress ausgesetzt und sind somit allgemein anfälliger für psychische Störungen.

Was erwartet sie in den Ankunftsländern?

In Australien wie auch auf Malta oder in Griechenland gibt es so genannte Detention Camps. In diesen Lagern werden die Flüchtlinge je nach Herkunft und Überfüllung unterschiedlich lange festgehalten. Ein somalischer Jugendlicher berichtete mir detailreich, dass er nach monatelanger Flucht auf Malta mit 40 Männern in eine Betonhalle gesperrt wurde. Ab und zu warfen die Wärter Brot hinein, das jedoch kaum für alle reichte. Andere Lagerinsassen mussten stundenlang in der Sonne stehen, manche verdursteten, andere wurden als Strafe in Erdlöcher eingegraben. Auch in Italien gibt es solche Camp-Gefängnisse. Nach kurzer Zeit werden die Flüchtlinge dort allerdings ohne Geld auf die Straße geschickt und sind von da an obdachlos.

Sind die Bedingungen der Unterbringung anderswo besser?

In den Mittelmeer-Anrainerstaaten, die momentan Flüchtlinge aufnehmen müssen, meines Wissens nicht. Dort sind die meisten Betroffenen unter erbärmlichen Bedingungen zusammengepfercht. In Deutschland, Österreich oder der Schweiz sind die Zustände besser. Hier erhalten Flüchtlinge einen Schlafplatz in einem Wohnheim, Essenspakete und eine medizinische Notversorgung. Allerdings müssen sich oft viele Personen ein Zimmer teilen, und in der Regel hat keiner der Flüchtlinge ausreichend Mittel, um die brennendsten Grundbedürfnisse zu erfüllen. Das ist noch weit von einer guten Lebensgrundlage, einem Neuanfang oder von Integration entfernt.

Bekommen die Flüchtlinge therapeutische Hilfe?

Psychotherapie ist teuer und in der medizinischen Versorgung für Flüchtlinge nicht enthalten. An eine Therapie kommt man nur über Flüchtlingshilfezentren von Vereinen und Wohlfahrtsverbänden oder über Einrichtungen wie unsere Flüchtlingsambulanz an der Universität Konstanz in Zusammenarbeit mit der NGO »vivo international«. Wir werden vom Europäischen Flüchtlingsfonds (EFF) gefördert und können daher kostenfrei Untersuchungen und Therapien anbieten, vergüten von uns ausgebildete Dolmetscher und erstatten auch Fahrkarten, damit Betroffene zu uns kommen können. Die meisten erfahren von ehrenamtlichen Helfern oder erst im Asylverfahren von ihrem Anwalt, dass es uns gibt. Menschen ohne westliche Schulbildung ist es meist gar nicht bewusst, dass ihr persönliches Leiden nicht nur eine schwer wiegende Erkrankung darstellen kann, sondern es auch eine Behandlung dafür gibt.

Was passiert mit denen, die nicht therapiert werden?

Die Folgen sind dramatisch. Unabhängig vom persönlichen Hintergrund führen multiple Traumata unbehandelt zu Depressionen und Persönlichkeitsveränderungen, sie greifen in den Stoffwechsel ein, schwächen das Immunsystem und verringern die Lebenserwartung. Betroffene ziehen sich zurück und haben schlechte Zukunftsaussichten, da sie weder einen Beruf ausüben können noch über ein funktionierendes Sozialleben verfügen. Wenn Menschen viele Traumata erlebt haben, verschwinden die Symptome nicht mehr von allein, sie werden vielmehr chronisch. Damit wird eine Therapie dringend notwendig. Soeben haben wir Studien publiziert, die zeigen, dass effektive Psychotherapie seelisch heilt, aber auch molekularbiologisch nachweisbare Schäden, etwa im Erbgut oder Immunsystem, teilweise wieder rückgängig machen kann.

Was hilft am besten, um Traumatisierungen durch Krieg, Verfolgung und Flucht zu überwinden?

Die klassischen Symptome sind das Wiedererleben einzelner traumatischer Szenen, Schlaflosigkeit, erhöhte Reizbarkeit, Unruhe und die Angst, dass wieder etwas Schlimmes passieren könnte. Das kann jahrzehntelang anhalten, da Traumatisierte alles vermeiden, was mit dem Schrecken zu tun hat. Diesen Teufelskreis kann man nur durchbrechen, wenn man das Erlebte aufarbeitet. Die Patienten müssen sich damit auseinandersetzen und die immer wieder hochkommenden Erinnerungen in den richtigen Kontext einordnen. Sie müssen verstehen, dass der Schrecken vorbei ist und sie sich in einem sicheren oder wenigstens veränderten Umfeld befinden. Es gibt heute verschiedene Verfahren, mit denen traumatische Erlebnisse reaktiviert und so lange bearbeitet werden, bis die Betroffenen angstfrei daran denken können. Nicht alle diese Methoden sind jedoch für Flüchtlinge geeignet. Denn anders als viele andere Patienten müssen sie nicht nur einzelne Episoden aus ihrem Leben aufarbeiten, sondern eine ganze Biografie voller Momente des Schreckens und Überlebens.

Sie haben gemeinsam mit Kollegen ein Therapiekonzept namens Narrative Expositionstherapie (NET) entwickelt. Was ist das Besondere daran?

Wir haben mit einem heute verbesserten Verständnis über Gedächtnisvorgänge ein Verfahren aufgegriffen, das schon Folteropfern des Pinochet-Regimes in Chile half: Betroffene erzählten von ihren Misshandlungen, um sie im Rahmen der Menschenrechtsarbeit auf Tonband zu dokumentieren. Es wirkte oft lindernd, wenn sie über das Erlebte sprachen. Die Aufzeichnungen dienten darüber hinaus als Anreiz zur Behandlung - viele wollten ihre Geschichte erzählen, damit andere erfahren, was ihnen angetan wurde. Auch im Rahmen der Narrativen Expositionstherapie entsteht ein Dokument über das Leben des Patienten, das in der Menschen- oder Kinderrechtsarbeit eingesetzt werden kann. Denn so beeinträchtigend die Symptome auch sein mögen, die Folgen von Folter und Flucht dürfen nicht als Störung im medizinischen Sinn gesehen werden. »Falsch« ist hier nicht der Mensch, der leidet, sondern das System, das ihn verfolgt, und das Unrecht, das ihm angetan wurde. Gleichzeitig haben die Beschwerden aber massiven Krankheitswert. Wichtig ist es daher, die Überlebenden nicht zu pathologisieren, ihnen aber trotzdem evidenzbasiert zu helfen. Dieser Ansatz setzt sich erst langsam durch.

Auf welche Schwierigkeiten stoßen Therapeuten bei der Behandlung von Flüchtlingen?

Viele therapeutische Konzepte sind sehr abstrakt, beinhalten große Denkanforderungen oder schriftliche Aufgaben - so etwas ist nichts für Menschen ohne formale Schulbildung, deren Geist durch Krise, Sorgen und Not sehr eingeengt ist. Wir brauchen alltagsnahe Methoden, die gut zu erklären sind: wie das Erzählen der eigenen Geschichte. Die Betroffenen müssen vor allem verstehen, warum die Konfrontation mit der Vergangenheit ihnen hilft, obwohl sie unangenehm ist. Sprachbarrieren überwinden wir mit Hilfe erfahrener Dolmetscher. Hilfreich ist es, wenn der Therapeut selbst die Zustände in den Herkunftsländern der Menschen erlebt hat. Das schafft eine Verbindung zum Patienten.

Vor einigen Jahren haben Sie in GuG berichtet, dass es nur wenig Forschung zu den psychischen Leiden von Flüchtlingen gab. Hat sich diese Situation heute verändert?

Die Traumaforschung hat in den letzten Jahren insgesamt stark zugenommen. Die Befundlage zeigt immer deutlicher die komplexen Folgen von Traumatisierung, die in alle Gesellschaftsarme hineinreichen, wie etwa sexuelle Gewalt - sowohl in Krisengebieten als auch in Exilländern. In der Regel interessiert sich die internationale Forschungsförderung aber mehr für Veteranen oder andere Opfer, die ein finanzielles Problem für die Gesellschaft oder das Gesundheitssystem darstellen. Die psychische Verfassung der Flüchtlinge scheint ökonomisch uninteressant. Dabei gibt es in allen Gesellschaften chronische und weit verbreitete psychische Krankheiten, wie Depressionen, die oftmals mit Traumata in der Entwicklung zu tun haben.

Sollten psychologische Angebote Teil der Flüchtlingspolitik sein?

Das Hauptproblem sind ja nicht die Flüchtlinge, die zu uns kommen, sondern die hohe Gewalt- und Traumatisierungsrate vor Ort in den Kriegs- und Krisenregionen. Der Teufelskreis aus Aggression - auch innerfamiliär -, Leiden und Traumata, die neue Gewalt erzeugen, wird über viele Generationen weitergegeben. Leider wird »mental health« von den Hilfsorganisationen oft als Luxus angesehen, wenn alle andere Unterstützung schon etabliert ist. Dabei kann man sich psychische Störungen gerade in ressourcenarmen Kontexten ganz und gar nicht leisten. Hier liegt ein Denkfehler der Helfergemeinschaft vor, denn ein Mensch im Krieg, im Lager, auf der Flucht, bei der Integration im Exil muss geistig wie körperlich Immenses leisten können.

Was schlagen Sie vor?

Aus meiner Sicht müsste man global gesehen in Bildung, psychische Gesundheit und auch effektive Psychotherapie investieren. Seelisch gesunde Eltern bilden eine stabile Grundlage für die Gesundheit, Friedfertigkeit und innere Freiheit ihrer Kinder.

Was kann Europa tun, um die Situation der hiesigen Flüchtlinge zu verbessern?

Wir sollten den Betroffenen eine Lebensgrundlage bieten. Eine, in der sie selbst aktiv werden und ihr Leben gestalten können. Eine, in der sie einen Beitrag leisten können. Eine, in der sie sich entscheiden können: Will ich auf Dauer hierbleiben, oder gibt es echte Alternativen in meinem Heimatland? Soziale Netze und Familienzusammenführungen sind wichtig, da sie die Traumasymptome günstig beeinflussen. Zudem müssen sich Flüchtlinge erst einmal mit unserer Sprache und Kultur vertraut machen. Viele Betroffene verstehen die vielen unausgesprochenen Spielregeln hier gar nicht, geschweige denn unsere gesellschaftlichen Normen. Doch auch das funktioniert meist nicht ohne Psychotherapie. Übermäßige Wachsamkeit, ständige Sorgen und Hoffnungslosigkeit fördern nicht gerade ein neugieriges, offenes und tatkräftiges Einlassen auf ein neues Leben.


Das Interview führten Daniela Zeibig, freie Mitarbeiterin bei GuG, sowie Praktikantin Melinda Baranyai.

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»Der Steuermann sagte uns, dass wir alle sterben werden«

Eine junge Frau aus Nigeria schildert im Folgenden eine Etappe ihrer Flucht nach Europa. Ihre Geschichte wurde im Rahmen der Narrativen Expositionstherapie aufgezeichnet:

»Nach wochenlangem Überlebenskampf auf unserer Reise durch die Wüste erreichte der kleine Rest Überlebender von uns Tanger in Marokko. Die afrikanischen Flüchtlinge versteckten sich außerhalb der Stadt im dürren Buschland, um nicht von Polizeipatrouillen entdeckt zu werden. [...] Wir schliefen fast ein Jahr lang nur auf einer Matte unter den Büschen. Wir hatten Hunger und waren ausgezehrt.

Ein weiterer Menschenhändler, ein schwarzer Kerl, brachte uns manchmal Essen - er sollte uns nach Europa bringen. Er bekam das Geld von den Bordellen in Europa, die uns erwarteten, sagte er uns. Damals wusste ich noch nicht, was mir dort bevorstand.

Eines Nachts rief er nach einigen von uns, wir dürften mit dem nächsten Boot fahren. Funmi und ich und etwa 60 andere Menschen sollten in ein kleines Beiboot, ein Schlauchboot, nachts um 2 Uhr. Die Männer setzen das Dingi-Boot hinter den Wellen weit draußen auf dem Wasser ab, und die Araber warfen uns hinein.

Wir hatten wirklich Angst, da es sehr voll wurde und wir aufeinandersitzen mussten. Die Menschen zuunterst konnten kaum atmen.

[...] Der Mann am Steuer war nicht in der Lage, den Weg nach Spanien zu finden, und so waren wir noch um 4 Uhr nachts auf dem Meer unterwegs. Plötzlich sahen wir, dass das Dingi-Boot Luft verlor. Es war immer noch kein Land in Sicht, nur Wasser, und so hatten wir sehr viel Angst. Einige Männer versuchten, das Leck mit einem Kunststoffband zu flicken, aber es funktionierte nicht richtig. Es lief Wasser ins Boot. Wir fingen an zu weinen und zu schreien. Keiner von uns konnte schwimmen. Mein Herz raste, ich bekam keine Luft mehr. Wir waren schon stundenlang kalt und nass. Mein Körper zitterte.

[...] Eine Frau zog ihr T-Shirt aus und fing an zu winken, wenn ein Schiff vorbeifuhr. Aber sie kamen uns nicht zu Hilfe.

Der Steuermann sagte uns, dass wir alle sterben werden. Erst als einige unserer Jungs drohten, dass sie ihn töten würden, versuchte er umzukehren!

Dann sahen wir einen großen Felsen und Land. Es war ein Strand, und einige Leute schwammen herum. Der Kerl, der am Steuer war, sprang ins Wasser, weil er sonst ins Gefängnis gekommen wäre.

So erreichten wir das Ufer. Wir hatten überlebt, waren aber wieder dort gestrandet, wo wir hergekommen waren. Wir mussten uns einen Moment ausruhen. Doch plötzlich hörten wir einen Pfiff, und die Polizei kam, um uns alle zu fangen [...] Wen sie erwischten, prügelten sie, bis er nicht mehr weglaufen konnte.«


Maggie Schauer studierte Psychologie, Philosophie und Anthropologie an den Universitäten München und Konstanz und promovierte anschließend in Psychologie. Nach ihrer Zeit in der Medizinpsychologie an der Universität Tübingen leitet sie nun seit über zehn Jahren das Kompetenzzentrum Psychotraumatologie der Universität Konstanz. Als Gründungs- und Vorstandsmitglied der Hilfsorganisation »vivo international« arbeitet sie mit schwer traumatisierten Kindern und Erwachsenen, für die sie gemeinsam mit Frank Neuner und Thomas Elbert die »Narrative Expositionstherapie« (NET) entwickelte.



RANDSPALTEN

Kurz erklärt
Als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 gilt ein Mensch, der sein Heimatland aus der Furcht vor Verfolgung verlassen hat und den Schutz seines Staates nicht weiter in Anspruch nehmen kann oder will. Er hat ein Recht auf Sicherheit in einem anderen Land, muss aber die dortigen Gesetze respektieren. Erst wenn das Aufnahmeland die Furcht vor Verfolgung als begründet ansieht, erhalten Flüchtlinge Asyl und eine Aufenthaltserlaubnis. In Deutschland währt diese zunächst maximal drei Jahre. Für die EU-Staaten legt die Dublin-Verordnung fest, dass das Asylverfahren in dem Mitgliedsland stattfinden muss, das ein Flüchtling zuerst betreten hat. Menschen, die ihr Heimatland freiwillig verlassen, um ihren wirtschaftlichen Status zu verbessern, werden staatlicherseits meist nicht als Flüchtlinge anerkannt.


Täglich verlassen 23.000 Menschen ihr Zuhause
Laut dem Jahresbericht der Vereinten Nationen waren 2012 weltweit 45,2 Millionen Menschen auf der Flucht - 7,6 Millionen mehr als 2011. Im Durchschnitt verließen jeden Tag 23.000 Betroffene ihr Zuhause und flohen innerhalb der Heimat oder ins Ausland. 46 Prozent der Flüchtlinge und Binnenvertriebenen waren Kinder. Die Hauptherkunftsländer von Flüchtlingen sind derzeit Afghanistan, Somalia, Irak, Syrien und Sudan.
Mehr als 80 Prozent der Flüchtlinge werden von Entwicklungsländern aufgenommen. In Europa hatte Deutschland absolut gesehen die höchste Zahl an Asylanträgen zu verzeichnen. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl nahmen jedoch Malta, Schweden und Luxemburg die meisten Menschen auf.
Laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gingen allein zwischen Januar und September 2013 über 74.000 Asylanträge bei den deutschen Behörden ein. Mehr als ein Drittel davon stammen von Bürgern aus der Russischen Föderation, Syrien und Serbien.


Quellen
Schauer, M., Schauer, E.: Trauma-Focused Public Mental-Health Interventions: A Paradigm Shift in Humanitarian Assistance and Aid Work. In: Trauma Rehabilitation after War and Conflict, 2010, S. 361-430

Schauer, M. et al.: Narrative Exposure Therapy (NET). A Short-Term Intervention for Traumatic Stress Disorders. Hogrefe & Huber, Cambridge 2011


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Gerettete Flüchtlinge
Im Oktober 2013 ertranken mehr als 350 Menschen bei einem Bootsunglück vor der Mittelmeerinsel Lampedusa. In den darauf folgenden Wochen wurden immer wieder afrikanische Flüchtlinge von der italienischen Küstenwache aufgegriffen.

Therapie auf der Straße
Die Psychologin Elisa Danese von »vivo international« kümmert sich um Bootsflüchtlinge in Italien. Die meisten von ihnen leben nach ihrer Ankunft auf der Straße.

Den Schrecken von der Seele reden
Im Rahmen der Narrativen Expositionstherapie arbeiten Flüchtlinge gemeinsam mit dem Therapeuten ihre gesamte Lebensgeschichte auf.


© 2014 Daniela Zeibig und Melinda Baranyai, Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg

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Quelle:
Gehirn und Geist 1-2/2014, Seite 14 - 18
Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Mai 2014