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SPLITTER/351: Profiboxen kehrt nach Schweden zurück (SB)


Verbot gelockert - Erster Kampfabend seit 37 Jahren

In Schweden ist erstmals seit 37 Jahren wieder ein Profiboxabend veranstaltet worden. Möglich wurde dies durch ein am 29. November 2006 erlassenes Gesetz zum Kampfsport, das professionelle Boxkämpfe von bis zu zwölf Minuten Dauer zuläßt. Bis wieder Kämpfe über die international üblichen zehn oder zwölf Runden stattfinden dürfen, werden wohl noch etliche Jahre ins Land ziehen, doch freuen sich die Protagonisten dieser Sportart allemal über den endlich gelungenen Neuanfang.

Dabei hat Boxen in Schweden durchaus eine bemerkenswerte Geschichte. Man denke nur an Ingemar Johansson, der 1959 im New Yorker Yankee Stadium den legendären Floyd Patterson entthronte und Weltmeister im Schwergewicht wurde. Auch gilt das skandinavische Land seit 1988 als Hochburg des Frauenboxens, weil der schwedische Amateurboxerverband besondere Förderpogramme dafür eingerichtet hat.

Im sozialdemokratisch geprägten Schweden war Amateurboxen durchgängig erlaubt, doch vertrug sich das Profigeschäft als Sport der armen Leute mit seinem Ruch von Halbwelt offenbar nicht mit dem ungeschriebenen Gesellschaftsvertrag, der kapitalistische Marktwirtschaft und Sozialstaat zu harmonisieren vorgab. Mehr noch als die Gesundheitsfrage sorgte die Ideologie des Mittelwegs dafür, die hochgehaltenen bürgerlich sauberen Werte und Tugenden gegen alles Anrüchige durchzusetzen.

Jahrzehntelange Bemühungen, das Profiboxen ins Land zurückzubringen, wie sie allen voran der Fernsehmoderator und Vorsitzende des Amateurboxverbands, Olof Johannsson, betrieb, konnten endlich Früchte tragen, als die Sozialdemokratin Mona Sahlin als Staatsekretärin auch für den Sport zuständig wurde und sich für eine Lockerung des Verbots gewinnen ließ.

Den Hauptkampf des Abends bestritt vor knapp achttausend Zuschauern in der Göteborger Skandinavium-Arena zur Begeisterung des euphorischen Publikums die ein Meter fünfundachtzig große Mittelgewichtlerin Asa Maria Sandell. Sie trainiert seit einem Jahr im legendären Gleason's Boxing Gym in Brooklyn, in dem schon zahlreiche berühmte Boxer gearbeitet haben. Außerdem schreibt sie Kolumnen für die schwedische Tageszeitung "Helsingborgs Dagblad".

In Schweden ist sie ein Star, und dieser Popularität tat auch die Niederlage im Dezember in der Berliner Max-Schmeling-Halle gegen Laila Ali, die Weltmeisterin im Supermittelgewicht und Tochter der Boxlegende Muhammed Ali, keinen Abbruch. Eigentlich sollte bei der ersten Profiveranstaltung seit 1970 auf schwedischem Boden Scroller Carrington aus Trinidad ihre Gegnerin sein, die jedoch kein Visum erhielt. Daraufhin wurde kurzfristig die US-Amerikanerin Tiffany Carter verpflichtet, die sich der zwei Köpfe größeren Schwedin in der dritten Runde geschlagen geben mußte. Einige Runden mehr hätten es selbst unter der engen Vorgabe des neuen Gesetzes sein können, doch die Zuschauer feierten unbekümmert ihre Favoritin wie überhaupt die langersehnte Rückkehr des Profiboxens nach Schweden.

3. Februar 2007