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SPLITTER/388: Klitschko unterliegt bei Bürgermeisterwahl in Kiew (SB)



Im zweiten Anlauf reichte es nur zum dritten Platz

Vitali Klitschko ist es auch im zweiten Anlauf nicht gelungen, sich bei der Bürgermeisterwahl in der ukrainischen Hauptstadt Kiew durchzusetzen. Er unterlag wie erwartet Amtsinhaber Leonid Tschernowezki, der einer Nachwahlbefragung zufolge rund 32 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen konnte, während Klitschko, der als unabhängiger Bewerber ins Rennen gegangen war, knapp unter 20 Prozent blieb. Sieger ist der Kandidat mit den meisten Stimmen im ersten Wahlgang. Offenbar zog der ehemalige Vizeregierungschef Olexander Turtschinow an Klitschko vorbei und landete mit etwas mehr als 20 Prozent knapp vor ihm auf dem zweiten Platz. Turtschinow hatte die Unterstützung des Regierungslagers um Ministerpräsidentin Julia Timoschenko, welche die vorgezogenen Bürgermeisterwahlen in Kiew im ukrainischen Parlament durchgesetzt hatte. Das Verfahren blieb jedoch rechtlich umstritten.

Die Brüder Klitschko hatten sich seit 2004 dem prowestlichen Lager angedient. Um sich von den alten Seilschaften abzuheben, zog es Vitali Klitschko später vor, als Kandidat eines unabhängigen Bündnisses ins Rennen zu gehen, für das er als Abgeordneter in den Stadtrat von Kiew einzog. Bei seinem ersten Versuch, Bürgermeister der Hauptstadt zu werden, scheiterte der 36-Jährige jedoch im März 2006 an dem früheren Bankier Tschernowezki. Damals kam der Finanzexperte auf 31,8 Prozent der Stimmen, während Klitschko mit 23,7 Prozent auf Platz zwei folgte. Tschernowezki geriet nicht lange darauf so heftig in die Kritik, daß das Stadtparlament, dem auch Klitschko angehört, Neuwahlen verordnete.

Der Boxer und promovierte Sportwissenschaftler ist in seiner Heimat recht populär, doch hatte er in Umfragen hinter Tschernowezki gelegen. Daran konnte auch die Beraterfirma des früheren New Yorker Bürgermeisters Rudolf Giuliani nichts ändern, die Klitschko ins Boot geholt hatte, um seiner Kandidatur den nötigen Schub zu geben.

Insgesamt hatten sich mehr als 70 Kandidaten aus 30 Parteien und Blöcken bei der vorgezogenen Wahl um das Bürgermeisteramt der ukranischen Hauptstadt beworben. Kaum waren die Wahllokale geschlossen, als sich die Parteien und verfeindeten Lager auch schon in die Haare gerieten und gegenseitig Wahlfälschung vorwarfen.

Amtsinhaber Tschernowezki ist ein exzentrischer Privatbankier, der durchaus dem Luxus zugetan ist und in Verdacht steht, begehrte Grundstücke im Stadtzentrum unter Wert an Geschäftsfreunde verkauft zu haben. Unter den einfachen Leuten hat er dennoch viele Befürworter, weil er den Armen Sozialhilfe bezahlen läßt und Suppenküchen für sie eingerichtet hat.

Klitschko trat mit dem platten Slogan an, Kiew verdiene einen starken Bürgermeister, der die Korruption bekämpfen werde. Investoren könne man nur gewinnen, wenn die Erträge gesichert und die Regeln klar seien. Sein vages Versprechen, er werde im Falle des Wahlsiegs die Stadt voranbringen und zu einer modernen Metropole westlichen Zuschnitts machen, fand offenbar vor allem bei vielen jüngeren Leuten Anklang, die auf seine Popularität in Deutschland und den USA verwiesen.

Die Stärke des Amtsinhabers war jedoch vor allem die Zerstrittenheit der Opposition, die sich nicht auf einen gemeinsamen Gegenkandidaten einigen konnte. Ohnehin repräsentierte diese Wahl nicht zuletzt den politischen Konflikt in der Regierung zwischen Premierministerin Timoschenko und Präsident Juschtschenko. Eine Folge dieses Machtkampfs war, daß sich bei der Bürgermeisterwahl Dutzende Kandidaten aus dem Lager der Regierungskoalition gegenseitig die Stimmen abjagten.

Auch nach seinem erneuten Scheitern wirft Vitali Klitschko die Flinte nicht ins Korn. Wie er angesichts seiner ungünstigen Umfragewerte schon im Vofeld des Urnengangs angekündigt hatte, werde er es im Falle einer Niederlage eben in zwei Jahren schaffen. Schließlich sei er jung und habe Visionen und Energie. Seinen allerersten Boxkampf habe er auch verloren und dennoch sei er viele Jahre später der Beste der Welt geworden.

26. Mai 2008