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SPLITTER/390: Don King gibt einem Videospiel seinen Namen (SB)



"Don King Presents Prizefighter" seit wenigen Wochen auf dem Markt

Wenn es darum geht, Aufmerksamkeit zu erregen, kann niemand Don King das Wasser reichen. Vom FBI observiert, von der Staatsanwaltschaft verfolgt und von zahllosen Kritikern verteufelt, die ihm zu Recht oder Unrecht alles nachsagten, was das Boxgeschäft an Tücken bereithält, hat er sich stets aus der Affäre gezogen und keinen schlechten Schnitt dabei gemacht. Obgleich sein Haar schütter geworden ist, steht es noch immer wild zu Berge, während der Alleinunterhalter mit breitem Grinsen sein Publikum amüsiert oder auf die Palme bringt, das ihm gebannt lauscht. Man dürfe ihm kein Wort glauben, warnen ausgerechnet jene, die es gar nicht erwarten können, bei seinem nächsten Auftritt in der ersten Reihe zu sitzen.

Mit allen Wassern gewaschener Geschäftsmann, der er ist, konnte er natürlich auch den Boom der Videospiele nicht ungenutzt vorüberziehen lassen. "Don King Presents Prizefighter" heißt das Produkt, das vor wenigen Wochen auf den Markt gekommen ist. Von Venom Games entwickelt und von Take-Two herausgebracht, kombiniert es Kampfsequenzen, in denen der Spieler seine Geschicklichkeit unter Beweis stellen muß, mit Trainingseinheiten in düsteren Gyms und Auftritten im gleißenden Rampenlicht. Zudem erhält man Anleitung von renommierten Trainern und namhaften Boxern, die den Eindruck abrunden soll, man befinde sich im Herzen des Boxgeschäfts und strebe nit seiner Spielfigur eine glanzvolle Profikarriere an.

Vielleicht ist das sogar der attraktivere Teil des Spiels, den Boxer Schritt für Schritt aus den Kellern und Hinterzimmern herauszuholen und schließlich auf den Thron des Champions zu führen, wozu man Expertise in Gestalt eingespielter Videoclips von Größen wie Mario Van Peebles, Ken Norton, Larry Holmes und natürlich Don King selbst erhält. Zumindest angedeutet sind auch die Verlockungen am Wegesrand, die den aufstrebenden Boxer vom regelmäßigen Training abhalten und seine körperliche Verfassung beeinträchtigen können.

Im Mittelpunkt steht natürlich die Austragung fiktiver Kämpfe mit Hilfe der Konsole, was im Falle von "Prizefighter" über mehr als 30 verschiedene Kombinationen geschieht, in denen man die Knöpfe drückt. Daß sich die Bedienung im klassischen Knopfdrücken erschöpft, heißt allerdings, daß diese Entwicklung hinter den Möglichkeiten zurückbleibt, die sich im Spielebereich längst etabliert haben. Heutzutage sind die Konsolen meist mit kleinen Steuersticks ausgestattet, die ein realistischeres Gefühl für die ausgeführten Manöver vermitteln sollen. Manche Produkte erlauben es sogar, die gesamte Konsole zu bewegen und darüber die Bewegungen auf dem Bildschirm zu steuern.

Demgegenüber mutet das bloße Drücken von Knöpfen doch recht antiquiert und reichlich unbeholfen an, was dem Unterhaltungswert auf Dauer eher abträglich sein dürfte. Hinzu kommt als eine ausgesprochene Schwäche dieser Entwicklung, daß die Darstellung der Kollisionswirkung, auf die es beim Boxen nun einmal ankommt, nur unzulänglich gelöst ist. Schließlich soll der Gegner nicht umfallen, wenn man ihn nur an der Schulter und nicht am Kinn getroffen hat, wie das bei "Prizefighter" durchaus der Fall sein kann.

Diese Mängel dürften wohl dazu führen, daß dieses Spiel kaum der große Renner auf dem hart umkämpften Markt wird. Wie gut es sich letzten Endes verkauft, entscheiden indessen nicht die erwachsenen Tester und Kritiker, sondern die Kinder und Jugendlichen im Teenageralter - kurz, das Urteil der Zielgruppe steht noch aus.

Abgesehen davon wäre es ohnehin zuviel verlangt, ausgerechnet einem Videospiel die Verantwortung dafür in die Schuhe zu schieben, den tendentiellen Niedergang des professionellen Boxsports zu bremsen, dem Sparten der Mixed Martial Arts wie Ultimate Fighting Championship oder World Extreme Cagefighting den Rang in der Gunst eines Massenpublikums abgelaufen haben.

30. Juni 2008