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SPLITTER/410: Amir Khan und Frank Warren drohen Facebook mit Klage (SB)



Neue Runde im Streit um die Grenzen der Meinungsfreiheit im Internet

Der britische WBA-Weltmeister im Halbweltergewicht, Amir Khan, und sein Promoter Frank Warren haben eine neue Runde im Streit um die Grenzen der Meinungsfreiheit im Internet eingeläutet. Während weithin Einigkeit darüber herrscht, daß diffamierende oder rassistische Äußerungen eingedämmt werden sollten, entfaltet sich eine vehemente Kontroverse um die Frage, auf welche Weise dies zu geschehen habe. Das ausufernde Versprechen, jedermann Zugang zur einer Welt unerschöpflicher Informationen aller Art zu verschaffen, verkehrt sich allzu leicht in eine Kontrolle per Zensur für illegitim erklärter Inhalte und die unmittelbare Überwachung des Einzelnen durch den Zugriff auf seine Suchvorgänge und die Sanktionierung der daraus abgeleiteten Absichten.

Wie so oft mutet die Initiative, gewissen Inhalten einen Riegel vorzuschieben, auch im aktuellen Fall zunächst durchaus angemessen an, was jedoch nicht darüber hinwegtäuschen sollte, daß damit weitreichenderen Kontrollmechanismen Tür und Tor geöffnet werden kann. Khan und Warren haben Facebook mit Klage gedroht, da sie der Auffassung sind, daß deren Betreiber ungenügend gegen nicht hinzunehmende Äußerungen zu prominenten Sportlern vorgehen. Sie haben eine Anwaltskanzlei damit beauftragt, ihrem Anliegen zur Durchsetzung zu verhelfen, die sich nun mit der Rechtsabteilung von Facebook ein juristisches Vorgeplänkel liefert.

Wie Stephen Taylor Heath, der bei Lupton Fawcett die Sparte Sport und Medien vertritt, geltend macht, führe bereits eine oberflächliche Suche bei Facebook zu Webseiten, die Bilder und Namen seiner beiden Mandanten mit Material verknüpfen, das im Falle einer Veröffentlichung durch eine Zeitung oder Zeitschrift als diffamierend einzustufen wäre. Promoter Frank Warren ist offenbar fest entschlossen, Facebook für nicht zu tolerierende Meinungsäußerungen seiner registrierten Benutzer verantwortlich zu machen, wobei Taylor Heath andere Sportstars und Prominente dazu aufgerufen hat, sich dieser Kampagne anzuschließen.

In welchem Umfang der Betreiber einer Webseite, der Provider oder eine Suchmaschine für die Äußerungen einzelner Benutzer verantwortlich gemacht werden kann, gilt als juristische Grauzone, um die derzeit heftige Schlachten geschlagen werden. Taylor Heath hält den Betreibern von Facebook vor, die vorgebrachten Einwände nicht ernst zu nehmen und auf seine diesbezüglichen Anschreiben lediglich mit einer Standarderklärung reagiert zu haben. Warren und Khan wollen Facebook in die Pflicht nehmen, diffamierendes und rassistisches Material zu entfernen und rascher auf dessen Auftauchen zu reagieren.

In seinen Geschäftsbedingungen sagt Facebook zu, mißbräuchliche, vulgäre, haßerfüllte sowie Rassen oder Ethnien diffamierende Inhalte zu entfernen. Allerdings gehen die Betreiber angesichts der ungeheuren Menge des zu überprüfenden Materials davon aus, daß sie in erster Linie von Benutzern auf derartige Äußerungen hingewiesen werden. In Reaktion auf bereits zuvor erhobene Beschwerden gegen solches Material hat Facebook vor einigen Monaten erklärt, man verstehe sich als Forum, in dem Menschen eine offene Diskussion führen können, ohne dabei die Rechte und Gefühle anderer zu verletzen. Für Drohungen, Haßtiraden und rassistische Äußerungen sei hier kein Platz, weshalb man sie entferne, sobald man davon erfahren habe.

Auf vergleichbare Weise hat YouTube Stellung genommen und eine umgehende Reaktion auf Beschwerden über ehrverletzende und gewaltverherrlichende Darstellungen zugesagt, jedoch eine Zensur aus eigener Initiative abgelehnt. Ob es Khan und Warren letztlich bei der Forderung belassen, für eine konsequente Umsetzung derartiger Zusagen zu sorgen, oder doch einen Schritt weitergehen und eine aktive Zensur seitens der Betreiber auf dem Rechtsweg erzwingen wollen, wird der weitere Verlauf des Streits zeigen.

16. September 2009