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PORTRAIT/050: George Foremans Angst vor dem Bankrott (SB)


Ein reicher Mann in ewiger Furcht vor dem Elend

Die Geschichte des Boxsports ist reich an Charakteren, die im Ring ein Vermögen verdienten, doch am Ende mit leeren Händen dastanden. George Foreman fällt nicht unter diese Kategorie, denn er brachte es als Boxer zu Wohlstand und steigerte seine Einkünfte sogar, nachdem er die Handschuhe endgültig an den Nagel gehängt hatte.

Einst zermalmte er zähe Kämpfer wie Joe Frazier mit einem Stakkato wuchtiger Schläge und maß sich mit Künstlern wie Muhammad Ali, doch die beachtlichste Leistung seiner Karriere war der Sieg über Michael Moorer, den er 1994 im Alter von 45 Jahren bezwang. Der 26-jährige ungeschlagene Champion trat als haushoher Favorit an und lag nach einem Treffer am Kinn in der zehnten Runde geschlagen am Boden. Damit war Foreman der älteste Schwergewichtsweltmeister aller Zeiten und er widmete seinen Triumph "den Kumpeln im Pflegeheim und im Knast".

Dieser spektakuläre Erfolg krönte seine zweite Karriere im Ring, die ihm zunächst nur Spott und Hohn eingebracht hatte. Wie er immer wieder versicherte, habe er den Beweis angetreten, daß niemand zu alt für ein Comeback sei. In einem Interview räumte Foreman jedoch ein, daß sein Hauptmotiv gänzlich anderer Natur war. Als junger Champion hatte er fünf Millionen Dollar verdient und wieder verloren, so daß er Ende der achtziger Jahre dringend auf Einkünfte angewiesen war. Diese Erfahrung sei schrecklich und das Schlimmste gewesen, was einem Mann passieren könne. Er hatte eine große Familie zu versorgen und fürchtete, mit seinen Angehörigen obdachlos zu werden.

Im Gegensatz zu vielen anderen bankrotten Boxern, die nie wieder auf einen grünen Zweig kamen, erholte sich "Big George" von diesem Tiefpunkt und verdiente in den neunziger Jahren Millionenbörsen, die später noch bei weitem von den Erträgen eines Grills übertroffen wurden, der seinen Namen trug.

Selten ist es der Boxer allein, der sein schwerverdientes Geld mit vollen Händen ausgibt, bis plötzlich nichts mehr übrig ist außer Schulden. Viele Nutznießer zweigen eine mehr oder minder große Portion von diesem Kuchen ab, andere hängen wie Parasiten im Umfeld herum, wieder andere bieten dubiose Geschäfte an, um den Champion auszunehmen.

Foreman, der sich in jungen Jahren auf der Straße behauptet und später sorgsam auf seine Ersparnisse geachtet hat, trägt seine eigene Erklärung vor, worauf es dabei ankomme. Viele Leute würden einfach nicht erwachsen und wüßten selbst mit 60 Jahren noch nicht, daß das Geld nicht auf Bäumen wächst und man jeden Dollar mit Respekt behandeln müsse. Sie feierten eine Party nach der andern, bis das Geld verschwunden sei, und griffen in ihrer Verzweiflung nach jedem Strohhalm.

Mike Tyson wird fast zwangsläufig in diesem Zusammenhang erwähnt, da er einst 30 Millionen Dollar mit einem einzigen Kampf verdiente, doch 2004 rund 27 Millionen Dollar Schulden hatte, als er Bankrott anmeldete. Wie es hieß, habe er zuvor ein monatliches Budget von 400.000 Dollar gehabt. Wie sein Manager Shelley Finkel erklärt, treffe man immer wieder Leute, die lange um den Erfolg kämpften und dann plötzlich ihren großen Durchbruch feierten. Wenn es ihnen dann an emotionaler Stabilität fehle und sie niemanden hätten, der auf sie aufpasse, sei es sehr schwer für sie, den Überblick über ihre Finanzen zu behalten.

Finkel, der einst als Promoter von Rockstars wie Jimi Hendrix Karriere machte, rät eigenen Angaben zufolge seinen Sportlern und Musikern stets, einen Teil ihrer Einkünfte in Pensionsfonds oder Papieren langfristig anzulegen. Leider hätten nur wenige seinen Rat befolgt, und auch Tyson, der in seiner Karriere vermutlich mehr als 400 Millionen Dollar verdient und wieder verloren hat, blieb zuletzt nichts mehr übrig. Es sei sehr schwer, erfolgreiche Stars davon abzuhalten, sich die Belohnung sofort und in vollen Zügen zu holen. Auch seien sie verletztlich wie alle Menschen und würden insbesondere in finanzieller Hinsicht gnadenlos ausgebeutet.

George Foreman stellt insofern eine Ausnahme dar, als er bereits in relativ jungen Jahren ein Gespür für finanzielle Fragen entwickelte. Er gewann bei den Olympischen Spielen 1968 die Goldmedaille und wechselte bald darauf im Alter von 20 Jahren ins Profilager. Eingedenk des traurigen Lebensabends der Boxlegende Joe Louis beschloß er 1971, die George Foreman Development Corporation zu gründen. Er habe viel Zeit allein verbracht und keine Freunde gehabt, so daß er Bücher über alles mögliche und eben auch solche über Steuern gekauft habe.

Nachdem er auf diese Weise seine Hausaufgaben gemacht habe, sei er zu dem Schluß gelangt, 25 Prozent der Einkünfte jedes Kampfs in einen Pensionsplan einzuzahlen, den sein eigenes Unternehmen kontrollierte. Er habe sich lange darauf vorbereitet, und als das Geld dann endlich kam, sei alles bereitgewesen. Der überwiegende Teil seiner Einkünfte verschwand dennoch bei Spekulationsgeschäften, die sich durchweg als Fehlschläge erwiesen.

Foreman, der als Kind in Armut gelebt und als Erwachsener den finanziellen Kollaps abgewendet hat, hält feste Zuversicht für die wesentliche Voraussetzung des Reichtums. Manchmal treffe man Menschen, die Sicherheit zu Hause sowie ein ansehnliches Bankkonto hätten und diese Zuversicht ausstrahlten, doch viele andere könnten Millionen verdienen, ohne je wahren Reichtum zu erleben.

In den Jahren nach Ende seiner Ringkarriere wurde George Foreman wohlhabender, als er es zuvor als Boxer je gewesen war. Er verkaufte 1999 seinen Namen und sein Konterfei für 137,5 Millionen Dollar in bar und Aktien an den Hersteller der "George Foreman's Lean Mean Fat- Reducing Grilling Machine" und ist heute in diversen Einkaufskanälen wie auch bei Vorträgen zu sehen.

Er besitzt eine Flotte von Fahrzeugen, eine Uhrensammlung, zwei Häuser, eine Ranch in Texas sowie eine weitere Villa auf der Karibikinsel St. Lucia, doch wie hoch sein Vermögen genau ist, wisse er nicht und wolle er auch gar nicht wissen. Wenn man es erst einmal wisse, bekomme man es mit der Angst zu tun. Er habe sehr viel Geld, doch fehle ihm die Zuversicht wirklich reicher Leute. In Amerika sei es hart, hungrig aufzuwachen, warnt George Foreman, geradezu furchterregend. Man könne heute Erfolg haben und morgen obdachlos sein. Vermutlich sei er die Angst vor dem drohenden Bankrott nie wieder losgeworden. Sicher werde er sich wohl zeitlebens nicht mehr fühlen und deshalb müsse er immer weiter verdienen.

28.12.2006