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PORTRAIT/077: Arturo Gatti eines gewaltsamen Todes gestorben (SB)


Ehemaliger Weltmeister fiel offenbar einem Ehedrama zum Opfer


Nach dem Tod des früheren Weltmeisters Arturo Gatti im brasilianischen Ferienort Porto de Galinhas ist dessen Ehefrau Amanda Rodrigues von der Polizei wegen Mordverdachts verhaftet worden. Die 23jährige Brasilianerin hatte sich bei den Vernehmungen in Widersprüche verstrickt. Nach Angaben eines Polizeisprechers ist sie die einzige Verdächtige. Zu einem möglichen Motiv machten die Behörden keine Angaben.

Amanda Rodrigues hatte den Tod ihres vierzehn Jahre älteren Ehemannes der Polizei gemeldet und zunächst berichtet, sie habe ihn im Apartment der Ferienanlage tot aufgefunden. Allerdings will sie sich zehn Stunden im selben Raum wie ihr Mann aufgehalten haben, ohne dessen Tod zu bemerken. Der Leichnam des Italo-Kanadiers im angemieteten Ferienapartment der Familie wies neben Kopfverletzungen laut Polizeiangaben auch Strangulationsspuren auf. Demnach ist das Mordopfer vermutlich mit dem Trageband einer Tasche erwürgt worden.

Gatti wollte mit seiner Frau und dem zehn Monate alten Sohn einen Urlaub in dem Nobelort an der brasilianischen Nordostküste verbringen. Zeugen berichteten von einer Auseinandersetzung im Apartment. Ein Freund der Familie sagte später aus, die Eheleute hätten Probleme miteinander gehabt und vor der Trennung gestanden. Vor zwei Jahren hatte der Boxer, der zu seiner aktiven Zeit den Spitznamen "Thunder" trug, seine Karriere beendet.

Arturo Gatti wurde am 15. April 1972 in Montreal geboren. Der 1,72 m große Italo-Kanadier, dessen Bruder Joe ebenfalls Boxer war, wurde mehrfach nationaler Amateurmeister und gewann die kanadischen Golden Gloves. Im Juni 1991 bestritt er seinen ersten Profikampf und zeichnete sich bald durch einen kampfbetonten und spektakulären Stil aus, der freilich oft zu Lasten der Deckung ging. So verlor er in der Aufbauphase im November 1992 seinen achten Kampf nach Punkten gegen den unbekannten King Solomon. Sein erster namhafter Gegner war Pete Taliaferro, den er 1994 schon nach wenigen Minuten besiegte.

Am 15. Dezember 1995 kämpfte er gegen Tracy Harris Patterson, den Adoptivsohn Floyd Pattersons, um den IBF-Titel im Superfedergewicht und gewann knapp nach Punkten. Er verteidigte diesen Gürtel in einer wahren Ringschlacht gegen Wilson Rodriguez, der deutlich in Führung lag, als ihn Gatti in der sechsten Runde überraschend ausschaltete. Probleme bekam dieser auch gegen Gabriel Ruelas, doch wieder setzte er sich mit einem entscheidenden Volltreffer durch. Er vermied es jedoch, die Wege von Genaro Hernandez zu kreuzen, der damals als bester Boxer dieser Gewichtsklasse galt.

Als es Gatti zunehmend schwerer fiel, das Limit zu halten, legte er 1998 seinen Titel nieder und stieg ins Leichtgewicht auf. Sein Einstand war jedoch denkbar schlecht, denn er unterlag im Januar Angel Manfredy in der achten Runde und verlor noch im selben Jahr in zwei dramatischen Kämpfen gegen Ivan Robinson jeweils nach Punkten. Gewichtsprobleme blieben auch in der Folge sein ständiger Begleiter, was nach seinem Wechsel ins Halbweltergewicht besonders krass zutage trat, als er im Februar 2000 vor dem Kampf gegen Joey Gamache so stark abkochte, daß er nach dem Einwiegen binnen eines Tages über acht Kilo zulegte. Gamache fiel diesen extrem verzerrten Gewichtsverhältnissen zum Opfer und lag nach seiner Niederlage in der zweiten Runde einen Tag im Koma, worauf er wegen chronischen gesundheitlichen Problemen seine Karriere beenden mußte.

Im März 2001 trat Gatti im Weltergewicht gegen Oscar de la Hoya an, der ihn klar dominierte und in der fünften Runde besiegte. Dabei profitierte der Kanadier finanziell vom Ruhm seines Gegners, dessen Auftritt der Sender HBO im Pay-per-View-Verfahren übertrug. Arturo Gatti kehrte vorerst ins Halbweltergewicht zurück, wo er zunächst Terron Millet vorzeitig bezwang. Dann folgten 2002 und 2003 drei aufsehenerregende Duelle mit dem irisch-amerikanischen Boxer Micky Ward, der ebenfalls sehr offensiv, aber mit schwacher Deckung kämpfte. Nachdem Gatti bei ihrem ersten Aufeinandertreffen umstritten nach Punkten verloren hatte, konnte er sich in den beiden folgenden Kämpfen durchsetzen.

Der Kanadier wurde zum zweiten Mal in seiner Profikarriere Weltmeister, als er im Januar 2004 den Italiener Gianluca Branco besiegte und sich den vakanten WBC-Titel sicherte. Anerkannt weltbester Boxer der Gewichtsklasse war zu dieser Zeit Kostia Chou, der jedoch beim Konkurrenzsender Showtime unter Vertrag stand, was einen Kampf der beiden verhinderte. Nach zwei erfolgreichen Titelverteidigungen bekam es Gatti dann mit dem überragenden Floyd Mayweather jr. zu tun, der ihm am 25. Juni 2005 derart zusetzte, daß der Trainer in der sechsten Runde das Handtuch zum Zeichen der Aufgabe warf.

Als Champion entthront stieg er endgültig ins Weltergewicht auf, wo er im Januar 2006 vorzeitig gegen den bis dahin ungeschlagenen Dänen Thomas Damgaard gewann. Er griff noch einmal nach dem Gürtel eines Weltmeisters, doch mußte er sich am 22. Juli 2006 dem argentinischen WBC-Champion Carlos Baldomir vorzeitig geschlagen geben. Nun näherte er sich dem Ende seiner Karriere, das schließlich besiegelt war, als sein Kampf gegen Alfonso Gomez am 14. Juli 2007 in der siebten Runde von offizieller Seite abgebrochen wurde, da man um die Gesundheit des Boxers fürchtete.

Nach dieser Niederlage gab Arturi Gatti seinen Rücktritt vom aktiven Boxsport bekannt, aus dem er sich nach 49 Ringauftritten mit einer Bilanz von 40 Siegen (31 durch K.o.) und neun Niederlagen verabschiedete. Am 11. Juli 2009 wurde er wie eingangs berichtet tot in seinem Hotelzimmer aufgefunden.

14. Juli 2009