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PORTRAIT/090: Corrie Sanders fiel bewaffnetem Raubüberfall zum Opfer (SB)




Früherer Schwergewichtsweltmeister im Alter von 46 Jahren gestorben

Corrie Sanders ist am 22. September bei einem Überfall auf ein Restaurant nahe der südafrikanischen Ortschaft Brits nordwestlich von Pretoria erschossen worden. Der 46 Jahre alte ehemalige Schwergewichtsweltmeister feierte den 21. Geburtstag seiner Tochter, als drei unbekannte Männer das Lokal überfielen. Die Angreifer hätten geschossen und dann das Handy der Tochter und die Tasche eines anderen Gastes mitgenommen, sagte ein Polizeisprecher in Pretoria. "Corrie hat nichts Heldenhaftes getan, er war einfach am falschen Ort zur falschen Zeit", erinnert sich Augenzeuge Neil Collins an den Überfall. "Sie haben ihm in den Bauch geschossen. Er hatte auch eine Wunde am Arm, ich bin mir nicht sicher, ob sie von derselben Kugel stammt." Nach Aussage eines Freundes ist Sanders gegen vier Uhr am Sonntagmorgen im nahegelegenen Kalafong Hospital in Pretoria seinen Verletzungen erlegen. Zuvor habe er acht Stunden lang ums Überleben gerungen, sagte der Musiker Kurt Darren.

Der ehemalige Polizist Corrie Sanders erzielte als Amateurboxer eine Bilanz von 180 Siegen und elf Niederlagen. Seinen ersten Profikampf bestritt der Rechtsausleger am 4. Februar 1989 gegen seinen Landsmann Dyubele, den er durch technischen K.o. in der ersten Runde bezwang. In der Folgezeit gelangen ihm Siege über Johnny DuPloy und Bert Cooper. Sanders, der bald im Ruf eines gefährlichen Punchers stand, bezog am 21. Mai 1994 überraschend seine erste Niederlage gegen Nate Tubbs, den Bruder des ehemaligen Weltmeisters Tony Tubbs. In den folgenden sechs Jahren blieb Sanders ungeschlagen, doch gelang es ihm nur selten, bedeutendere Kämpfe zu bestreiten. Als seine wichtigsten Erfolge in dieser Zeit sind die vorzeitigen Siege über den früheren Cruisergewichtsweltmeister Al Cole und Bobby Czyz zu nennen.

Am 20. Mai 2000 unterlag er in einem spektakulären Duell Hasim Rahman, der später mit seinem Sieg über Lennox Lewis Furore machte. Nach zwei gewonnenen Aufbaukämpfen gegen Michael Sprott und Otis Tisdale reiste der damals 37jährige Sanders im März 2003 als krasser Außenseiter nach Hannover, wo er WBO-Weltmeister Wladimir Klitschko herausforderte. Der Ukrainer fand gegen die schnellen linken Geraden dieses Gegners kein Mittel und wurde nach vier Niederschlägen in den ersten beiden Runden aus dem Kampf genommen. Dieser sensationelle Sieg durch technischen K.o. bescherte dem Südafrikaner den Gürtel der WBO und war der größte Erfolg seiner Karriere.

Die WBO verlangte anschließend eine Pflichtverteidigung gegen Lamon Brewster. Da Sanders jedoch zum Ende seiner Laufbahn nur noch wenige, finanziell lukrative Kämpfe bestreiten wollte, legte er diesen Titel nieder, um am 24. April 2004 in Los Angeles gegen Vitali Klitschko um den vakanten Gürtel des WBC kämpfen zu können. Nachdem er den älteren Klitschko in der ersten Runde in beträchtliche Schwierigkeiten gebracht hatte, baute der inzwischen 38jährige ab den mittleren Runden konditionell immer mehr ab und wurde im achten Durchgang nach zahlreichen Treffern durch das Eingreifen des Ringrichters vor Schlimmerem bewahrt.

Nach dieser Niederlage gab Sanders am 27. April 2004 zunächst seinen Rücktritt bekannt. Der Ruhestand währte jedoch nicht lange, da der Südafrikaner am 14. Dezember 2004 wieder im Ring stand und Alexei Warakin durch K.o. in der zweiten Runde besiegte. Daraufhin legte er eine lange Pause ein und kehrte erst am 24. November 2006 zurück. Dabei besiegte er den australischen Meister Colin Wilson in der zweiten Runde. Am 12. Mai 2007 gewann Sanders gegen Daniel Bispo nach Punkten. Als er jedoch am 2. Februar 2008 überraschend seinem Landsmann Osborne Machimana bereits in der ersten Runde unterlag, beendete er endgültig seine Karriere, in der er 46 Profikämpfe bestritten und 42 von ihnen gewonnen hatte. Mit einem besseren Management und größerem Trainingseifer hätte Corrie Sanders vermutlich das Zeug zu einem herausragenden Schwergewichtsboxer gehabt.

Nach seinem Rückzug aus dem Boxsport arbeitete Sanders bei der südafrikanischen Absa Bank und schleppte Autos von Leuten ab, die ihre Kredite nicht zurückzahlen konnten. Wladimir Klitschko reagierte mit Bestürzung auf den Tod seines ehemaligen Kontrahenten: "Unfaßbar. Corrie Sanders war für Vitali und mich immer ein fairer Sportsmann und ein toller Mensch. Mein Mitgefühl ist bei seiner Familie."

23. September 2012