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PORTRAIT/103: Fritz Sdunek zum Gedenken (SB)




Renommierter deutscher Trainer im Alter von 67 Jahren gestorben

Fritz Sdunek, neben Ulli Wegner der renommierteste deutsche Trainer der jüngeren Vergangenheit, ist im Alter von 67 Jahren gestorben. Er hatte in seiner Wohnung auf Gran Canaria einen Herzinfarkt erlitten, dessen Folgen er am 22. Dezember in einer Hamburger Klinik erlag. Sdunek war verheiratet und hatte drei Kinder.

Am 18. April 1947 im vorpommerschen Lüssow geboren, begann Fritz Sdunek 1963 bei der BSG Lokomotive Greifswald mit dem Boxen und wechselte 1969 zum SC Traktor Schwerin, für den er bis zu seinem Karriereende 1972 antrat. Als Amateur entschied er 99 von 129 Kämpfen für sich, sein größter Erfolg war der Gewinn der DDR-Studentenmeisterschaft.

Im Anschluß an seine aktive Karriere wurde er Trainer bei Traktor Schwerin und hielt dem Verein bis 1989 die Treue. Zu seinen Schützlingen gehörte unter anderem Andreas Zülow, der 1988 in Seoul Olympiasieger im Leichtgewicht wurde. Ein Studium an der Deutschen Hochschule für Körperkultur beendete Sdunek 1979 mit dem Abschluß als Diplom-Sportlehrer. Zudem war er auch über Jahre als Assistent des DDR-Auswahltrainers Günter Debert tätig.

Von 1990 bis 1993 folgte eine Trainertätigkeit in der Boxabteilung von Bayer Leverkusen, wo er auch Dariusz Michalczewski betreute, mit dem er 1991 in Göteborg Amateureuropameister wurde. Parallel zu seiner Arbeit in Leverkusen war er von 1991 bis 1992 Trainer der niederländischen Nationalmannschaft. Unter seiner Führung gewann Arnold Vanderlyde bei den Amateurweltmeisterschaften 1991 in Sydney die Silbermedaille im Schwergewicht. Vom 1. Januar 1993 bis 1994 war er außerdem Bundestrainer beim DABV.

Seit März 1994 war Sdunek als Trainer bei der Hamburger Universum Box-Promotion angestellt, zuerst als Konditionstrainer und ab 1996 als Cheftrainer. Sdunek gehörte lange Jahre auch international zu den erfolgreichsten Vertretern seiner Zunft und betreute unter anderem (in alphabetischer Reihenfolge) Ola Afolabi, Alexander Alexejew, Firat Arslan, Karoly Balzsay, Denis Boitsow, Manuel Charr, Jack Culcay, Alexander Dimitrenko, Zsolt Erdei, Khoren Gevor, Juan Carlos Gomez, Artur Grigorian, Wladimir und Vitali Klitschko, Istvan Kovacs, Michael Löwe, Dariusz Michalczewski, Ralf Rocchigiani, Sinan Samil Sam, Felix Sturm, Mario Veit und Sebastian Zbik.

Er führte Dariusz Michalczewski, Artur Grigorian, den Rumänen Michael Löwe, Ralf Rocchigiani, die Ungarn Istvan Kovacs, Zsolt Erdei und Karoly Balzsay, den Kubaner Juan Carlos Gomez, Felix Sturm und die Brüder Klitschko zur Weltmeisterschaft. Wladimir Klitschko war bis 2004 sein Schützling und wechselte nach der Niederlage gegen Lamon Brewster zu dem US-Amerikaner Emanuel Steward. Vitali Klitschko wurde 1999 mit seinem 25. vorzeitigen Sieg in Folge erstmals Weltmeister. 2003 forderte er den britischen WBC-Champion Lennox Lewis heraus und lieferte ihm in Los Angeles einen erbitterten Kampf. Der Ukrainer machte dabei eine gute Figur, bis er aufgrund mehrerer Gesichtsverletzungen aus dem Kampf genommen wurde. Als Vitali Klitschko in späteren Jahren nach langer Abwesenheit wieder in den Ring zurückkehrte, stand Sdunek erneut an seiner Seite und betreute ihn bis zu seinem Karriereende. [1]

Im Oktober 2009 zog sich Sdunek infolge einer Krebserkrankung und wegen Herzproblemen weitgehend von seiner Trainertätigkeit beim Universum-Boxstall zurück. Die von ihm betreuten Boxer wurden zumeist von seinen Kollegen Michael Timm, Magomed Schaburow und Artur Grigorian übernommen. Im Februar 2010 beendete er seine Tätigkeit bei Universum, trainierte aber weiterhin freiberuflich Vitali Klitschko und Felix Sturm sowie seit April 2013 Jack Culcay.

Im Unterschied zu Ulli Wegner war der Norddeutsche der Duzfreund seiner Boxer. "Fritz war ganz anders als Ulli. Ulli ist der General, seine Sportler sind die Soldaten", so Wilfried Sauerland. "Fritz war da umgekehrt. Er hat seinen Sportlern jeden Wunsch von den Augen abgelesen." Wie Sauerland weiter sagte, habe er Sdunek häufig bei Titelkämpfen erlebt - entweder als sportlichen Gegner oder in der eigenen Ecke. Er habe sich jederzeit anständig und fair verhalten. Thomas Pütz, der Präsident des Bundes Deutscher Berufsboxer, zeigte sich wie viele andere Weggefährten schockiert von Sduneks Ableben. Die Boxwelt habe eine große Persönlichkeit verloren, so Pütz. [2]

"Wladimir und Vitali haben es von der Familie erfahren. Sie sind tief bestürzt und sehr traurig. Es ist ein menschlicher und persönlicher Verlust. Er war für uns alle ein enger Freund, wir haben ihm viel zu verdanken. Als beide nach Hamburg kamen, war er die erste und wichtigste Bezugsperson", sagte Klitschko-Manager Bernd Bönte. Sdunek und Felix Sturm waren erst im September nach vier gemeinsamen Jahren getrennte Wege gegangen, wobei der Trainer diesen Schritt mit der Sorge um seine Gesundheit begründet hatte. Er müsse auf sich aufpassen, da er nicht mehr der Jüngste sei, sagte Sdunek damals, der zuvor regelmäßig zwischen Hamburg und Köln gependelt war. "Worte können meinen Schmerz nicht ausdrücken. Fritz, ich werde dich nie vergessen", schrieb Sturm bei Twitter. Auch Dariusz Michalczewski reagierte tief getroffen. Er weine um Fritz, den das Boxen am Leben gehalten habe. "Wir waren beste Freunde und Partner. Er war wie ein Vater für mich. Wir waren sozusagen verheiratet." [3]

Aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme wollte Fritz Sdunek eigentlich schon seit geraumer Zeit kürzertreten, was ihm jedoch nie ganz gelang. Riet man ihm, es ruhiger angehen zu lassen, winkte er ab: "Ich werde so lange im Boxen tätig sein, bis es wirklich nicht mehr geht." Zuletzt betreute er die ehemaligen Weltmeister Firat Arslan und Ruslan Tschagajew. "In meiner Brust schlägt nun einmal ein Boxerherz, und jeder einzelne Schlag ist dem Erfolg meiner Jungs gewidmet", sagte Sdunek erst im November in einem Interview.


Fußnoten:

[1] http://www.sueddeutsche.de/sport/zum-tod-von-box-trainer-fritz-sdunek-sie-lachten-litten-und-kaempften-1.2279383

[2] http://www.tagesspiegel.de/sport/boxen-klitschko-trainer-fritz-sdunek-gestorben/11154578.html

[3] http://www.t-online.de/sport/id_72268816/ex-klitschko-trainer-fritz-sdunek-ist-gestorben.html

23. Dezember 2014