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MELDUNG/156: Wilfried Sauerland hält Einzug in die Ruhmeshalle (SB)



Feierliche Aufnahme in die Hall of Fame des Boxsports

Promoter Wilfried Sauerland wird am Wochenende eine der höchsten Auszeichnungen zuteil, die im internationalen Boxsport zur Disposition stehen. Mehr als 20.000 Fans werden bei den Feierlichkeiten in der Hall of Fame des Boxens in Canastota im US-Bundesstaat New York erwartet, in deren Rahmen auch Sauerland als zweiter Deutscher nach Max Schmeling Einzug in die Ruhmeshalle hält. Deren Präsident Ed Brophy hatte die Entscheidung im Dezember mit den Worten bekanntgegeben, Sauerland habe sich in den vergangenen 30 Jahren auf außergewöhnliche Art und Weise um den Boxsport verdient gemacht. Er habe seinen Platz in der Hall of Fame mehr als verdient. Neben dem deutsche Promoter zieht auch Bruce Tampler von dem namhaften US-amerikanischen Promotionsunternehmen Top Rank in die Ruhmeshalle ein. Im Rahmen der Zeremonie erhält Sauerland einen goldenen Ring. Eine Erinnerungstrophäe mit seiner Biographie und einem Foto wird danach dauerhaft in New York ausgestellt.

Wilfried Sauerland hatte seinen ersten Boxabend Anfang der 1970er Jahre in der sambischen Hauptstadt Lusaka vor 70.000 Zuschauern veranstaltet. In Deutschland promotet der Exportkaufmann seit 1980 Boxveranstaltungen und hat seither zahlreiche internationale Titelträger vermarktet. In einem kurzen Interview sprach der 70jährige mit Boxen.com über die bedeutendste Auszeichnung seiner langen Karriere.

Wilfried Sauerland bezeichnete die Aufnahme in die Hall of Fame als höchste Ehrung im Boxsport, die man mit einer Oscar-Verleihung vergleichen könne. Er sei seinem gesamten Team zu großem Dank verpflichtet, da die Entwicklung der zurückliegenden Jahrzehnte ohne die Boxer, Trainer und Mitarbeiter bei Sauerland Event niemals möglich gewesen wäre. Bei der Wiederbelebung des deutschen Profiboxens in den 1980er Jahren hätte er nicht zu träumen gewagt, daß Deutschland einmal eine der führenden Boxnationen wird.

Beim langen Wochenende in Canastota erwarten mehr als zwanzig Veranstaltungen die zahlreichen Zuschauer, die das Ereignis alljährlich zu einem Höhepunkt des Boxsports in den USA machen. Amtierende und ehemalige Weltmeister sind ebenso zugegen wie Trainer und diverse andere Experten, wobei Vorträge, praktische Demonstrationen, Autogrammstunden und manches mehr geboten werden, bevor dann am Sonntagnachmittag die Zeremonie der feierlichen Aufnahme in die Ruhmeshalle den Höhepunkt darstellt. Seine Familie, die ihn auch auf dieser Reise begleitet, freue sich schon darauf.

Nach über 30 Jahren in der Branche kann der Promoter natürlich auf reichhaltige Erinnerungen zurückblicken, zu deren schönsten aus seiner Sicht ein erster Gipfelsturm in Gestalt des Kampfs zwischen John Mugabi und Marvin Hagler gehört, in dem Mugabi nach einer großartigen Leistung unterlag. Unvergessen seien auch die Kämpfe Rene Wellers gegen Lucio Cusma und natürlich sein erster Weltmeister Graciano Rocchigiani, der 1988 in Düsseldorf Vincent Boulware vorzeitig besiegte. In den eigenen Reihen einen neuen Weltmeister feiern zu können, bleibe eine Sternstunde, an die man sich gern erinnere, ob das nun Henry Maske gegen Prince Charles Williams, Sven Ottke gegen Charles Brewer, Markus Beyer in England gegen Richie Woodhall, Arthur Abraham gegen Kingsley Ikeke, Nikolai Walujew gegen John Ruiz, Marco Huck gegen Victor Emilio Ramirez, Sebastian Sylvester gegen Giovanni Lorenzo oder Mikkel Kessler gegen Carl Froch gewesen sei.

Bei dieser Aufzählung schloß sich Sauerland einmal mehr der hierzulande zur festen Überzeugung verdichteten Spekulation an, Axel Schulz habe seinerzeit George Foreman in Las Vegas eigentlich klar besiegt und sei um den verdienten Titel betrogen worden. Mit Schulz fängt denn auch die Überleitung zu den bitteren Pillen an, zu denen seine Niederlagen gegen Wladimir Klitschko und Francois Botha gehören. Auch Henry Maskes Scheitern im Abschiedskampf an Virgil Hill oder Markus Beyers Titelverlust durch technischen K.o. in der zwölften Runde gegen Glenn Catley fallen unter die Rubrik Tiefpunkte und Enttäuschungen.

Um kuriose Anekdoten nicht verlegen, flicht Sauerland den außergewöhnlichen Ausgang eines Titelkampfs zwischen Chisanda Mutti und Lee Roy Murphy ein, der 1985 in Monaco stattfand. Nach einem Doppeltreffer in der zwölften Runde gingen beide zeitgleich zu Boden und wurden ausgezählt. Nun sieht das Regelwerk vor, daß in einem solchen Fall jener Boxer gewinnt, der zuerst wieder steht. Das war in diesem Fall Murphy, der das Glück hatte, in die Nähe der Seile gefallen zu sein, an denen er sich hochziehen konnte.

Um eine abschließende Stellungnahme zur aktuellen Situation gebeten, hebt der international tätige Exportkaufmann und langjährige Promoter als großes Glück hervor, daß Sauerland Event hervorragend aufgestellt sei und erst vor kurzem den Vertrag mit dem Fernsehpartner ARD bis 2015 verlängert habe. Auch habe man als weltweit erstes Boxteam einen Vertrag mit der NADA geschlossen, der umfassende Dopingkontrollen vorschreibt. Inzwischen könne er das Geschehen mit einem gewissen Abstand verfolgen, da seine beiden Söhne Kalle und Nisse nach und nach in seine Fußstapfen getreten seien. Sauerland Event habe insbesondere mit dem Super-Six-Turnier beträchtliches Aufsehen erregt und sich international als Marke etabliert. Nach dem Aufstieg zu einem der führenden Boxveranstalter der Welt könne er sich gut vorstellen, daß das Geschäft in den kommenden Jahren noch internationaler wird, schloß Wilfried Sauerland.

11. Juni 2010