Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → BOXEN

MELDUNG/615: Nathan Cleverly bleibt WBO-Champion im Halbschwergewicht (SB)



Herausforderer Tony Bellew unterliegt knapp nach Punkten

Weltmeister Nathan Cleverly hat den Titel der WBO im Halbschwergewicht erfolgreich verteidigt. Der Waliser besiegte den englischen Herausforderer Tony Bellew knapp nach Punkten (114:114, 116:113, 117:112) und blieb damit auch in seinem 23. Profikampf ungeschlagen, während sein Gegner nun 16 Auftritte gewonnen und einen verloren hat.

Am 18. September 2010 hatten Karo Murat, der bei Sauerland Event unter Vertrag steht, und Nathan Cleverly in Birmingham einen Ausscheidungskampf bestritten, um den nächsten Pflichtherausforderer Jürgen Brähmers aus dem Hamburger Universum-Boxstall zu ermitteln, der damals noch Weltmeister der WBO war. Dabei setzte sich der Waliser durch, da der Ringrichter den Deutschen vor der zehnten Runde auf Anraten des Arztes aus dem Kampf nahm.

Jürgen Brähmer war von 2009 bis 2011 Weltmeister im Halbschwergewicht. Seinen letzten Kampf bestritt der Schweriner am 24. April 2010 in Hamburg, wo er den Argentinier Mariano Nicolas Plotinsky durch technischen K.o. in der fünften Runde besiegte. Nachdem er anschließend drei Titelverteidigungen in Folge auf Grund von Verletzungen oder Erkrankungen wenige Tage vor dem jeweiligen Kampftermin absagen mußte, erkannte ihm die WBO im Mai diesen Jahres den Titel ab und ernannte Interimschampion Nathan Cleverly aus Wales zum regulären Weltmeister.

Dieser lieferte sich im Frühjahr auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Tony Bellew ein derart hitziges Wortgefecht, daß es beinahe zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung zwischen den Kontrahenten gekommen wäre. Offenbar ging diese Animosität über ein bloßes Schauspiel zur Bewerbung des Duells hinaus. Kaum war der Gong zur ersten Runde des Titelkampfs ertönt, als die beiden auch schon ohne jede Zurückhaltung im offenen Schlagabtausch aufeinander losgingen. Als Bellew dabei im Infight seinen Kopf einsetzte, handelte er sich eine Verwarnung des Ringrichters Richard Davis ein. Dieses entschiedene Eingreifen trug maßgeblich zur Beruhigung der Rivalen bei, die sich in der Folge wieder auf ihre regelkonformen Qualitäten besannen.

Der Herausforderer boxte weiterhin druckvoll und stellte Cleverly mit der geschickt eingesetzten Führhand und seiner Beweglichkeit vor Probleme. So gingen die ersten Runden klar an Bellew, bis sich der Titelverteidiger allmählich fing und in der Folge verstärkt zum Körper seines Gegners schlug. Der für seine ausgezeichnete Kondition bekannte Waliser gewann ab der siebten Runde klar die Oberhand, als der Engländer dem hohen Tempo Tribut zollen mußte und zu ermüden schien. Dieses Bild setzte sich bis in den zehnten Durchgang hinein fort, wenngleich Bellew überraschend einen rechten Volltreffer landen konnte. Der Weltmeister bewies jedoch gute Nehmerqualitäten und hielt seine Offensive auch in den letzten beiden Runden durch, da sein Gegner inzwischen stark nachgelassen hatte.

Nach einem hochklassigen Kampf fielen sich die Kontrahenten in die Arme, während das begeisterte Publikum beide mit dem verdienten Beifall bedachte. Am Ende behielt der Waliser knapp, aber verdient die Oberhand, da er die zweite Hälfte des Kampfes bestimmt hatte und seinen Gegner nicht mehr zur Entfaltung kommen ließ, der sein konditionelles Pulver vorzeitig verschossen hatte.

Im anschließenden Interview zeigte sich Tony Bellew natürlich enttäuscht, den Sieg knapp verpaßt zu haben. Er räumte jedoch unumwunden ein, daß Cleverly häufiger geschlagen habe und ein ausgezeichnetes Kinn besitze. Der Titelverteidiger habe sämtliche Treffer weggesteckt. Er selbst habe zwar die schwereren Treffer ins Ziel gebracht, doch nicht genug auf seinen Trainer gehört, um diesen Kampf aus dem Feuer zu reißen.

Wie Nathan Cleverly nach seiner zweiten erfolgreichen Titelverteidigung bilanzierte, sei Tony Bellew ein würdiger und bestens vorbereiteter Gegner gewesen. Der Herausforderer habe nicht in dem Maße abgebaut, wie er es erwartet habe, so der Waliser. Er selbst habe etliche gute Treffer eingesteckt, doch sich dafür angemessen revanchiert. Auf diese Weise seien die Zuschauer zweifellos auf ihre Kosten gekommen. Er werde den Kampf zwischen Bernard Hopkins und Chad Dawson ausgiebig studieren, der am selben Abend in Los Angeles über die Bühne ging. Falls er nicht gegen den Sieger boxe, wolle er gegen WBA-Champion Beibut Schumenow antreten.

Cleverly konnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen, daß sich Dawson umstritten in der zweiten Runde durchsetzen würde, nachdem er den Titelverteidiger zu Boden geworfen hatte, der sich dabei am Ellbogen verletzte. Allerdings ist nicht ausgeschlossen, daß die Boxkommission von Kalifornien das Urteil revidiert und der 46jährige Hopkins damit Weltmeister des WBC im Halbschwergewicht bleibt.

17. Oktober 2011