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MELDUNG/825: Tor Hamer Überraschungssieger beim Prizefighter-Turnier (SB)




US-amerikanischer Schwergewichtler setzt sich in London durch

Dotiert mit einem Preisgeld von 30.000 Pfund ist der Finalsieg im Prizefighter-Turnier, das sich in Großbritannien wachsender Beliebtheit erfreut, eine attraktive Option für aufstrebende junge Schwergewichtler wie auch namhafte Akteure mit schwindenden Aussichten auf den großen Wurf eines Kampfs um die Weltmeisterschaft. Die acht teilnehmenden Boxer werden zu Paaren gelost, worauf diese im Viertelfinale einen Kampf über maximal drei Runden bestreiten. Die vier Sieger treffen anschließend im Halbfinale zu je zweien aufeinander, wobei wiederum die Verlierer ausscheiden, so daß die verbliebenen zwei Teilnehmer ins Finale einziehen. Es liegt auf der Hand, daß dieser Modus ganz spezielle taktische und konditionelle Anforderungen stellt, die erheblich von jenen eines normalen Kampfs über zwölf Runden abweichen. Für die Zuschauer ist das Format angesichts des Teilnehmerfeldes und der rasch wechselnden Duelle auf eine fernsehgerechte Weise attraktiv, zumal es größere Ähnlichkeiten mit den erfolgreichen Mixed Martial Arts als das klassische Boxen aufweist.

Zum Auftakt des jüngsten Prizefighter-Turniers in London setzte sich der Pole Albert Sosnowski, der dem deutschen Boxpublikum seit seiner Niederlage gegen Vitali Klitschko im Mai 2010 bekannt ist, recht überraschend gegen den zuvor als Mitfavoriten gehandelten Maurice Harris durch. Kevin Johnson, ein weiterer früherer Gegner des WBC-Weltmeisters und der namhafteste Akteur des Teilnehmerfelds, machte mit dem französischen Außenseiter Noureddine Meddoun kurzen Prozeß, der sich durch technischen K.o. in der ersten Runde geschlagen geben mußte. Tor Hamer, ein 29jähriger und international wenig bekannter US-Amerikaner, besiegte mit einem soliden Auftritt den Brasilianer Marcelo Luiz Nascimento verdient nach Punkten, und in einem rein britischen Viertelfinale erzwang Tom Dallas nach verbissen geführtem Kampf gegen Tom Little einen Abbruch in der letzten Runde.

Kevin Johnson und Albert Sosnowski lieferten einander dann im ersten Halbfinale einen recht langweiligen Kampf, der hauchdünn zugunsten des Amerikaners endete. Dessen Landsmann Tor Hamer profitierte im Duell mit Tom Dallas davon, daß sich der Brite zuvor völlig verausgabt hatte, und fiel augenblicklich über den Gegner her, der bereits nach wenigen Sekunden geschlagen in den Seilen hing. Auch im Finale war Hamer dann der frischere Boxer, der die Erfahrung Johnsons mit einem energischen Auftritt zwei Runden lang übertrumpfte, um seinen Vorsprung anschließend nur noch ungefährdet nach Hause zu bringen. Wenngleich Kevin Johnson noch den einen oder anderen Treffer landen konnte, setzte sich Tor Hamer am Ende einstimmig nach Punkten durch und feierte damit den unerwarteten Turniersieg.

Für ihn war das der bislang bedeutendste Erfolg seiner Karriere, in der er es auf 18 Siege und eine Niederlage gebracht hat. In seiner anschließenden Stellungnahme legte Hamer eine bemerkenswert realistische Sichtweise an den Tag und stellte seinen Erfolg in einen zutreffenden Rahmen. Er habe gewonnen, weil ihm das Format liege, sagte der Amerikaner. "Ich konnte Kevin nichts anhaben, war aber der aktivere Mann." Jedem, der Boxen kenne, sei klar, daß das nicht viel bedeute. "Etwas Positives hat es aber: Eine Menge Leute werden mich nun vermöbeln wollen."

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Manuel Charr pokert mit Vitali Klitschko um höhere Börse

Noch ist nicht entschieden, gegen wen Vitali Klitschko seinen Titel im September verteidigt. Unter den möglichen Kandidaten hat sich der Ukrainer den Kölner Manuel Charr ausgesucht, der jedoch nicht so billig zu haben ist, wie es sich das Management der Klitschkos vorgestellt hat. Dem Vernehmen nach hat der in 21 Kämpfen ungeschlagene Charr ein erstes Angebot von 200.000 Euro abgelehnt, worauf ihm angeblich eine doppelt so hohe Offerte unterbreitet wurde.

Sollte der Kölner auch diese Summe zurückweisen, dürfte der 40jährige WBC-Weltmeister wohl mit anderen potentiellen Herausforderern weiterverhandeln. In Frage kommen der US-Amerikaner Seth Mitchell, Mariusz Wach aus Polen, Bermane Stiverne aus Kanada sowie der Kubaner Luis Ortiz. Einen Vorteil hat das zäh anlaufende Prozedere immerhin: Nachdem die Börsen der Klitschko-Gegner bislang eher vage bis gar nicht kommuniziert wurden, erfährt man nun ausnahmsweise Genaueres über die gravierenden Unterschiede in den beiderseitigen Verdienstmöglichkeiten.

24. Juni 2012