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MELDUNG/1075: Nathan Cleverly macht seinem Namen alle Ehre (SB)


Beherzter Robin Krasniqi unterliegt dem Champion nach Punkten


Foto: by Eroll Popova / © 2013 by SES - Sport Events Steinforth

Robin Krasniqi (rot) und Nathan Cleverly (blau)
Foto: by Eroll Popova / © 2013 by SES - Sport Events Steinforth

Weltmeister Nathan Cleverly hat den Titel der WBO im Halbschwergewicht in der Londoner Wembley Arena durch einen einstimmigen Punktsieg (120:108, 119:109, 120:108) gegen den Pflichtherausforderer Robin Krasniqi erfolgreich verteidigt. Wenngleich der Waliser in einem attraktiven Kampf klar die Oberhand behielt, erwies sich sein Gegner aus München doch als ernsthafter Prüfstein und verkaufte sich besser, als es das einseitige Urteil widerspiegelte. Während Cleverly damit in 26 Profikämpfen ungeschlagen blieb, hat der Herausforderer, der beim Magdeburger Promoter Sport Events Steinforth (SES) unter Vertrag steht, nun 39 gewonnene und drei verlorene Auftritte auf dem Konto.

In der Anfangsphase waren beide Boxer bestrebt, mit ihrem Jab das Feld zu beherrschen, doch war es der Weltmeister, der angriffslustiger zu Werke ging und seinen Gegner zurückdrängte. Ihr Kampf zeichnete sich durch eine für diese Gewichtsklasse ungewöhnlich hohe Schlagfrequenz aus, was dem Publikum natürlich gefiel, das durchweg auf seine Kosten kam. Cleverly boxte häufig mit hängenden Armen und schlug blitzschnell aus der Hüfte zu, wobei er variantenreich zwischen Kopf und Körper seines Gegners wechselte, der etliche linke Haken zur Leber verkraften mußte. Krasniqi steckte diese schmerzhaften und luftraubenden Treffer jedoch erstaunlich gut weg und ließ sich vom Champion nicht ins Bockshorn jagen.

Nachdem der Herausforderer in der dritten Runde allmählich mit dem Waliser gleichgezogen hatte, konnte Cleverly im folgenden Durchgang seine bis dahin gefährlichsten Treffer landen. Der Münchner revanchierte sich jedoch wenig später mit zwei sehenswerten Rechten. In der fünften Runde gingen die Kontrahenten phasenweise zum offenen Schlagabtausch in der Halbdistanz über, bei dem der Champion die bessere Figur machte und mit einem Leberhaken Wirkung beim Herausforderer erzielte. Krasniqi ließ sich davon jedoch nicht lange beeindrucken und glänzte im folgenden Durchgang mit gelungenen Kontern, so daß Cleverly etwas zurückstecken mußte.

Die siebte Runde verlief relativ ruhig, da der Waliser vor allem mit dem Jab arbeitete und der Münchner nicht allzu viel unternahm, wobei er kurz vor der Pause mit einer Rechten zum Zuge kam. Im lange ausgeglichenen achten Durchgang ging Cleverly gegen Ende noch einmal in die Offensive und konnte einige Treffer landen. Der Waliser verstärkte dann in der neunten Runde das Tempo und setzte den Herausforderer unter Druck, der sich mit Klammern aus der Affäre zog.

Daraufhin zügelte Cleverly in der nächsten Runde sein Ungestüm und etablierte wieder seinen Jab, während sein Gegner dann und wann einen Konter setzte. Offensichtlich strebte der Waliser zu diesem Zeitpunkt keinen vorzeitigen Sieg mehr an, sondern war darauf aus, den Herausforderer mit langen Händen auf Abstand zu halten und seinen Vorsprung aus der Distanz sicher nach Hause zu boxen. Krasniqi war sich im klaren darüber, daß nur ein Niederschlag das Blatt noch wenden konnte, doch bot ihm der Titelverteidiger keine Gelegenheit mehr, einen entscheidenden Treffer zu landen.

Am Ende hatten die Punktrichter einen deutlichen Vorsprung für den amtierenden Weltmeister notiert, der in den meisten Runden aktiver gewesen war. Indessen kann man dem Herausforderer attestieren, seine Haut teuer zu Markte getragen zu haben. Berücksichtigt man, daß Robin Krasniqi keinen einzigen Amateurkampf bestritten hat und erst seit drei Jahren in Magdeburg bei SES-Coach Dirk Dzemski unter professionellen Bedingungen trainiert, ist seine respektable Leistung um so höher einzustufen.

Natürlich war der Münchner traurig, mit der Verwirklichung seines großen Traums in London gescheitert zu sein. Er habe sich so viel vorgenommen und gehofft, gleich in seinem ersten Titelkampf die Oberhand zu behalten. Er müsse jedoch ehrlicherweise einräumen, daß Cleverly eine halbe Nummer zu groß für ihn gewesen sei und einfach schlauer geboxt habe. Trotz dieser Niederlage nehme er unschätzbare Erfahrungen mit und wolle hart daran arbeiten, sich einen Weltmeistergürtel zu sichern.

Sein Trainer Dirk Dzemski bescheinigte ihm eine gute Leistung auf internationalem Parkett. Vielleicht sei dieser Titelkampf etwas zu früh gekommen, doch habe man die Chance natürlich nicht ungenutzt verstreichen lassen wollen. Dieser Kampf habe seinen Schützling mit Sicherheit einige Schritte nach vorn gebracht. Promoter Ulf Steinforth war stolz auf Krasniqi, der tapfer gekämpft und nie aufgegeben habe. Cleverly habe seinem Namen alle Ehre gemacht und sich dank der Erfahrung aus mehr als zehn Titelkämpfen als souveräner Weltmeister präsentiert. Indessen glaube das gesamte SES-Team daran, daß Robin nicht lockerlassen werde, bis er sich seinen Traum erfüllt hat. [1]

Wie Nathan Cleverly im anschließenden Interview mit Boxnation Bilanz zog, müsse man als Champion solche Kämpfe gewinnen. Nur ein erfolgreicher Endspurt habe gefehlt, da Krasniqi bis zuletzt ein mutiger und zäher Herausforderer gewesen sei. Was ihn selbst betreffe, lerne er immer noch dazu und brauche große Kämpfe, um sein Können unter Beweis zu stellen.

Seinem Promoter Frank Warren zufolge gilt es noch zu klären, mit wem der Waliser im nächsten Schritt in den Ring steigt. Am liebsten würde man einen Vereinigungskampf zweier Weltmeister gegen Bernard Hopkins bestreiten, der jedoch zunächst eine Pflichtverteidigung zu absolvieren hat. Der US-Amerikaner tritt voraussichtlich am 27. Juli in New York gegen Karo Murat aus dem Berliner Team Sauerland an, der lange auf diese Chance gewartet hat. Daher könnte es frühestens im September zum Duell mit Cleverly kommen. Der Waliser habe eine Klasse über Krasniqi geboxt, müsse sich nun aber den allerbesten Konkurrenten stellen, so Warren. Man könne im Juli mit seinem nächsten Auftritt rechnen, worauf ein großer Kampf gegen Ende des Jahres folgen solle.

Unter den interessierten Experten vor Ort hatte sich auch Joe Calzaghe eingefunden, der legendäre frühere Weltmeister im Supermittelgewicht. Der 41jährige zeigte sich überzeugt, daß sein walisischer Landsmann Nathan Cleverly auch gegen Bernard Hopkins bestehen könnte. Calzaghe weiß, wovon er spricht, hatte er den US-Amerikaner doch im Frühjahr 2008 im vorletzten Kampf seiner Karriere knapp nach Punkten besiegt. Hopkins sei im Alter von 48 Jahren noch immer Weltmeister, was belege, daß er zu den besten Boxern aller Zeiten gehöre. Gegen ihn anzutreten, wäre eine sehr schwere Aufgabe für Nathan. Dieser verfüge jedoch über schnelle Hände und eine hohe Schlagfrequenz, die es ihm bei einer vernünftigen Taktik durchaus erlauben könnten, selbst Bernard Hopkins zu besiegen. [2]

Fußnoten:
[1] http://www.sesboxing.de/?lang=de&site=news&index=20130421124111_Newsflash&title=Robin%20Krasniqi%20verliert%20gegen%20cleveren%20Cleverly%20nach%20Punkten

[2] http://www.boxen.de/news/joe-calzaghe-cleverly-hat-die-attribute-um-hopkins-zu-schlagen-26083

24. April 2013