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MELDUNG/1077: 10.000 trotzen Sturm und Regen in Buenos Aires (SB)




Sergio Martinez behält knapp die Oberhand gegen Martin Murray

Sergio Martinez, WBC-Weltmeister im Mittelgewicht und als führender Boxer dieses Limits gehandelt, hatte bei seinem ersten Auftritt im heimischen Buenos Aires seit zehn Jahren größere Mühe als erwartet. Sturm und heftiger Regen sorgten zeitweise für nahezu irreguläre Bedingungen, welche die rund 50.000 Zuschauer jedoch nicht davon abhielten, ihren Landsmann euphorisch anzufeuern. Der 38jährige Argentinier fand in dem acht Jahre jüngeren britischen Herausforderer Martin Murray jedoch einen zähen und angriffslustigen Gegner, der sich nach zwölf absolvierten Runden nur knapp nach Punkten geschlagen geben mußte (115:112, 115:112, 115:112). Während der Champion seine Bilanz auf 51 Siege, zwei Niederlagen und zwei Unentschieden verbesserte, stehen für den zuvor ungeschlagenen Briten nun 25 gewonnene Kämpfe sowie je ein verlorener und unentschieden beendeter Auftritt zu Buche.

Der Lokalmatador war von Beginn an bestrebt, das Heft in die Hand zu nehmen und Murray unter Druck zu setzen, der sich jedoch hinter einer soliden Deckung verschanzte. Martinez versuchte, den Gegner mit tief hängenden Fäusten zum Angriff zu verleiten, und schlug zudem häufig zum Körper des Briten, um dessen Abwehr herunterzuziehen. Der Herausforderer ließ sich jedoch nicht dazu verleiten, seine taktische Marschroute preiszugeben, und nahm dabei in Kauf, daß der Weltmeister mit seiner Offensive fleißig punktete. Martinez ging zunehmend größere Risiken ein, um die Deckung des Herausforderers zu durchbrechen, der dies zu erfolgreichen Kontern zu nutzen verstand. Von der vierten Runde an kämpfte auch der Brite offensiver, wurde allerdings wegen eines Tiefschlags ermahnt, worauf ein ausgeglichener fünfter Durchgang folgte. Dann ereilte den Argentinier nach einem Zusammenstoß im Eifer des Gefechts das Mißgeschick einer Rißwunde über dem linken Auge, die ihn in der Folge beeinträchtigte.

Martin Murray ging nun immer selbstbewußter zu Werke und schickte den Favoriten in der achten Runde sogar mit einer rechten Geraden zu Boden. Der Weltmeister wirkte angeschlagen, als er wieder auf die Beine kam, fand aber bald in den Kampf zurück. Da beim Verband WBC der aktuelle Punktestand offengelegt wird, wußte man, daß Martinez zu diesem Zeitpunkt immer noch knapp in Führung lag. Dem Argentinier war natürlich klar, daß er dem Herausforderer nicht die Initiative überlassen durfte, und so legte er sich im folgenden Durchgang energisch ins Zeug. Allerdings wirkte er recht ratlos und besann sich nach wie vor zu wenig auf seine technischen Fertigkeiten. Martinez setzte überwiegend auf Einzelaktionen, mit denen er Murray nicht allzu gefährlich werden konnte.

In der zehnten Runde stellte der Brite seinen Gegner an den Seilen und schickte ihn mit einer Rechten ein zweites Mal auf die Bretter, doch wertete der italienische Ringrichter diese Aktion nicht als Niederschlag, sondern als Ausrutscher, so daß Martinez keinen Punktabzug hinnehmen mußte. Da Murray inzwischen die Luft fehlte, um weiter Druck zu machen, erholte sich der Argentinier im relativ ruhigen elften Durchgang zusehends. Der Rechtshänder setzte endlich seinen Jab konsequent ein, der Murray sichtlich Probleme bereitete. Im Endspurt war es dann Martinez, der die bessere Figur machte und in der letzten Minute des Kampfs punkten konnte. [1]

Martinez erklärte seinen wenig überzeugenden Auftritt im anschließenden HBO-Interview mit einer Verletzung. Wie der Argentinier berichtete, mache er in seinen Kämpfen gerne Druck. Er habe sich jedoch an der linken Hand verletzt, die möglicherweise sogar gebrochen sei. Er sei sich eines klaren Sieges sicher gewesen, doch habe seine Schlaghand von der achten Runde an nicht mehr mitgespielt. Wolle er seinen Status als Superstar behaupten, müsse er sich aber künftig steigern, ließ Martinez durchaus Selbstkritik erkennen.

Martin Murray hatte taktisch geschickt und so diszipliniert geboxt, daß ein Unentschieden durchaus in seiner Reichweite lag. Der Brite haderte indessen nicht ernsthaft mit dem Urteil der drei Punktrichter. Ihm sei klar gewesen, daß es für ihn nicht reichen würde, um in Argentinien zu gewinnen. Sergio sei ein großer Boxer, er selbst habe sich jedoch als der zähere Kämpfer erwiesen und werde auch in Zukunft Akzente setzen, so der Herausforderer nach seinem beherzten Auftritt in der Höhle des Löwen.

Fußnote:

[1] http://www.boxen.de/news/martinez-mit-grossen-problemen-gegen-murray-bleibt-aber-wbc-champion-26215

29. April 2013