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MELDUNG/1179: Eine Nummer zu groß für Nathan Cleverly (SB)




Sergej Kowalew neuer WBO-Weltmeister im Halbschwergewicht

Der Waliser Nathan Cleverly hat in Cardiff den Titel der WBO im Halbschwergewicht an Sergej Kowalew verloren. Die Entscheidung, den 30 Jahre alten Russen als Herausforderer für eine freiwillige Titelverteidigung auszuwählen, erwies sich als verhängnisvoll für den amtierenden Champion, der schon in der vierten Runde die Segel streichen mußte. Während der weiterhin ungeschlagene Kowalew seine Bilanz auf 22 Siege und ein Unentschieden verbesserte und bereits 20 Gegner vorzeitig geschlagen hat, mußte Cleverly im 27. Profikampf die erste Niederlage hinnehmen.

Der Waliser hatte im Vorfeld des Kampfs angekündigt, er werde auf die Offensive setzen und dem Russen das Feld nicht überlassen. Davon war jedoch zum Auftakt wenig zu sehen, da Kowalew wie üblich von Beginn an Druck machte und Wirkungstreffer zu landen versuchte. Hingegen kam der Waliser nicht recht zum Zuge, da er offenbar entgegen seiner Ankündigung darauf baute, sich zunächst zurückzuhalten, die ersten Durchgänge heil zu überstehen und später den Kampf noch zu drehen. Womöglich kam der Titelverteidiger aber auch gegen den energisch angreifenden Kowalew einfach nicht zum Zuge, denn er wirkte nervös und schlug viele Jabs, die den Russen nicht erreichten. Hingegen agierte der Herausforderer wesentlich selbstbewußter und brachte frühzeitig die rechte Gerade.

Cleverly hatte augenscheinlich großen Respekt vor dem gefährlichen Russen, der schon viele Kämpfe in den ersten Runden gewonnen hat, und legte viel Wert auf eine stabile Deckung. Zwar blockte er damit etliche Schläge ab, doch ging Kowalew bald dazu über, um die Deckung herumzuschlagen. Dabei stürmte der Herausforderer keineswegs blindlings auf seinen Gegner los, sondern boxte sehr präzise und wirkungsvoller als der Waliser. Zwar trug der Russe in der zweiten Runde eine Rißwunde über dem rechten Auge davon, doch kämpfe der Lokalmatador insgesamt zu passiv, um sich die Durchgänge zu sichern. Nur gelegentlich brachte er seinen Gegner mit Jabs aus dem Rhythmus, wobei er sich zu wenig bewegte, um den Schlägen Kowalews zu entgehen.

In der dritten Runde zeigte sich Cleverly bemüht, etwas mehr dagegenzuhalten, was ihn jedoch zur Beute des Russen machte. Nach einer Kombination aus einer rechten Geraden und einem linken Haken wirkte der Waliser erstmals angeschlagen, worauf Kowalew sofort nachsetzte und den Gegner mit einigen weiteren Treffern zu Boden schickte. Sichtlich verärgert kam der Titelverteidiger rasch wieder auf die Beine, worauf er weitere Schläge einstecken mußte, die ihn ein zweites Mal auf den Brettern landen ließen. Da der Russe gegen den bereits knieenden Cleverly nachgeschlagen hatte, lief er Gefahr, einen Punkt abgezogen zu bekommen oder sogar disqualifiziert zu werden. Als der Waliser auch diesmal wieder schnell aufstand, ließ Ringrichter Terry O'Connor den Kampf jedoch weiterlaufen. Cleverly mußte weitere schwere Treffer einstecken, so daß es kurzzeitig aussah, als wolle der Referee dazwischengehen und den Kampf beenden. Mit viel Glück überstand der Titelverteidiger die letzten Sekunden der Runde und war am Ende stehend K.o., als der Pausengong ertönte.

Nach diesen zahlreichen Treffern war die Erholungszeit zu kurz, um Cleverly zu retten. Kaum war die vierte Runde eingeläutet, als Kowalew wiederum angriff und weitere Kombinationen ins Ziel brachte. Nun taumelte der Waliser durch den Ring und berührte dabei mit den Handschuhen den Boden, worauf der Ringrichter eingriff und den schwer angeschlagenen Titelverteidiger aus dem Kampf nahm, um ihn vor weiterem Schaden zu bewahren. [1]

Sergej Kowalew, der seinen sechsten vorzeitigen Sieg in Folge gefeiert hatte, sagte im anschließenden Interview mit Boxnation, er sei nach 20 Jahren in diesem Sport endlich am Ziel. Viele hätten an ihn geglaubt, wobei er insbesondere seinem Manager und seiner Promoterin danke. Er habe es geschafft und wolle sein Können künftig im amerikanischen und russischen Fernsehen präsentieren.

"Wir wußten, daß das seine Bestimmung ist, seitdem wir ihn gesehen haben", erklärte Kowalews Promoterin Kathy Duva. Sergej fürchte keinen Gegner und trete gegen jeden an. Nun werde ihm der Sender HBO einen Vertrag geben, so daß bedeutende Kämpfe in den USA zu erwarten seien. Auch bestehe bereits großes Interesse an einem Auftritt in Rußland. Sergej Kowalew sei "die russische Abrißbirne" und werde bald auf der ganzen Welt bekannt sein.

Nathan Cleverly hat um eines erhofften Durchbruchs bei HBO und in den USA willen zuviel riskiert. In seiner sechsten Titelverteidigung mußte er die erste Niederlage als Profi hinnehmen. Sein Promoter Frank Warren beklagte, daß Cleverly seine taktische Marschroute nicht durchgesetzt habe. Leider sei es ihm nicht gelungen, eine längere Dauer des Kampfs zu erzwingen und die Zügel in die Hand zu nehmen. Dies sei jedoch nicht das Ende der Welt. Cleverly müsse sich wieder sammeln und seine Lehren aus der Niederlage ziehen. Er sei erst 26 Jahre alt und habe noch eine Zukunft als Boxer vor sich. Große Gewinner seien an diesem Abend die Zuschauer gewesen, die hervorragende Kämpfe zu gesehen hätten. [2]

Fußnoten:

[1] http://www.boxen.de/news/sergey-kovalev-stoppt-nathan-cleverly-in-vier-runden-gewinnt-wbo-titel-28403

[2] http://www.boxen.de/news/kovalev-holt-wbo-titel-mit-k-o-in-der-4-runde-gegen-cleverly-28408

18. August 2013