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MELDUNG/1186: Arbeitssiege für Jürgen Brähmer und Arthur Abraham (SB)




Stefano Abantangelo robust und schwer zu treffen

Vor heimischem Publikum in Schwerin mußte Jürgen Brähmer über die volle Distanz von zwölf Runden gehen, um den Titel des Europameisters im Halbschwergewicht zum zweiten Mal erfolgreich zu verteidigen. Vor 5.600 Zuschauern erwies sich der international unerfahrene Italiener Stefano Abantangelo aus Montanaro als unbequemer Gegner, der nur wenig Trefferfläche bot. Zu Anfang boxte der 34jährige Schweriner aus der Distanz, wobei die meisten Schläge in der stabilen Deckung des drei Jahre jüngeren Gegners landeten, der seinerseits mit einigen Schwingern zum Zuge kam. Der Italiener ging des öfteren ungestüm mit dem Kopf nach vorne, was ihm bei einem Zusammenstoß in der vierten Runde eine Rißwunde über dem linken Auge eintrug. Im nächsten Durchgang zog ihm Ringrichter Phil Edwards einen Punkt ab, weil er nach einem Trennkommando weitergeschlagen hatte.

Der von Karsten Röwer trainierte Europameister sah gut aus, als er in der sechsten Runde seinen bis dahin gefährlichsten Treffer ins Ziel brachte, doch wirkte er trotz seiner Überlegenheit nicht souverän, da er sich etliche Schwinger des Italieners einfing. Dieser mißachtete im nächsten Durchgang erneut ein Trennkommando, worauf der Referee in diesem Fall Milde walten ließ und lediglich eine Ermahnung aussprach. Da der Titelverteidiger den anstürmenden Gegner nicht mehr auf Distanz halten konnte, wurde der Kampf gegen Ende immer unsauberer. Die Kontrahenten klammerten häufig und stießen mehrfach mit den Köpfen zusammen, so daß auch Brähmer einen leichten Cut erlitt. In den letzten Runden wirkte der Schweriner frustriert, da er zu selten traf und Abantangelo keine Wirkung erkennen ließ. Wenngleich ihm der Herausforderer nicht gefährlich wurde, kam er doch mit dessen robustem Stehvermögen schwer zurecht. [1]

Wenngleich der Punktsieg eindeutig ausfiel (119:108, 119:108, 115:111), wirkte dieser Auftritt doch nicht gerade wie eine Empfehlung für einen Kampf um die Weltmeisterschaft. Wie Abantangelo mit einer gewissen Genugtuung Bilanz ziehen konnte, habe er versucht, alles zu geben, was ihm seines Erachtens auch gelungen sei. Brähmer sei allerdings ein starker Gegner, der den Sieg verdient habe.

Daß dies kein einfacher Kampf würde, sei von vornherein klar gewesen, sagte Brähmer im ARD-Interview. Der Italiener sei mit seiner sicheren Deckung immer nach vorne marschiert und dabei nur schwer zu treffen gewesen. Bei dieser Geduldsprobe habe er sich an das taktische Gerüst gehalten und nicht aus dem Konzept bringen lassen. Insofern könne er viele Erfahrungen aus dem Kampf über zwölf Runden mitnehmen.

Vom Stil her seien auch die Russen unangenehm zu boxen, doch lasse sich Kowalew leichter treffen, weshalb das ein ganz anderer Kampf wäre. Brähmer spielte damit auf Sergej Kowalew an, der kürzlich durch einen Sieg über den Waliser Nathan Cleverly neuer WBO-Weltmeister im Halbschwergewicht geworden ist. Da der Russe derzeit als gefährlichster Akteur in diesem Limit gilt, wäre Brähmer gut beraten, als mögliche Alternative einen Kampf gegen den deutlich schwächer eingeschätzten WBA-Champion Beibut Schumenow in Erwägung zu ziehen. Wenngleich der Schweriner gegen den robusten Italiener klar gewonnen hat, müßte er sich doch erheblich steigern, um gegen Kowalew nicht unterzugehen. [2]

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Agiler Willbeforce Shihepo war ein unbequemer Gegner

Nach der Niederlage und dem Titelverlust im Kampf gegen Robert Stieglitz hat sich Arthur Abraham mit einem einstimmigen Punktsieg gegen den Namibier Willbeforce Shihepo zurückgemeldet. Bei seinem zehnjährigen Jubiläum im Boxring gewann er den Interkontinentaltitel der WBO, der ihm einen Sprung an die Spitze der Rangliste bescheren dürfte und damit einem dritten Kampf gegen Stieglitz näherbrächte. Offenbar hatte sich der Berliner vorgenommen, seiner üblichen Trägheit in der Anfangsphase diesmal keinen Raum zu geben. So brachte er in den ersten Runden etliche Treffer ins Ziel, doch fing er sich dabei auch eine ganze Reihe guter Schläge des beherzt mitboxenden und geschickt konternden Namibiers ein.

Er spiele mit dem Gegner, sagte Abraham nach der fünften Runde seinem sichtlich unzufriedenen Trainer Ulli Wegner, als wolle er die Probleme überspielen, die ihm der agile Shihepo bereitete. Dieser war im sechsten Durchgang der aktivere Boxer, doch gingen die gefährlicheren Treffer auf das Konto des Berliners, der auch die siebte Runde zu seinen Gunsten gestalten konnte. Der Namibier bekam offenbar Probleme mit seinem rechten Bein, an dem er in der Pause behandelt werden mußte. Das begünstigte Abraham vorübergehend, der in der neunten Runde im Schlagabtausch einen Volltreffer durchbrachte, Shihepo jedoch nicht erschüttern konnte.

Nach einer ausgeglichenen zehnten Runde ging die elfte wohl knapp an Shihepo, da Abraham nun häufig danebenschlug. Auch in der Schlußrunde hatte der aktivere Namibier leichte Vorteile, so daß das Urteil der Punktrichter (116:113, 116:112, 117:111) an sich vertretbar, doch eine Spur zu deutlich ausfiel. Viele Zuschauer quittierten den Ausgang des Kampfs mit Pfiffen, weil sie offenbar mehr von Abraham erwartet hatten, der vor allem in den letzten Runden nicht überzeugen konnte.

Er habe nicht wirklich verloren, sondern von Anfang an dominiert, erklärte Shihepo enttäuscht, dessen Bekanntheitsgrad nach dieser starken Leistung deutlich gestiegen sein dürfte. Es sei klar, daß die Leute auf Abrahams Seite gestanden hätten, der seines Erachtens eine schwache Leistung geboten habe.

Er sei nicht ganz zufrieden, räumte Abraham im ARD-Interview Probleme ein. Allerdings habe er es mit einem Gegner aus den Top 10 zu tun gehabt, den man nicht unterschätzen dürfe. Deshalb habe er eine Schlägerei vermieden und den Namibier statt dessen ausgetrickst. Sein Ziel sei es, Ende des Jahres oder Anfang 2014 um den WBO-Titel zu boxen. [3] Bei der bevorstehenden WBO-Tagung in Budapest will der Sauerland-Boxstall beantragen, daß Abraham der Pflichtherausforderer für Stieglitz wird, der nach seinem Sieg im März eine freiwillige Titelverteidigung gegen den Berliner abgelehnt hatte.

Fußnoten:

[1] http://www.boxen.de/news/braehmer-muss-gegen-abantangelo-ueber-die-volle-distanz-28552

[2] http://www.boxen.com/news-archiv/newsdetails/article/braehmer-siegt-in-schwerin/23.html

[3] http://www.boxen.de/news/abraham-mit-arbeitssieg-gegen-starken-shihepo-28546

26. August 2013