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MELDUNG/1463: Gipfeltreffen ins Wasser gefallen (SB)




Dereck Chisora muß Kampf gegen Tyson Fury absagen

Der für kommenden Samstag geplante Kampf der beiden britischen Schwergewichtler Tyson Fury und Dereck Chisora in Manchester ist abgesagt worden. Chisora hat sich Ende vergangener Woche beim Sparring eine Fraktur in der linken Hand zugezogen, wie eine MRT-Untersuchung am Montag zeigte. Auf Anraten der Ärzte könne er nicht antreten, teilte der 30 Jahre alte Britische und Europameister mit. Der Kampf soll zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. [1]

Der in 22 Profikämpfen ungeschlagene Fury reagierte sehr verärgert und trägt das Duell nun verbal über Twitter aus. Neben den üblichen überheblichen Beschimpfungen vergleicht der 26jährige den Kontrahenten mit David Haye, der einen geplanten Kampf gegen ihn zweimal aufgrund von Verletzungen absagt hat. Für Tyson Fury war es bereits die dritte Absage innerhalb eines Jahres, weshalb man seinen Unmut über die aktuelle Situation nachvollziehen kann, ohne deswegen seine Bezichtigungen zu billigen.

Chisora, für den 20 Siege und vier Niederlagen zu Buche stehen, zeigte sich enttäuscht und bedauert sehr, den Kampf absagen zu müssen. Er sei in phantastischer Verfassung und habe sich auf die Revanche gefreut, die nun leider warten müsse.

Chisora und Fury standen sich vor drei Jahren schon einmal gegenüber, damals gewann Fury in der Wembley Arena einstimmig nach Punkten. Chisora verlor 2012 auch gegen Vitali Klitschko klar nach Punkten, worauf er sich auf der anschließenden Pressekonferenz mit seinem Landsmann David Haye eine Prügelei lieferte. Diese kostete ihn zwar zeitweise die britische Lizenz, bescherte ihm aber einen hochdotierten Kampf gegen Haye, womit der Zweck des Spektakels erfüllt war.

Der Sieger des Kampfs in Manchester sollte neuer Pflichtherausforderer Wladimir Klitschkos beim Verband WBO werden. Der Ukrainer muß jedoch zunächst seine Titel am 6. September gegen den Bulgaren Kubrat Pulew aus dem Berliner Sauerland-Team verteidigen, der die IBF-Rangliste anführt. Im Juni hatte Chisora vollmundig angekündigt, er werde den Ukrainer vernichten, dem solches Gerede sicher keine schlaflosen Nächte bereitet.

Unterdessen hat die britische Boxkommission eine Anhörung Tyson Furys anberaumt, bei dem sich dieser zu seinen Verbalattacken gegen Chisora auf einer Pressekonferenz äußern soll. Wie Fury erklärte, habe er nicht vor, den Termin am 13. August wahrzunehmen. Er habe es satt, ständig drangsaliert zu werden. Sollte ihm deswegen die britische Lizenz entzogen werden, wolle er in Irland eine neue beantragen. Daß ihm diese gewährt würde, ist nicht unwahrscheinlich, zumal er als Amateur zeitweise unter der Regie des irischen Verbands in den Ring gestiegen war. [2]

Die Veranstaltung in der Manchester Arena soll auf jeden Fall stattfinden, wobei der Brite Billy Joe Saunders den Hauptkampf gegen den Italiener Emanuele Blandamura bestreiten könnte, bei dem der vakante Titel des Europameisters im Mittelgewicht auf dem Spiel steht. Da Fury lange keinen Kampf mehr bestritten hat und dringend Praxis braucht, trägt er sich mit dem Gedanken, in Manchester mit einem anderen Gegner in den Ring zu steigen. Dem Vernehmen nach wären die US-Amerikaner Tony Thompson und Antonio Tarver bereit, kurzfristig einzuspringen. Da man diese beiden Veteranen im Lager Furys jedoch für zu gefährlich einschätzen dürfte, ist kaum anzunehmen, daß einer von beiden für einen Auftritt engagiert wird.

Tarver und Thompson sind zwar in die Jahre gekommen, stellen jedoch aufgrund ihrer Erfahrung und ihres Könnens ein erhebliches Risiko für Fury dar, der sich natürlich keine Niederlage erlauben darf, will er im Rennen um die erhoffte Titelchance bleiben. Andererseits ist Fury derzeit in guter körperlicher Verfassung und so viel jünger als die über 40jährigen Kandidaten, daß er im Grunde einer solchen Aufgabe nicht länger aus dem Weg darf. Gelänge es ihm nicht, einen solchen Gegner zu besiegen, hätte er nichts in einem Ausscheidungskampf wie jenem gegen Chisora verloren. [3]

Vielleicht hat der Brite aber auch gar nicht vor, am Samstag in Manchester anzutreten, sondern trägt lediglich zur Bewerbung der Veranstaltung bei, die ohne den Schwergewichtskampf erheblich an Bedeutung eingebüßt hat. Nach den drei Absagen geplanter Kämpfe ist Fury in eine Sackgasse geraten. Die Wahrscheinlichkeit derartiger Verletzungen wäre geringer, zöge man jüngere Gegner vor. Der US-Amerikaner Deontay Wilder hatte mehrmals angeboten, mit dem Briten in den Ring zu steigen, doch wurde er offensichtlich als viel zu gefährlich eingeschätzt. Vermutlich geht Furys Team nicht einmal das Risiko ein, ihn gegen einen unbekannten Aufbaugegner antreten zu lassen, den man zuvor nicht gründlich unter die Lupe genommen hat. Der 2,06 m große Fury hat mehrfach gegen vermeintlich klar unterlegene Kontrahenten in boxerischer Hinsicht so schlecht ausgesehen, daß er den letztendlichen Sieg in erster Linie seiner schieren Masse verdankte.


Fußnoten:

[1] http://www.boxen.de/news/chisora-verletzt-fury-wuetend-32371

[2] http://www.bbc.com/sport/0/28412473

[3] http://www.boxingnews24.com/2014/07/tyson-fury-still-hoping-to-fight-on-saturday/#more-179314

23. Juli 2014