Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → BOXEN

MELDUNG/1478: Auf frischen Wind folgt eine neue Flaute (SB)




Deontay Wilder bestreitet zwischenzeitlich einen Aufbaukampf

Mitte Februar wählte der Verband World Boxing Council (WBC) erwartungsgemäß Mauricio Sulaiman zu seinem neuen Präsidenten. Der 44jährige Mexikaner trat damit die Nachfolge seines Vaters Jose Sulaiman an, der nach längerer Krankheit am 16. Januar in einer Klinik von Los Angeles im Alter von 82 Jahren verstorben war. Der Patriarch hatte den Weltverband von 1975 bis Anfang 2014 geleitet und verfügte dementsprechend über einen Einfluß im Boxgeschäft, der seinesgleichen suchte.

Mauricio Sulaiman, der zuvor Generalsekretär des WBC gewesen war, versprach nach seiner Wahl, er werde das Erbe seines Vaters fortführen und den Verband mindestens bis 2016 leiten. Zugleich zeigte er sich aber auch bemüht, gewisse Stagnationen zügig zu beheben. Dazu gehörte insbesondere der Schwergewichtstitel, den Vitali Klitschko mit Rückendeckung des älteren Sulaiman seit September 2012 nicht mehr verteidigt hatte. Nachdem der Ukrainer endlich in den Status des Champion Emeritus versetzt und der Titel damit vakant war, kam der Stein ins Rollen.

Der neue WBC-Präsident entschloß sich zu einer Radikalkur, die zwar ungewöhnlich war, aber angesichts der jahrelangen Blockade auf keinerlei ernsthafte Einwände stieß. Zunächst trugen Bermane Stiverne und Chris Arreola ihre Revanche aus, bei der sich der Kanadier erneut durchsetzte und damit neuer WBC-Weltmeister wurde. Einen Ausscheidungskampf entschied Deontay Wilder für sich, der seinen US-amerikanischen Landsmann Malik Scott bezwang und daraufhin nächster Pflichtherausforderer Stivernes wurde. Damit nicht genug, beraumte der Verband eine weitere Qualifikation an, deren Sieger das Vorrecht erwarb, gleich im nächsten Schritt gegen den amtierenden Weltmeister anzutreten. Dabei gewann Bryant Jennings gegen den Kubaner Mike Perez, so daß die Kette stand und eine zügige Abwicklung möglich schien.

Der frische Wind flaute jedoch rasch wieder ab, da der Kampf zwischen Bermane Stiverne und Deontay Wilder auf unbestimmte Zeit verschoben werden mußte. Da sich der Kanadier eine Verletzung an der Hand zugezogen hat, deren Heilung erfahrungsgemäß sehr lange dauern kann, ist nicht vor Ende des Jahres mit der Austragung der Titelverteidigung zu rechnen. Möglicherweise kann Stiverne sogar erst im Frühjahr 2015 in den Ring zurückkehren, so daß wiederum die Verbandsführung des WBC gefragt ist, initiativ zu werden. Gegebenenfalls könnte der Kanadier zum Champion Emeritus erklärt und der Titel unterdessen zwischen Wilder und Jennings neu vergeben werden. Stiverne würde damit wie vordem Vitali Klitschko das Vorrecht zuerkannt, nach seiner Rückkehr unmittelbar den amtierenden Champion herauszufordern.

Da Deontay Wilders letzter Kampf, den er am 15. März gegen Malik Scott austrug, inzwischen lange zurückliegt, hat er gemeinsam mit seinem Berater Al Haymon und den Golden Boy Promotions einen zwischenzeitlichen Auftritt geplant, um nicht völlig aus dem Tritt zu kommen. Er steigt am 16. August im Vorprogramm des Kampfs zwischen Shawn Porter und Kell Brook in den Ring, was zur Aufwertung der Veranstaltung beiträgt. In einem Duell zweier ungeschlagener Boxer verteidigt Porter im südkalifornischen Carson den IBF-Titel im Weltergewicht gegen den Briten.

Wilder, der in 31 Profikämpfen unbesiegt ist, wobei er nie länger als vier Runden gebraucht hat, um seinen Gegner auf die Bretter zu schicken, gilt gegenwärtig als aussichtsreichster US-amerikanischer Titelaspirant. Zudem wurde der Leichtgewichtler Jorge Linares ins Programm aufgenommen, für den 36 Siege und drei Niederlagen zu Buche stehen. Ob diese beiden Auftritte von Showtime übertragen werden, ist allerdings noch nicht bekannt, zumal bereits drei attraktive Kämpfe dieser Veranstaltung zur Ausstrahlung vorgesehen sind. [1]

Ein passender Gegner für Deontay Wilder muß noch gefunden werden, wobei natürlich ein anspruchsvoller Kontrahent wie Alexander Ustinow reizvoll wäre. Der Weißrusse hatte zuletzt als Sparringspartner Dereck Chisoras fungiert, als dieser sich auf seinen britischen Landsmann Tyson Fury vorbereitete. Nach dem verletzungsbedingten Rückzug Chisoras wollte Fury zunächst gegen Ustinow antreten, sagte den Kampf dann aber wegen der Erkrankung seines Onkels kurzfristig wieder ab. Der riesige Weißrusse dürfte derzeit in guter Form sein, und da er so groß wie der US-Amerikaner, aber noch wesentlich schwerer ist, wäre ein imposantes Duell nicht ausgeschlossen.

Vor zwei Jahren hatte Kubrat Pulew aus dem Team Sauerland den Weißrussen in der elften Runde besiegt, so daß im Quervergleich interessant zu sehen wäre, wie Wilder mit Ustinow zurechtkommt. Pulew ist beim Verband IBF Pflichtherausforderer Wladimir Klitschkos, der seine Titel am 6. September in Hamburg gegen den Bulgaren verteidigt. Auch der Ukrainer meldet Ansprüche auf den WBC-Gürtel an, mit dem er seine Sammlung komplettieren möchte.

Wenngleich Deontay Wilder als Titelaspirant in der Lage sein müßte, auch einen Gegner vom Kaliber Ustinows zu besiegen, wird man ihm wohl eher einen zweitklassigen Kandidaten vorsetzen. Da ihm kaum noch Zeit bleibt, sich auf den Gegner vorzubereiten, werden Al Haymon und Oscar de la Hoya kein Risiko eingehen, da ein Scheitern in dieser Phase der Karriere Wilders für alle Beteiligten einer Katastrophe gleichkäme.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2014/08/deontay-wilder-and-linares-added-to-porter-brook-card-on-august-16th/#more-179948

8. August 2014