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MELDUNG/1505: Das Zeitfenster schließt sich (SB)




Amir Khan buhlt um die Gunst Floyd Mayweathers

Sollte Floyd Mayweather seine Ankündigung wahrmachen und im Herbst nächsten Jahres die Boxhandschuhe an den Nagel hängen, um sich voll und ganz seinen Geschäften als Promoter zu widmen, wird seine Karriere mit zwei weiteren Auftritten Anfang Mai und Mitte September 2015 enden. Für Amir Khan, der den zweiten Termin wegen des Ramadans nicht wahrnehmen kann, gibt es damit vermutlich nur noch eine letzte Gelegenheit im Frühjahr, sich mit Mayweather zu messen und die größte Börse seiner gesamten Laufbahn einzustreichen.

Der Brite verfolgte am vergangenen Wochenende im MGM Grand in Las Vegas vor Ort, wie Floyd Mayweather dem Argentinier Marcos Maidana auch bei der Revanche das Nachsehen gab. Im Anschluß daran brachte sich Khan mit der Äußerung ins Gespräch, er wünsche einen Kampf gegen den US-Star im Mai und werde ihn besiegen. Da Mayweather bei den beiden Kämpfen, die er jährlich über die Bühne bringt, stets in enger zeitlicher Nähe zu mexikanischen Feiertagen auftritt, wird er den Herbsttermin zum Unabhängigkeitstag mit Sicherheit nicht wegen Khan verschieben. Der frühere Weltmeister der WBA und IBF im Halbweltergewicht ist zwar in England außerordentlich populär, doch gilt das weit weniger für die USA. Dort kann er sich nicht auf eine große Fangemeinde stützen, die dem Sender Showtime eine gute Quote brächte. Mayweather braucht Gegner wie Saul "Canelo" Alvarez oder Miguel Cotto, die das hispanische Publikum massenhaft anziehen, um hohe Umsätze im Bezahlfernsehen zu generieren.

Da der Brite um dieses Manko weiß, versucht er um so mehr, eine öffentliche Herausforderung auszusprechen, die in den entsprechenden Medien Fuß faßt und ihn womöglich als potentiellen Herausforderer aufwertet. Nachdem er Mayweather gesehen habe, sei er sich sicher, ihn besiegen zu können, erklärte Khan. Floyd verfüge bekanntlich über keine herausragende Schlagwirkung, bewege sich träger als in der Vergangenheit, verlege sich nur noch auf Einzeltreffer und sei von Maidana häufig erwischt worden. Obgleich der Argentinier nun wirklich nicht der Schnellste sei, habe er doch diverse Schläge durchgebracht. Jetzt verstehe er endlich, warum Mayweather im Frühjahr nicht gegen ihn, sondern Maidana angetreten sei: Floyd habe Angst vor seiner Schnelligkeit und Explosivität, so der Brite. [1]

Mayweather hatte Anfang des Jahres seine Fans in den sozialen Medien abstimmen lassen, ob er im Mai gegen Khan oder Maidana antreten solle. Wenngleich der Brite bei dieser Umfrage besser abschnitt, erhielt der Argentinier den Zuschlag, weil Mayweather dämmerte, daß die Art der Umfrage kaum mit der Neigung der Boxfans in ihrer Mehrheit korrespondierte. Davon abgesehen galt Maidana zu diesem Zeitpunkt schlichtweg als der bessere Boxer, zumal er im Dezember 2013 Adrien Broner als WBA-Weltmeister entthront hatte.

Amir Khan hatte Marcos Maidana zwar 2010 knapp besiegt, dabei aber am Rande eines Niederschlags gestanden. In der zehnten Runde wäre es um den Briten geschehen gewesen, hätte Ringrichter Joe Cortez nicht immer wieder unterbrochen, um die Kämpfer zu trennen. Der Argentinier bearbeitete den sichtlich angeschlagenen Gegner aus der Nahdistanz, wurde aber vom Referee daran gehindert, den Briten auf die Bretter zu schicken und den Kampf für sich zu entscheiden. Zieht man einen Quervergleich, so hatte Khan ungleich größere Probleme mit Maidana als Mayweather.

Bezeichnenderweise ließ sich der Brite nie auf eine Revanche mit dem Argentinier ein, obgleich dieser mehrfach einen Rückkampf forderte. Aus heutiger Sicht kann man sich schwer vorstellen, daß Khan ein zweites Mal gewonnen hätte, da es ihm kaum gelungen wäre, sich Maidana erfolgreich vom Leib zu halten. Um zu verhindern, daß ihn ein anderer Gegner im Infight von den Beinen holt, hat sich Khan in jüngerer Zeit auf unablässiges Klammern bis hin zum Schwitzkasten verlegt. Auf diese Weise fuhr er einige Siege ein, erntete aber abfällige Kritiken, die seiner Popularität nicht gerade förderlich waren.

Derzeit scheint ihm vor allem daran gelegen zu sein, Floyd Mayweather schlechtzureden und das eigene Licht nicht unter den Scheffel zu stellen. Das Alter habe Mayweather eingeholt, der den Zenit seines Könnens nur noch im Rückspiegel sehe. Nie zuvor habe er so viele Treffer einstecken müssen und so wenig geschlagen, wie im Kampf gegen Maidana und dessen langsame Hände. Er selbst sei nicht nur größer als Floyd, sondern könne ihn mit dem Jab fast nach Belieben treffen und mit Kombinationen traktieren, die ihn in größte Schwierigkeiten brächten. Es wäre wie ein Schachspiel, dessen Sieger nur Amir Khan heißen könne.

Wollte der Brite seinen kühnen Worten tatsächlich Taten folgen lassen, müßte er sich für seinen nächsten Auftritt am 6. Dezember einen hochklassigen Gegner aussuchen und ihn überzeugend besiegen. Im Gespräch sind Josesito Lopez, Robert Guerrero und Devon Alexander, doch kursieren bereits Gerüchte, daß mit Lopez der schwächste in diesem Trio den Zuschlag bekommen wird. Sollte das zutreffen, hätte man einen Gegner ausgewählt, der nicht in den Top 15 plaziert ist und gegen Maidana wie auch Saul Alvarez vorzeitig verloren hat. Vor wenigen Tagen hatte Lopez allergrößte Probleme, sich nach Punkten gegen den allenfalls zweitklassigen Rafael Cobos durchzusetzen.

Wie Khan erklärte, arbeite er gerade mit seinem Berater Al Haymon etwas aus und werde den Gegner in Kürze bekanntgeben. Er wolle nur gegen die Besten antreten und würde am liebsten mit Manny Pacquiao oder Floyd Mayweather in den Ring steigen. Er kenne eine Menge weiterer Kandidaten, die ihm jedoch aus dem Weg gingen. Auch ein Duell mit Kell Brook schließe er nicht aus, sofern es Sinn macht. Das klingt nicht gerade danach, als dränge es den Briten, gegen seinen Landsmann Brook oder einen anderen namhaften Gegner wie Keith Thurman anzutreten, um sich als Herausforderer Pacquiaos oder Mayweathers zu empfehlen.

Seit seinen Niederlagen gegen Danny Garcia und Lamont Peterson hat Khan zweitklassige Gegner wie Carlos Molina und Julio Diaz besiegt und den überbewerteten Luis Collazo geschlagen. Offenbar zieht es Al Haymon vor, auf Nummer sicher zu gehen und den Briten in erster Linie vor einer Niederlage zu bewahren, die ihn aller Chancen berauben würde, doch noch einen großen Zahltag mit Floyd Mayweather einzufahren.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2014/09/khan-i-know-i-can-beat-mayweather-i-want-to-fight-him-in-may/#more-181785

16. September 2014