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MELDUNG/1598: Wer will es ihm verdenken ... (SB)




Jermain Taylor verteidigt seinen Titel gegen Sergio Mora

Herausragender Akteur im Mittelgewicht ist der WBA-Superchampion Gennadi Golowkin, der die Konkurrenz auch über seine angestammte Gewichtsklasse hinaus in den Schatten stellt. Als regulärer Weltmeister dieses Verbands firmiert der US-Amerikaner Daniel Jacobs, der damit eine Etage unter dem Kasachen anzusiedeln ist. Den Titel des WBC hält mit dem Puertoricaner Miguel Cotto der in den USA populärste Boxer dieses Limits. Die Trophäe der WBO hat sich kürzlich der Ire Andy Lee gesichert, und beim Verband IBF steht Jermain Taylor an der Spitze.

Taylor hatte mit seinem Sieg über Bernard Hopkins im Jahr 2005, der ihn zum Weltmeister aller vier maßgeblichen Verbände im Mittelgewicht machte, den Höhepunkt seiner Karriere erreicht. Seine erste Ära als Champion endete, als er 2007 von Kelly Pavlik entthront wurde. Zwischen 2007 und 2009 verlor Taylor vier von fünf Kämpfen, wobei er bei seiner Niederlage gegen Arthur Abraham zum Auftakt des Super-Six-Turniers im Oktober 2009 eine Gehirnblutung davongetragen hatte, die den Ausschlag für seine darauf folgende zweijährige Pause gab.

Ende 2011 kehrte der US-Amerikaner in den Ring zurück und setzte sich in vier Auftritten durch, worauf er an Nummer 15 der IBF-Rangliste geführt wurde. Diese Position, eine ansehnliche Börse und ein Name, der glanzvolle Erinnerungen wachrief, bewogen den Australier Sam Soliman, bei seiner ersten Verteidigung des IBF-Titels Taylor den Zuschlag zu geben. Da ungewiß war, ob der frühere Champion noch einmal an seine damaligen Leistungen anknüpfen könnte, wandten Kritiker ein, er habe diese Chance nicht verdient. Die Würfel waren jedoch gefallen, und so stieg der fast 41jährige Australier am 8. Oktober in Biloxi mit diesem Herausforderer in den Ring.

Der Kampf verlief unspektakulär und ausgeglichen, bis sich Soliman in der siebten Runde eine schwere Knieverletzung zuzog, die seine Bewegungsmöglichkeiten weitgehend einschränkte. Obgleich er in der Folge vier Niederschläge hinnehmen mußte, hielt er tapfer bis zum Ende durch und verlor schließlich nach Punkten. Man konnte Jermain Taylor bei diesem Titelgewinn eine beachtliche Vorstellung attestieren, da er nach wie vor eine enorme Schlagwirkung aufzubieten hatte, robust boxte, seinen gefährlichen Jab geschickt einsetzte und die zweite Hälfte des Kampfs dominierte. Offen blieb allerdings, wie das Duell ohne die Verletzung des Australiers ausgegangen wäre, die dem Herausforderer freie Bahn verschaffte.

Damit endete die allzu kurze Regentschaft des Australiers Sam Soliman, der lange Jahre als Lastwagenfahrer gearbeitet und nur nebenbei geboxt hatte. Ihm wäre es zu wünschen gewesen, sein spätes Dasein als Vollzeitprofi und Weltmeister noch etwas länger genießen und mit seiner Bodenständigkeit den aufgeblasenen Starkult vieler Zunftgenossen konterkarieren zu können.

Bei seiner ersten freiwilligen Verteidigung des IBF-Titels im Mittelgewicht trifft der 36jährige Jermain Taylor am 6. Februar wiederum in Biloxi, Mississippi, auf den zwei Jahre jüngeren Sergio Mora aus Los Angeles. Während der Weltmeister 33 Auftritte gewonnen und vier verloren hat, kann der Herausforderer mit 27 Siegen, drei Niederlagen und zwei Unentschieden aufwarten. Für Taylor, der gegen Kelly Pavlik, Carl Froch und Arthur Abraham vorzeitig verloren hat, ist Mora eine ideale Option, weil dieser nicht sonderlich wirkungsvoll zuschlagen kann. Mit solchen Kontrahenten ist Taylor stets gut zurechtgekommen, weshalb er als eindeutiger Favorit in dem bevorstehenden Kampf gilt.

Sergio Mora war in der Vergangenheit sogar für kurze Zeit WBC-Champion im Halbmittelgewicht, als er den inzwischen verstorbenen Vernon Forrest im Juni 2008 besiegt hatte. Nur drei Monate später kam es zur Revanche, bei der Forrest deutlich besser in Form und hochmotiviert antrat, so daß er sich einstimmig nach Punkten durchsetzen und den Titel zurückholen konnte. Nach dieser Niederlage stagnierte die Karriere Moras, der für lange Zeit keine weitere Titelchance mehr bekam. In den Jahren 2011 und 2012 unterlag er Brian Vera, worauf er nur noch gegen relativ schwache Gegner antrat und zuletzt Grzegorz Proksa, Milton Nunez, Samuel Rogers und Dashon Johnson besiegt hat. Mora wird in den Top 15 der Verbände WBC (10) und IBF (14) geführt, wobei es nicht zuletzt dem Einfluß seines Beraters Al Haymon zu verdanken sein dürfte, daß er den Titelkampf bekommen hat.

Daß sich Jermain Taylor bei seiner freiwilligen Titelverteidigung mit der Wahl eines namhaften Gegners in Gefahr bringen würde, war nicht zu erwarten. Schon die Chance, gegen Sam Soliman antreten zu können, war ein ausgesprochener Glücksfall, wie auch der Verlauf des Kampfs gegen den Australier Taylor überaus zustatten kam. Folglich suchte er sich einen Kandidaten vom Ende der Rangliste aus, um seinen Status als Weltmeister zu wahren. Sollte er sich gegen Mora durchsetzen, wartet mit dem früheren WBO-Champion Hassan N'Dam der Pflichtherausforderer auf ihn, der ihn vor erheblich größere Probleme stellen dürfte.

Promoter Lou Dibella wertete gegenüber Dan Rafael von ESPN.com den kommenden Kampf mit den Worten auf, er sei von hoher Qualität und gebe Taylor Gelegenheit zu einer freiwilligen Titelverteidigung, bevor das Duell mit dem Pflichtherausforderer anstehe. Und Sergio Mora biete sich die einmalige Chance, auf den Thron des Weltmeisters zurückzukehren. [1]


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/01/jermain-taylor-defends-ibf-title-against-sergio-mora-on-26-in-biloxi-miss/#more-186246

5. Januar 2015


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