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MELDUNG/1701: Klappern gehört zum Geschäft (SB)



Amir Khan stellt sein Licht nicht unter den Scheffel

Amir Khan hofft noch immer auf den Jackpot in Gestalt eines Kampfs gegen Floyd Mayweather, wenn dieser im Herbst seine Abschiedsvorstellung gibt. Woher der 28jährige Brite die Überzeugung nimmt, er werde dem US-Star die erste Niederlage in dessen 19 Jahre währender Profikarriere beibringen, steht in den Sternen. Obgleich Mayweather soeben seinem ewigen Rivalen Manny Pacquiao eine Lektion in Boxkunst erteilt hat, meint Khan, ihm allein werde das sensationelle Kunststück gelingen, weil seine Kampfesweise Gift für den Amerikaner sei.

Noch hat sich Mayweather nicht geäußert, wem er die Gunst der vermutlich allerletzten Chance zu gewähren gedenkt, ihm die bislang makellose Bilanz von 48 gewonnenen Kämpfen zu verderben. Erfahrungsgemäß wägt der beste Boxer aller Gewichtsklassen die Optionen lange und sorgfältig ab, ehe er grünes Licht für den nächsten Gegner gibt. Khan nutzt daher die Aufregung um Mayweathers Sieg über Pacquiao, um sich wie selbstverständlich als Kandidat ins Gespräch zu bringen.

Einen oder gar mehrere Titel könnte der Brite dabei freilich nicht gewinnen, da der US-Star angekündigt hat, er werde sämtliche Gürtel zurückgeben, weil diese keinerlei Bedeutung mehr für ihn hätten. Khan würde jedoch die mit Abstand höchste Börse seine Karriere einstreichen und im Falle eines achtbaren Auftritts an Reputation gewinnen, hätte er sich doch mit dem Besten gemessen.

Er sei überzeugt, Mayweather schlagen zu können, und dessen Lager wisse nur zu gut, daß sich dieser aufregende Kampf ausgezeichnet vermarkten ließe. Es wäre ein außergewöhnliches Duell, das Boxfans in aller Welt faszinieren würde, so der britische Weltergewichtler. Dank seiner Größe, Schnelligkeit und Schlagwirkung habe er entscheidende Vorteile gegenüber dem US-Amerikaner.

Wenngleich Amir Khan in der Tat größer als Mayweather ist, böte er diesem doch bei seinen oftmals weiträumigen Schlägen ein relativ leichtes Ziel. Da der Brite jedoch nicht so energisch angreift wie Manny Pacquiao, sondern häufig auf dem hinteren Fuß stehend boxt, käme dabei vermutlich ein eher unansehnlicher Kampf heraus. Bei einem Abtausch einzelner Schläge wäre Khan unterlegen, da ihn Mayweathers Umgang mit den Distanzen vor unlösbare Probleme stellen würde, zumal er selber in turbulenten Aktionen häufig die Übersicht verliert.

Zuallererst müsse er sich aber um Chris Algieri kümmern, übersieht der Brite zumindest nicht seinen nächsten Kampf. Er sei zwar im Prinzip bereit, auf Mayweathers Vorstellungen einzugehen, doch müsse er diese mit seinem eigenen Zeitplan abstimmen. Sollte ein Termin noch in diesem Jahr oder Anfang 2016 möglich sein, sei er definitiv mit von der Partie. Diese Aussage mutete nachgerade befremdlich an, müßte Khan doch bekannt sein, daß der US-Star seine Karriere mit einem letzten Auftritt Mitte September beschließen will und bislang nicht die geringste Andeutung gemacht hat, er könne es sich womöglich noch einmal anders überlegen. [1]

Damit nicht genug, behauptet Amir Khan sogar, die Manager Floyd Mayweathers und Manny Pacquiaos hätten ihm mitgeteilt, daß die beiden als nächstes gegen ihn kämpfen wollten. Leonard Ellerbe habe ihm versichert, daß Floyd dazu bereit sei, und gleiches gelte für Mannys Team, das ebenfalls einen Kampf gegen ihn favorisiere. Khan wähnt sich in prominenter Position, es mit beiden aufzunehmen, wobei er Floyd Mayweather zeitlich vorziehen würde. Daß man auf diese angeblichen Zusagen etwas geben kann, darf jedoch bezweifelt werden, da Khan die beiden prominenten Namen beständig im Munde führt, als komplettiere er sie zu einem Trio weltweit führender Akteure im Weltergewicht.

Sein Kampf gegen Chris Algieri sollte eigentlich eine recht leicht zu bewältigende Durchgangsstation sein, da der US-Amerikaner dem Halbweltergewicht noch nicht so lange entwachsen ist wie der Brite, über keine nennenswerte Schlagwirkung verfügt und zuletzt gegen Manny Pacquiao sechsmal am Boden gelegen hat, ehe er sich nach Punkten geschlagen geben mußte. Mit der Wahl dieses Gegners handelte sich Khan harsche Kritik ein, da man ihm einmal mehr vorwarf, er suche sich körperlich unterlegene und relativ ungefährliche Gegner aus. Selbst ein klarer Sieg über Algieri könne keine Empfehlung für einen Kampf gegen Mayweather sein. [2]

Da Amir Khan wegen des Ramadan einen Kampf im September stets ausgeschlossen hat, während Mayweather keinen Schritt von seinem angestammten Termin und dem Austragungsort Las Vegas abweichen wird, ist das Gerede des Briten ohnehin Makulatur. Was aber Manny Pacquiao betrifft, wird ihm Top Rank nach der deprimierenden Niederlage höchstwahrscheinlich einen Aufbaugegner aus den eigenen Reihen vorsetzen, damit der Philippiner wieder Tritt fassen kann. Wenngleich es nicht an Beispielen schwadronierender Kandidaten fehlt, die ihren Wunschkampf am Ende tatsächlich herbeigeredet haben, kann man sich der Motive des Briten nicht sicher sein: Vielleicht glaubt er sogar allen Ernstes, in einer Liga mit Mayweather zu boxen, und würde sich tatsächlich gern mit ihm messen. Ebensogut könnte es sich im Gegenteil um den Versuch handeln, Mayweather und Pacquiao konsequent aus dem Weg zu gehen, ohne dadurch einen Gesichtsverlust zu riskieren.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/05/khan-i-believe-i-have-mayweathers-number/#more-192456

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/05/so-who-takes-over-as-the-man-once-mayweather-and-pacquiao-retire/#more-192342

5. Mai 2015


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