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MELDUNG/1824: Zwei Alphatiere auf Kollisionskurs (SB)



Andre Ward und Sergej Kowaljow kreuzen Ende 2016 die Klingen

Andre Ward, der in 28 Profikämpfen ungeschlagene Superchampion der WBA im Supermittelgewicht, hat einen Vertrag über drei Auftritte mit dem Sender HBO abgeschlossen. Im dritten Kampf dieser Serie soll der 32 Jahre alte Kalifornier aus Oakland Ende 2016 auf Sergej Kowaljow treffen, den Superchampion der WBA sowie Weltmeister der WBO und IBF im Halbschwergewicht. Ward wird aller Voraussicht nach am 21. November im Vorprogramm des Titelkampfs zwischen WBC-Champion Miguel Cotto und Saul "Canelo" Alvarez, der im Mittelgewicht ausgetragen wird, in den Ring steigen.

Als möglicher Gegner ist der australische Supermittelgewichtler Rohan Murdock im Gespräch, der 18 Siege und eine Niederlage auf dem Konto hat und in der WBO-Rangliste an Nummer sechs geführt wird. Murdock würde wahrscheinlich im Halbschwergewicht gegen Ward antreten, der in den letzten vier Jahren nur zwei Kämpfe bestritten hat und deswegen wieder in Schwung kommen will, bevor er auf Kowaljow trifft. Bei seinem letzten Auftritt trug Andre Ward einen unangefochtenen Sieg über Paul Smith davon, der dabei heillos überfordert war. Der 23jährige Murdock dürfte ein gefährlicherer Gegner als der Brite sein, da er jünger, konditionell stärker und mit einer besseren Schlagwirkung ausgestattet ist, so daß man von einem attraktiveren Kampf ausgehen kann.

Durch Wards Aufstieg ins Halbschwergewicht ist ein Kampf gegen Gennadi Golowkin endgültig vom Tisch, zumal der Superchampion der WBA sowie Weltmeister der IBF und IBO im Mittelgewicht nach seinem Sieg über den Kanadier David Lemieux einen gewaltigen Sprung nach oben in der Gunst des Publikums gemacht hat. Hingegen hat sich Ward, der trotz seines Könnens ohnehin nie sonderlich populär war, aufgrund seiner spärlichen Auftritte vollends ins Abseits manövriert. Während der Kasache einen glänzenden Einstand im Bezahlfernsehen gegeben hat, tritt Ward demnächst im Vorprogramm womöglich gegen den wenig bekannten Murdock an. Das allein zeigt schon, welche Spanne ihn inzwischen von Golowkin trennt.

Dessen Trainer Abel Sanchez geht nicht davon aus, daß sich Andre Ward gegen Sergej Kowaljow durchsetzen kann. Ein günstiger Zeitpunkt wäre seines Erachtens 2011 gewesen, nachdem der Kalifornier das Super-Six-Turnier gewonnen hatte und zum weltbesten Akteur seiner Gewichtsklasse aufgestiegen war. Inzwischen gehört der Russe jedoch zu den führenden Boxern der gesamten Branche und ist ständig auf der Suche nach weiteren prominenten Opfern, während Ward viel zu lange auf attraktive Angebote gewartet hat, die nicht kamen. Kowaljow schlägt einen beeindruckenden Jab und mit der Rechten so gewaltig zu, daß ihn der ständig klammernde und wühlende Kalifornier kaum bremsen kann.

Wie Sanchez zudem anmerkt, habe Ward bei Abschluß seines Vertrags mit dem neuen Promoter Roc Nation zunächst zwei Aufbaukämpfe ins Auge gefaßt. Wenn er nun auch noch ins Halbschwergewicht aufsteige und dort auf längere Sicht gebunden sei, werde Golowkins Team unterdessen natürlich nicht untätig herumsitzen und auf ihn warten. [1]

Inzwischen ist auch von Sergej Kowaljows Seite das Vorhaben bestätigt worden, im Spätherbst 2016 auf Andre Ward zu treffen. Der Russe will ebenfalls zwischenzeitlich zwei Kämpfe bestreiten, wobei für den 30. Januar eine Revanche gegen Jean Pascal ins Auge gefaßt ist. Ursprünglich wollte Kowaljow am 28. November in Moskau auftreten, doch dieser Plan wurde fallengelassen, als sein Promoter Main Event Gespräche mit HBO über die Serie von drei Kämpfen im kommenden Jahr aufnahm.

Wie Kathy Duva von Main Events mitteilt, sei ein Rückkampf gegen Jean Pascal nicht die erste Wahl gewesen, nun aber in den Fokus gerückt. Sie habe gemeinsam mit dessen beiden Promotern versucht, einen Kampf Pascals gegen WBC-Weltmeister Adonis Stevenson im Dezember oder Januar auf den Weg zu bringen, dem ein Duell des Siegers mit Sergej Kowaljow im Frühjahr 2016 folgen sollte. Selbst HBO sei mit Boot gewesen, obgleich Stevenson bei Al Haymon unter Vertrag steht, mit dem der Sender über Kreuz ist. Auch Stevensons kanadischer Promoter Yvon Michel schien Duva zufolge nicht abgeneigt zu sein, doch als die gesetzte Frist ohne Antwort verstrichen war, habe man umdisponiert.

Wie Yvon Michel gegenüber ESPN.com dazu erklärte, sei man leider nicht in der Lage gewesen, die Offerte in dieser Frist zu beantworten. Man plane jedoch, Stevenson gegen den besten verfügbaren Gegner antreten zu lassen, bei dem es sich um den Sieger des Kampfs zwischen Kowaljow und Pascal handeln könnte. Daß Michel um den heißen Brei herumredet, läßt darauf schließen, daß Al Haymon, der sich selbst so gut wie nie persönlich äußert und selten öffentlich in Erscheinung tritt, kein grünes Licht gegeben hat.

Im ersten Kampf zwischen Sergej Kowaljow und dem früheren Weltmeister Jean Pascal aus Kanada, der in Montreal ausgetragen wurde, behielt der Russe in der achten Runde endgültig die Oberhand. Am 25. Juli bestritt der Champion in Las Vegas eine nicht länger zu verschiebende Titelverteidigung gegen den Pflichtherausforderer Nadjib Mohammedi aus Frankreich, der bereits in der dritten Runde die Segel streichen mußte. Während sich der ungeschlagene Russe erneut in glänzender Verfassung präsentierte und seine Bilanz auf 28 Siege sowie ein Unentschieden ausbaute, machte Pascal im Vorprogramm keine gute Figur. Er setzte sich zwar einstimmig nach Punkten gegen den Kubaner Yunieski Gonzalez durch, dessen erste Niederlage jedoch nach Meinung vieler Beobachter auf einem Fehlurteil beruhte. [2]

Da damals fast alle Medienvertreter am Ring einschließlich des renommierten HBO-Experten Harold Lederman Jean Pascal im Hintertreffen oder bestenfalls ein Unentschieden gesehen hatten, löst die geplante Revanche gegen Sergej Kowaljow nicht gerade Begeisterungsstürme aus. Obgleich Pascal wie schon gegen den Russen und im Kampf mit Gonzalez stets für einen turbulenten Auftritt gut ist, rechnet doch kaum jemand damit, daß er im zweiten Anlauf besser abschneiden könnte. Wie Kathy Duva schon sagte, war dieser Rückkampf nicht die erste Wahl, doch gehen dem Russen schlichtweg die namhaften Gegner aus, da er Bernard Hopkins besiegt hat und Adonis Stevenson von ihm ferngehalten wird.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/10/andre-ward-signs-three-fight-contract-with-hbo/#more-200896

[2] http://espn.go.com/blog/dan-rafael/post/_/id/14291/kovalev-pascal-rematch-being-worked-for-january

23. Oktober 2015


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