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MELDUNG/1827: Graue Eminenz verbucht juristischen Etappensieg (SB)



Rückschlag für Bob Arum im Rechtsstreit mit Al Haymon

Bob Arum muß im Zuge seiner Klage gegen Al Haymon, den einflußreichen Berater von mittlerweile mehr als 200 namhaften Boxern und Schöpfer des Formats "Premier Boxing Champions", einen gravierenden Rückschlag hinnehmen. Der auch mit 83 Jahren noch immer unerhört rührige Promoter hatte im Juli seinen mächtigsten Konkurrenten vor dem U.S. District Court in Los Angeles auf 100 Millionen Dollar verklagt. In einer schriftlichen Begründung hat nun der Richter John H. Walter den Vorwurf von Verstößen gegen die Antitrust-Gesetze als unbegründet zurückgewiesen, der zu den Kernargumenten Arums gehörte. Zudem gab Walter dem Antrag der Mitangeklagten Waddell & Reed statt, aus dem Verfahren entlassen zu werden. Bei Waddell & Reed handelt es sich um eine Investmentgruppe mit Sitz in Kansas City, die aus ihrem 40 Milliarden Dollar schweren Hedgefonds mehr als 400 Millionen Dollar zur Finanzierung der Serie "Premier Boxing Champions" eingebracht hat.

Mit Hilfe dieser Gelder hat Al Haymon Sendezeit bei zahlreichen Fernsehanbietern wie NBC, NBC Sports Net, CBS, ESPN/ESPN Deportes, Spike TV, Bounce TV und Fox Sports 1/Fox Deportes gekauft, die er mit Boxveranstaltungen aus seinem enormen Arsenal bedient. Haymon ist zugleich bei Showtime im Bezahlfernsehen präsent, das zwar den Löwenanteil der Einkünfte im US-amerikanischen Boxgeschäft generiert, jedoch angesichts seiner teuren Buchungsgebühren lediglich eine Nische zahlungskräftiger Zuschauer bedient. Über die erworbene Sendezeit bei zahlreichen Sendern bringt Haymon den Boxsport ins kostenlose und flächendeckende Fernsehen zurück, was ihm viele Akteure der Branche zugute halten.

Konkurrenten wie Bob Arum (Top Rank) oder Oscar de la Hoya (Golden Boy) werfen Al Haymon hingegen vor, er baue mit unlauteren Mitteln Zug um Zug eine Monopolstellung aus, die es ihm künftig erlauben könnte, die Verwertungsbedingungen zu diktieren und enorme Profite einzufahren. Sein Bestreben, Sendezeit bei zahlreichen Sendern zu erwerben, ziele auf die Schädigung seiner Konkurrenten ab. Dank seiner Investoren könne er kurzfristige Verluste in Millionenhöhe in Kauf nehmen, bis die Konkurrenz aus dem Geschäft gedrängt sei. Sobald er zum Monopolisten aufgestiegen sei, werde er sich durch hohe Preise schadlos halten.

Neben dem Vorwurf des Verstoßes gegen Antitrust-Gesetze, der nun zurückgewiesen wurde, stützt sich die Klage vor allem auf den Muhammad Ali Boxing Reform Act, der es untersagt, gleichzeitig als Manager und Promoter tätig zu werden, da ersterer in treuhänderischer Pflicht steht und somit stets im besten Interesse des Boxers handeln sollte, was letzterem nicht auferlegt ist. Top Rank wirft Haymon vor, er übe für die bei ihm unter Vertrag stehenden Boxer de facto beide Funktionen aus, indem er Strohmänner als Promoter beschäftige, die seine Gebote in die Verhandlungen und Versteigerungen von Austragungsrechten einbrächten.

Namentlich Lou DiBella, Tom Browns TGB Promotions und Leon Margules' Warriors Boxing würden als Promoter auf Haymons Anweisung tätig, um so seine direkte Einflußnahme zu verschleiern. Haymon kaufe ihre Lizenz als Promoter, treffe alle maßgeblichen Entscheidungen und lasse die Gelder über seine Konten laufen. Während diese Strohmänner formal alle Verträge mit Veranstaltern, Sponsoren, Sendern und anderen Beteiligten abwickelten und sie der zuständigen Boxkommission vorlegten, handle es sich doch nur um eine Fassade. Haymon sitze gewissermaßen auf beiden Seiten des Tisches, wenn er gleichzeitig als Manager und Promoter seiner Boxer tätig werde, so der Vorwurf.

Wie Walter in seiner 24seitigen Begründung ausführt, habe Top Rank keine hinreichenden Fakten zur Erhärtung des Vorwurfs eingebracht, wonach Waddell & Reed eine rechtswidrige Vereinbarung zur Einschränkung des freien Handels eingegangen sei. Der Richter räumte Top Rank jedoch die Möglichkeit ein, bis spätestens 30. Oktober eine um Zusätze ergänzte Klage gegen Haymon erneut einzureichen, wovon der Kläger eigenen Angaben zufolge Gebrauch machen will.

Wie der Richter weiter ausführte, könnten andere Promoter möglicherweise durch Haymons Geschäftspraktiken beeinträchtigt worden sein. Die vorliegende Klage Top Ranks entbehre jedoch adäquater Beispiele, auf welche Weise dieses Unternehmen selbst geschädigt worden sei. Die erhobenen Vorwürfe, Haymon arbeite mit unlauteren Exklusivverträgen, Strohmännern als Promoter, Bestechungsgeldern und der Blockierung von Veranstaltungsstätten seien nicht hinreichend belegt. Tatsächlich habe Top Rank nicht einen einzigen Fall angeführt, in dem das Unternehmen auf diese Weise geschädigt worden sei, und keine Fakten vorgelegt, die auf seinen Ausschluß vom Markt hindeuteten.

Was die maßgeblichen Beteiligten von der aktuellen Entwicklung im Rechtsstreit halten, ist nicht bekannt. Bob Arum war auf Reisen und konnte zunächst für eine Stellungnahme nicht erreicht werden. Al Haymon spricht grundsätzlich nicht mit den Medien, und den Repräsentanten von "Premier Boxing Champions" ist es nicht gestattet, Kommentare in Eigenregie abzugeben. Die Golden Boy Promotions haben eine ähnlich gelagerte Klage in Höhe von 300 Millionen Dollar gegen Haymon und Waddell & Reed eingereicht, über die noch nicht entschieden ist. [1]

Wollte man auf dem Glatteis unwägbarer juristischer Grabenkämpfe eine Prognose wagen, so müßte sie nach Lage der Dinge wohl lauten, daß Bob Arum und mit ihm auch Oscar de la Hoya sein Pulver fast schon verschossen, Al Haymon hingegen einen richtungsweisenden Etappensieg davongetragen hat.


Fußnote:

[1] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/13942821/judges-dismisses-antitrust-claims-bob-arum-lawsuit-vs-al-haymon-premier-boxing-champions

27. Oktober 2015


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