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MELDUNG/1881: Abgesang in der Wiederholungsschleife (SB)



Pacquiaos Trilogie mit Bradley ruft Skepsis auf den Plan

Nur wenige Tage nach seiner Äußerung, er wolle seine Karriere fortsetzen, bis es zu einer Revanche mit Floyd Mayweather gekommen sei, hat Manny Pacquiao in einer erneuten verbalen Kehrtwende unterstrichen, daß der Kampf gegen Timothy Bradley am 9. April im MGM Grand in Las Vegas seine Abschiedsvorstellung sein werde. Der 37jährige will sich künftig voll und ganz auf seine weitere politische Laufbahn konzentrieren, wobei er zweifelsfrei davon auszugehen scheint, daß er im Mai in den Senat der Philippinen gewählt wird.

Ähnlich wie sein Erzrivale Mayweather geht auch Pacquiao bei seinem finalen Auftritt im Ring auf Nummer Sicher. Nachdem sein Promoter Bob Arum die Auswahl auf drei mögliche Gegner eingeengt, aber den Briten Amir Khan im Grunde selbst ausgeschlossen hatte, blieben nur Terence Crawford und Timothy Bradley übrig, die wie Pacquiao bei Top Rank unter Vertrag stehen. Arum hätte wohl Crawford vorgezogen, doch der Philippiner entschied sich dafür, ein drittes Duell mit Bradley auszutragen.

Kurzfristig gesehen macht es für den Promoter keinen Unterschied, da er die uneingeschränkte Verfügung über die Veranstaltungsrechte und damit die gesamten Einkünfte behält, solange zwei seiner Akteure miteinander in den Ring steigen. Sollte Pacquiao abgesehen von seinen politischen Ambitionen keine attraktive Perspektive im Boxsport mehr erkennen können, wäre dies nur zu verständlich. Nach einem Sieg gegen Bradley stünde Crawford an, der nicht allzu viel Geld, doch dafür beträchtliche Risiken mit sich brächte.

Unter der Regie des inzwischen 84 Jahre alten Bob Arum hat der Philippiner ein ums andere Mal gegen dieselben Kontrahenten aus dem Arsenal von Top Rank gekämpft: Viermal gegen Juan Manuel Marquez, dreimal gegen Erik Morales, zweimal gegen Marco Antonio Barrera und in Kürze dreimal gegen Bradley. Da sich inzwischen kaum noch jemand für weitere Wiederholungen begeistern dürfte, wäre ein Schlußstrich Pacquiaos sicher nicht die schlechteste Konsequenz.

Daher muß sich Arum langsam aber sicher mit dem Gedanken anfreunden, daß bald seine wichtigste Einnahmequelle verlorengeht, die auf absehbare Zeit nicht zu ersetzen ist. Der Halbweltergewichtler Terence Crawford und Felix Verdejo im Leichtgewicht sind derzeit seine aussichtsreichsten Kandidaten, die es eines Tages ins einträgliche Bezahlfernsehen schaffen könnten. Vorerst ist jedoch keiner von beiden auf dem Sprung, diese Hürde in der Gunst des zahlenden Publikums zu nehmen.

Hätte sich Pacquiao für Crawford entschieden, ginge im Falle einer Niederlage des Philippiners die Wachablösung aus Sicht Bob Arums erheblich leichtgängiger vonstatten. Manny Pacquiao war 2008 dank seines Sieges über den populären, aber alternden Oscar de la Hoya zum neuen Star aufgestiegen. Da ein entsprechendes Manöver nun aber ausgeschlossen ist, wird der Promoter sicher nichts unversucht lassen, den Philippiner doch zu einer befristeten Fortsetzung seiner Karriere im Ring zu bewegen. Das wäre unter den geschilderten Umständen wohl nur möglich, vollzöge Floyd Mayweather ebenfalls einen Sinneswandel. Ungeachtet des enttäuschenden Verlaufs ihres ersten Aufeinandertreffens, bei dem der an der Schulter verletzte Pacquiao wenig zu bestellen hatte, wäre eine Neuauflage sicher die finanziell ergiebigste Option für beide Parteien.

War schon Mayweathers Gegner Andre Berto beim Abschiedskampf eine Wahl, die bei vielen Fans für Enttäuschung sorgte, so gilt dasselbe für Pacquiaos Entscheidung. Timothy Bradley hatte den ersten Kampf nur dank eines krassen Fehlurteils gewonnen und die Revanche klar verloren, womit er de facto zweimal den kürzeren gegen den Philippiner gezogen hat. Folglich steht auch bei ihrem dritten Duell derselbe Ausgang zu erwarten, was der Spannung im Vorfeld zwangsläufig abträglich ist.

Wenngleich Bob Arum nicht müde wird, Bradley substantielle Fortschritte zu attestieren, findet man dafür keine eindeutigen Anhaltspunkte bei den letzten Auftritten des US-Amerikaners. Von Interesse ist allenfalls, ob Bradleys neuer Trainer Teddy Atlas am Ende doch Wunder wirken kann. An Erfahrung und Ideen fehlt es dem renommierten Coach sicher nicht, der seinerseits eine Strategie und Taktik ankündigt, die erfolgversprechend sei. Daß Atlas seinen Schützlingen die Hölle heiß machen kann, wenn sie in die Verliererstraße abzubiegen drohen, ist hinlänglich bekannt. Das allein reicht jedoch selten aus, um unzureichende boxerische Qualitäten zu kompensieren.

Die entscheidende Frage dürfte daher sein, ob der Trainer mit seinem Boxer Strategien erarbeiten kann, die dieser nicht schon in der Vergangenheit ohne Erfolg praktiziert hat. Da Bradley in seinen ersten beiden Kämpfen gegen Pacquiao verschiedene Vorgehensweisen ins Feld geführt hat, steht zu befürchten, daß nicht viel übrigbleibt, was der Philippiner nicht schon unbeeindruckt in die Tasche gesteckt hat. Im schlimmsten Fall muß sich Atlas damit begnügen, die Pausen mit dramatischen Appellen zu füllen und wenigsten so für Unterhaltung zu sorgen, die das Geschehen im Ring vermissen läßt. [1]

Natürlich ist nicht auszuschließen, daß Manny Pacquiao nach seiner Schulterverletzung nur noch eingeschränkt zu Werke gehen kann oder auf andere Weise seiner langen Karriere Tribut zollen muß. Sollte sich Timothy Bradley im dritten Anlauf nur deswegen durchsetzen, weil der Philippiner nicht mehr auf seinem früheren Niveau boxen kann, wäre dies der denkbar traurigste Verlauf eines Abgesangs, dem man ohnehin schon mit einer gehörigen Portion Skepsis entgegengesehen hatte.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2016/01/pacquiao-april-9-fight-timothy-bradley-will-last/#more-203769

7. Januar 2016


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