Schattenblick → INFOPOOL → SPORT → BOXEN


MELDUNG/1962: Warteschlange rechts überholt (SB)



David Haye und Shannon Briggs auf Kollisionskurs

Bei seinem Wiederaufstieg zum Gipfel des Schwergewichts hat David Haye einen weiteren schnellen Sieg eingefahren. Der 35 Jahre alte Brite hatte aufgrund von Verletzungen und anderen Widrigkeiten drei Jahre lang keinen Kampf mehr bestritten, so daß man kaum noch mit einer Fortsetzung seiner Karriere rechnete. Im Januar kehrte er jedoch in den Ring zurück, wo er nicht länger als 131 Sekunden benötigte, um den Australier Mark de Mori geschlagen auf die Bretter zu schicken. In der Londoner O2 Arena dauerte es diesmal nicht viel länger, da der in der Schweiz lebende Kosovo-Albaner Arnold Gjergjaj in der zweiten Runde die Segel streichen mußte.

Der 31jährige Gegner war zuvor in 29 Auftritten ungeschlagen, doch gegen den furios zur Sache gehenden Haye restlos überfordert. Dank seiner Schnelligkeit und Schlagwirkung noch immer ein aufregender Boxer, schickte der Brite den Kontrahenten bereits nach 40 Sekunden erstmals zu Boden. Gjergjaj wurde angezählt, kam rechtzeitig wieder auf die Beine und setzte den Kampf fort, doch lag er kurz vor Ende des ersten Durchgangs schon wieder auf den Brettern. Kaum war die zweite Runde eingeläutet, als ihn ein Jab erneut von den Beinen holte. Nach einer Minute und 35 Sekunden besiegelte Haye schließlich mit einer wuchtig vorgetragenen Kombination das Schicksal seines chancenlosen Gegners.

Viele Leute hätten ihn längst abgeschrieben, so der bekanntlich nie mundfaule Brite nach seinem zweiten raschen Erfolg. Er strebe jedoch bedeutende Kämpfe im nächsten Jahr an, wobei er an Gegner wie seinen Landsmann Anthony Joshua denke, den amtierenden Weltmeister der IBF. Das würde ihm und den allermeisten Fans sehr gefallen, doch zuerst sei Shannon Briggs an der Reihe. Den Volltreffern des "Hayemakers" sei kaum ein Schwergewichtler gewachsen, und auf diese Weise gedenke er auch Shannon Briggs und Anthony Joshua zu fällen. Da sämtliche namhaften Kandidaten derzeit beschäftigt gewesen seien, habe er eben den Gegner ausgesucht, der am längsten ungeschlagen war, begründete der Brite fast entschuldigend die Wahl Arnold Gjergjajs.

David Haye hat nun 27 Auftritte gewonnen und zwei verloren, wobei er 25 Gegnern vorzeitig das Nachsehen geben konnte. Mit gewaltigen Schwingern das Feld zu bestellen, zeichnet den zumeist attraktiv boxenden Briten nach wie vor aus, wobei natürlich erst anspruchsvollere Kontrahenten Aufschluß darüber geben können, welche Gefahr von ihm ausgeht. Er ist deutlich schwerer als vor seinem Exil, was dem ehemaligen Weltmeister Lennox Lewis Anlaß zu Bedenken gab, daß dieser Gewichtszuwachs zu Lasten der Schnelligkeit gehen könnte. Von einem solchen Manko war gegen Gjergjaj nichts zu sehen, wobei Haye freilich ungehindert schalten und walten konnte. [1]

Um es mit den Weltmeistern Anthony Joshua (IBF), Tyson Fury (WBA, WBO, IBO) und Deontay Wilder (WBC) aufzunehmen, muß David Haye noch eine Menge Trainingsarbeit investieren. Ob es bereits für Shannon Briggs reicht, wird sich voraussichtlich im September zeigen, wobei dem Briten diesmal ein Partner zur Seite steht, der ebenso geringe Hemmungen wie er selber hat, in der Bewerbung der eigenen Person und eines erhofften Auftritts jedes Niveau zu unterbieten. Die besten Tage des US-Amerikaners, für den 60 Siege, sechs Niederlagen sowie ein Unentschieden zu Buche stehen, liegen bekanntlich lange zurück. Vor zehn Jahren war er kurzzeitig Weltmeister der WBO und vor sechs Jahren wurde er von Vitali Klitschko malträtiert.

Andererseits ist er körperlich noch immer in ausgezeichneter Verfassung und kann gewaltig zuschlagen, was im Vorprogramm der Veranstaltung in London der Argentinier Emilio Zarate zu spüren bekam. Briggs kam aus seiner Ecke gestürmt und traktierte den 34jährigen Kontrahenten sofort mit Schlägen zum Körper, der dieser Wucht nicht lange standzuhalten vermochte. Ein gewaltige Linke fuhr Zarate derart in die Seite, daß er zu Boden stürzte und nach 2:22 Minuten der ersten Runde aus dem Kampf genommen wurde.

Während Briggs in der Vergangenheit zumeist zum Kopf seiner Gegner geschlagen hatte, verlegte er sich seit seinem Comeback im Jahr 2014 vornehmlich auf Körpertreffer, die ihm eine weniger aufwendige, aber durchaus wirkungsvolle Kampfesweise ermöglichen. Er hat seither sieben von neun Kämpfen in der ersten Runde gewonnen, einen in der zweiten und nur einen einzigen nach vollen zwölf Runden. Wenngleich er dabei keine allzu gefährlichen Kontrahenten zur Strecke brachte, legte er doch eine beeindruckende Serie schneller Erfolge vor.

Mit seinem problemlosen Sieg im Vorprogramm David Hayes hat der 44jährige Briggs den Weg zu ihrem für September geplanten Duell geebnet. Der Brite sei nur ein mittelmäßiger und maßlos überschätzter Boxer, um den viel zuviel Wind gemacht werde, schoß sich der US-Amerikaner sofort auf seinen nächsten Gegner ein. Er werde Haye die Butter vom Brot nehmen und selber für viel Geld gegen Anthony Joshua antreten. Er liebe England und sei gekommen, um zu bleiben. Ihn werde man nicht mehr los, und sobald er David Haye vor die Fäuste bekomme, werde er ihn ins Reich der Träume schicken. [2]

Vor diesem Auftritt des US-Amerikaners lag die Vermutung nahe, Haye werde Briggs mit seinen mächtigen Schwingern kurzerhand beiseite fegen. Nun steht die Frage im Raum, wie der Brite mit den wuchtigen Körpertreffern fertig wird, die Briggs plazieren dürfte. Mit ihren fulminanten Siegen haben die beiden Akteure beste Voraussetzungen dafür geschaffen, von einem spannenden Duell mit ungewissem Verlauf auszugehen. Auf diese Weise haben sie sich nachhaltig ins Gespräch gebracht, so daß der Sieger ihres Aufeinandertreffens gute Aussichten hat, sich an der langen Warteschlange anderer Anwärter vorbei für einen Titelkampf zu empfehlen. [3]


Fußnoten:

[1] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/15649026/david-haye-needs-less-two-rounds-see-arnold-gjergjaj-london

[2] http://www.boxingnews24.com/2016/05/haye-smashes-gjergjaj/#more-210549

[3] http://www.boxingnews24.com/2016/05/shannon-briggs-destroys-emilio-ezequiel-zarate/#more-210545

24. Mai 2016


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang