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MELDUNG/2018: Kaum Rost angesetzt (SB)



Mikey Gracia meldet sich in ausgezeichneter Verfassung zurück

Nach einer langen Abwesenheit von zweieinhalb Jahren hat sich Mikey Garcia in ausgezeichneter Verfassung zurückgemeldet. In einem Kampf des Halbweltergewichts, der im Barclays Center in Brooklyn über die Bühne ging, setzte sich der frühere Weltmeister in zwei Gewichtsklassen in der fünften Runde gegen Elio Rojas durch, einen ehemaligen Champion im Federgewicht. Garcia hatte zuletzt am 25. Januar 2014 im Ring gestanden und dabei Juan Carlos Burgos nach Punkten besiegt. Obgleich er damals im Begriff stand, seine erste Börse in Millionenhöhe zu erzielen, kam es zum Rechtsstreit mit seinem Promoter Top Rank, von dem er sich nicht angemessen vertreten und gefördert fühlte. Diese Kontroverse zog sich lange hin und konnte erst vor wenigen Monaten beigelegt werden. Seither vermarktet er sich in Eigenregie, was es ihm erlaubte, einen Vertrag für den Kampf gegen Rojas mit Promoter Lou DiBella und dem Sender Showtime abzuschließen.

Wenngleich der Kampf im Vorprogramm des hochklassigen Duells zwischen Leo Santa Cruz und Carl Frampton ausgetragen wurde, das der Nordire für sich entscheiden konnte, stand er keineswegs im Schatten des Hauptereignisses. Daß einige Experten sogar der Auffassung waren, es habe sich um den eigentlichen Höhepunkt des Abends gehandelt, verdankte sich insbesondere Garcias dynamischem Auftritt mit diversen Niederschlägen. Der 28jährige aus Riverside in Kalifornien ist nun in 35 Auftritten ungeschlagen, während für seinen fünf Jahre älteren Kontrahenten aus der Dominikanischen Republik 24 Siege und drei Niederlagen verbucht sind.

Berücksichtigt man, wie lange Garcia keinen Kampf mehr bestritten hatte, mutet seine von Beginn an offensive und wirkungsvolle Vorgehensweise um so bemerkenswerter an. Bereits in der ersten Runde mußte Rojas nach einem Körpertreffer zu Boden gehen, was Ringrichter Eddie Claudio jedoch nicht als Niederschlag wertete, da er der Auffassung war, es habe sich lediglich um ein Ausrutschen gehandelt. In den ersten beiden Durchgängen setzte der Kalifornier seinem Gegner beharrlich nach, doch schlug er nur spärlich mit voller Wucht zu, als warte er auf einen günstigen Augenblick. Da der etwas größere Rojas ständig in Bewegung blieb und alle Fallen mied, bot er nur selten ein statisches Ziel. [1]

Das änderte sich Mitte der dritten Runde, als ihm Garcia den Weg abschnitt und ihn an den Seilen stellte. Nach einer wuchtigen Rechten zum Kopf sackte Rojas nieder und als er wieder auf die Beine gekommen war, folgte wenig später ein weiterer Niederschlag. Wenngleich das noch nicht das Ende war, zeichnete sich doch in dieser Phase ab, daß der Kampf nicht über die volle Distanz gehen würde. Rojas, der dank seiner enormen Nehmerqualitäten den folgenden Durchgang überstand, stürzte in der fünften Runde nach einer präzisen Linken an die Schläfe mit dem Gesicht voran auf die Matte. Er raffte sich wiederum auf, doch als der Kampf freigegeben war, schickte ihn Garcia mit einer Kombination aus einem linken Haken und einem rechten Uppercut erneut zu Boden.

Obgleich Rojas auch diesmal nicht ausgezählt wurde, erklärte der Referee den Kampf nach 2:02 Minuten des Durchgangs für beendet. Das war eine weise Entscheidung, da andernfalls weitere Niederschläge gedroht hätten, deren mögliche gesundheitlichen Folgen unvertretbar gewesen wären. Laut der Statistik von CompuBox hatte Garcia 53 von 126 Schlägen ins Ziel gebracht (42 Prozent), während Rojas bei 168 Versuchen 47 Treffer gelandet hatte (28 Prozent). Entscheidend war indessen die überlegene Schlagwirkung Garcias, der sein Gegner außer einer erstaunlichen Zähigkeit auf die Dauer nichts entgegenzusetzen hatte. [2]

Mikey Garcia zog hinterher mit den Worten Bilanz, er habe wohl einen sehr guten Auftritt gegeben. Obwohl er zweieinhalb Jahre keinen Kampf mehr bestritten habe, hätten ihn die Leute nicht vergessen. Er habe das Boxen sehr vermißt, und während der langen Zwangspause sei dieses Feuer nicht erloschen, sondern eher noch angewachsen. Wenngleich es noch zu früh für eine Standortbestimmung sei, fühle er sich doch so gut wie vor der langen Pause. Zu seiner erstklassigen Verfassung dürfte maßgeblich beigetragen haben, daß er sich während seiner Abwesenheit durchweg im Gym seines Bruders und Trainers Robert Garcia in Form gehalten und zahllose Sparringsrunden mit talentierten Partnern absolviert hatte.

Wollte man dennoch von einigen Rostflecken sprechen, die es für Garcia noch zu entfernen gilt, wäre zum einen der Umstand zu nennen, daß ihn Rojas doch relativ häufig getroffen hatte, was ihm früher selten widerfahren war. Zum anderen benötigte er diesmal zwei Runden, um an den Gegner heranzukommen und ihn zu stellen. Das bleiben jedoch geringfügige Einwände, die den überzeugenden Gesamteindruck nicht schmälern können, zumal Rojas keinesfalls ein leicht zu bezwingender Kontrahent war.

Mikey Garcia könnte weiter im Halbweltergewicht bleiben und früher oder später die Gelegenheit bekommen, sich mit Terence Crawford zu messen, der kürzlich durch einen Sieg über Wiktor Postol die Titel der Verbände WBC und WBO zusammengeführt hat. Allerdings steht Crawford bei Promoter Bob Arum unter Vertrag, der kaum geneigt sein dürfte, dem im Streit geschiedenen Garcia diese Chance einzuräumen. Als Alternative böte sich ein Abstieg ins Leichtgewicht an, wo Garcia einen der Weltmeister aufs Korn nehmen könnte.


Fußnoten:

[1] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/17181119/mikey-garcia-demolishes-elio-rojas-tko-victory-return-ring

[2] http://www.boxingnews24.com/2016/07/mikey-garcia-vs-elio-rojas-punch-stats/#more-214246

2. August 2016


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