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MELDUNG/2050: Kommt es zum Kampf zwischen Klitschko und Joshua? (SB)



Vieldiskutierte Option mit hohen Hürden

Wladimir Klitschko hat seit seiner Niederlage gegen Tyson Fury im November 2015 nicht mehr im Ring gestanden, da der Brite die anberaumte Revanche im Juli und Oktober jeweils aus gesundheitlichen Gründen platzen ließ. Nie zuvor in seiner Profikarriere mußte der Ukrainer eine derart lange Pause einlegen und da er inzwischen 40 Jahre alt ist, wiegt eine solche Ungewißheit und Verzögerung doppelt schwer. Da Fury zur Begründung seiner jüngsten Absage eine depressive Störung geltend macht, ist nicht abzusehen, ob der bei ihrem ersten Aufeinandertreffen vertraglich vereinbarte Rückkampf jemals stattfinden wird.

Wie lange Tyson Fury unter diesen Umständen Weltmeister bleiben darf, ohne seine Titel zu verteidigen, hängt von den beteiligten Verbänden ab. Möglicherweise verliert er die Gürtel am grünen Tisch oder wird zum "Champion im Ruhestand" erklärt, wie dies das World Boxing Council des öfteren praktiziert hat, das freilich in diesem Falle nicht beteiligt ist, da der US-Amerikaner Deontay Wilder den WBC-Titel innehat.

In den zurückliegende Tagen haben der Brite Dillian Whyte und der Kubaner Luis Ortiz angeboten, sich anstelle Furys mit Klitschko zu messen. Als weitaus interessanteste Option steht jedoch der Name Anthony Joshua im Raum, zumal ein Kampf gegen den IBF-Weltmeister für den Ukrainer die Gelegenheit eröffnen würde, sich zumindest einen seiner früheren Titel zurückzuholen. [1]

Da Klitschkos Auftritt in Manchester am 29. Oktober ins Wasser fällt und Joshua in derselben Arena am 26. November seinen nächsten Kampf bestreiten will und dafür noch einen Gegner sucht, drängt sich dieses Duell für die Kommentatoren geradezu auf. Daß diese Erwägung mehr als bloße Spekulation sein könnte, schließt Eddie Hearns Reaktion auf die kurierenden Mutmaßungen zumindest nicht aus. Wie Joshuas Promoter in den sozialen Medien mitteilt, habe er Kontakt mit Klitschkos Team aufgenommen und würde diesen Kampf liebend gern auf die Beine stellen.

Natürlich kostet Hearn diese Antwort und selbst ein Vorgespräch mit dem Lager des Ukrainers nichts, da er jederzeit die Kürze der verbliebenen Zeit als Hinderungsgrund anführen kann. Von der Hand zu weisen wäre das natürlich insofern nicht, als ein Kampf dieser Größenordnung für gewöhnlich eine sehr viele längere Vorbereitung und komplizierte Verhandlungen erfordert, in denen die Parteien um die Konditionen der Austragung wie insbesondere die Börse der beiden Boxer ringen.

Klitschko hätte sicher nichts dagegen, seinen früheren Sparringspartner vor die Fäuste zu bekommen, wenngleich dieser stärker als Fury einzuschätzen ist. Einziger Hinderungsgrund aus Sicht des Ukrainers könnte die Erwägung sein, bei einem der Verbände einen Titelkampf gegen einen schwächeren Gegner zu bekommen. Kompliziert wären allerdings die Fernsehrechte, da Klitschkos Auftritte von RTL kostenlos und Joshuas Kämpfe von Sky Box Office im Pay-TV ausgestrahlt werden. Zudem ist der Ukrainer vertraglich mit dem US-Sender HBO verbunden, während Joshua hinsichtlich der Übertragung in den USA mit Showtime zusammenarbeitet. Unter diesen Umständen mutet eine rasche Einigung in den nächsten Wochen sehr unwahrscheinlich an. Ein maßgebliches Wort mitzureden haben natürlich auch die beteiligten Verbände, die ihre eigenen Interessen verfolgen und die Vor- und Nachteile gründlich abwägen werden. [2]

Joshua hatte Klitschko vor dessen Kampf gegen Kubrat Pulew im Jahr 2014 als Sparringspartner ausgeholfen und soll dabei eine gute Figur gemacht haben. Da über die Vorgänge im Trainingslager stets absolutes Stillschweigen vereinbart und auch vertraglich festgelegt ist, könnte es sich bei der Einschätzung, wie gut oder schlecht Klitschko damals mit dem jungen Briten zurechtgekommen ist, um bloße Spekulation handeln. Seither ist Anthony Joshua zum Weltmeister aufgestiegen, während der Ukrainer entthront wurde und gegenüber früheren Auftritten nachgelassen hat. Daher wären die Karten in diesem Kampf ohnehin neu gemischt. [3]


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2016/09/klitschko-take-fight-soon/#more-218180

[2] http://www.espn.com/blog/dan-rafael/post/_/id/16809/joshua-klitschko-in-november-its-possible

[3] http://www.boxingnews24.com/2016/09/joshua-vs-klitschko-possible/#more-218153

28. September 2016


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