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MELDUNG/2056: Abschiedsgala für eine Legende (SB)



Bernard Hopkins bestreitet seinen letzten Kampf

Es ist noch immer zu früh, die außergewöhnliche Karriere des Bernard Hopkins umfassend zu würdigen. Wenngleich der inzwischen 51jährige US-Amerikaner am 17. Dezember seine Abschiedsvorstellung geben will, bleibt noch ein kleines Quentchen Unwägbarkeit, ob er es sich hinterher nicht doch noch anders überlegt. Oscar de la Hoya, der Gründer und Mehrheitseigner der nach seinem früheren Kampfnamen benannten Golden Boy Promotions, organisiert im Forum von Inglewood, Kalifornien, den mutmaßlich letzten Auftritt der Legende, bei dem im Halbschwergewicht der 27 Jahre alte Joe Smith aus New York einen würdigen Gegner abgeben soll. Der Sender HBO überträgt das Duell als Hauptkampf des Abends. [1]

Hopkins hat in seiner Laufbahn, die vor 28 Jahren begann, diverse phänomenale Erfolge erzielt und Rekorde aufgestellt. Als er im März 2013 Tavoris Cloud besiegte, war dem damals 48jährigen das Kunststück bereits zum dritten Mal gelungen, als ältester Weltmeister aller Zeiten Boxgeschichte zu schreiben. Den ersten Titel im Mittelgewicht hatte der Ausnahmeboxer aus Philadelphia 1995 gewonnen, 2001 stieg er zum anerkannt führenden Akteur dieser Gewichtsklasse auf und 2004 führte er durch ein Sieg über Oscar de la Hoya erstmals alle vier Gürtel im Mittelgewicht zusammen. Mit 20 erfolgreichen Titelverteidigungen hält er eine weitere Bestleistung, auf die Gennadi Golowkin heutzutage Jagd macht. [2]

Von Jermaine Taylor schließlich entthront, sah man den 40jährigen Hopkins am Endes seines sportlichen Weges angelangt - doch weit gefehlt! Wenngleich er die absolute Dominanz einer Gewichtsklasse nicht mehr wiederholen konnte, setzte er doch fortan im Halbschwergewicht etliche Glanzlichter. Dort bezwang er den favorisierten Antonio Tarver, der sich seines Sieges so sicher gewesen war, daß er 250.000 Dollar an Hopkins verwettete, die er prompt verlor. Erfolgen gegen Winky Wright und Kelly Pavlik folgte eine Niederlage gegen den berühmten Waliser Joe Calzaghe, den er zuvor übel angegangen war. Dies war nicht die erste Provokation eines Gegners, nach der die Frage offenblieb, ob Hopkins mit seinen verbalen Ausfällen wirklich nur den Kampf beworben oder zugleich auch rassistischen Ressentiments Raum gegeben hatte.

Hopkins revanchierte sich für eine frühere Niederlage an Roy Jones, besiegte den IBF-Champion Jean Pascal, Karo Murat und schließlich Beibut Schumenow, wodurch er Weltmeister zweier Verbände im Halbschwergewicht wurde. Wenngleich er sich im November 2014 in Atlantic City dem überragenden WBO-Weltmeister Sergej Kowaljow geschlagen geben mußte, hielt er doch trotz eines frühen Niederschlags zwölf Runden gegen den Russen durch.

Zudem wurde er Geschäftspartner seines früheren Kontrahenten Oscar de la Hoya und erwarb Minderheitsanteile an dessen Unternehmen. Die Abschiedsgala im Forum von Inglewood, wo De la Hoya 1992 sein Profidebüt gegeben hatte, soll der Höhepunkt einer ganzen Woche voller Feiern und Festlichkeiten zu Ehren von Bernard Hopkins sein. Dieser wäre am liebsten gegen einen Weltmeister angetreten, was aber nicht möglich war. Deshalb fiel die Wahl auf den Bauarbeiter Joe Smith, der so gut wie unbekannt war, bis er am 18. Juni dem haushohen Favoriten Andrzej Fonfara gleich in der ersten Runde mit einem Volltreffer sensationell das Nachsehen gab, was bei NBC zur besten Sendezeit zu sehen war.

Als Smith geboren wurde, stand Hopkins bereits im zweiten Jahr seiner Profikarriere. Der Kampf gegen den prominenten Kontrahenten gleicht einem unverhofften Geschenk, das der New Yorker zu nutzen gedenkt, indem er die Legende endgültig aufs Altenteil schickt. Sein Promoter Joe DeGuardia zögerte nicht lange, mit De la Hoya binnen einer Woche handelseinig zu werden. Für Joe sei dies eine großartige Chance, und da er Dampf in den Fäusten habe, könnte es vielleicht sogar gelingen, Bernard erstmals in dessen gesamter Karriere durch K.o. zu besiegen, lockt DeGuardia das potentielle Publikum.

Hopkins, der seinen selbstgewählten Spitznamen "The Alien" - nur ein solcher könne wie er dem Alter trotzen - abgelegt hat und sich wie vordem wieder "The Executioner" nennt, eröffnet augenblicklich das Wortgefecht: Der "Alien" sei im Ruhestand, doch der "Executioner" habe noch einen letzten Kampf offen, in dem Joe Smith auf die harte Tour erfahren werde, wie makellos vorbereitet der Scharfrichter antrete. Während die Leute seine Lebensjahre, seine Erfolge und seine Titel diskutierten, kenne er nur das eine Ziel, Joe Smith auf die Bretter zu schicken.

Oscar de la Hoya lobt Smith als einen aggressiven Kämpfer, der Hopkins angreifen und ernsthaft auf die Probe stellen werde. Der New Yorker könne einen Gegner mit einem einzigen Schlag fällen, wie er es im Falle Fonfaras gezeigt habe. Ein Boxer aus der Arbeiterklasse gegen ein unermüdliches Arbeitstier wie Hopkins, der jahrzehntelang sein Können unter Beweis gestellt habe, sei eine einzigartige Kombination. Mit seinen 51 Jahren könne Bernard noch immer auf höchstem Niveau konkurrieren, weil er unerhört diszipliniert lebe und zu Werke gehe.

De la Hoya, der 2008 im Alter von 35 Jahren seine aktive Karriere beendet hat, macht sich keine Sorgen darüber, daß Hopkins nur einen Monat vor seinem 52. Geburtstag in den Ring steigt. Er sei in besserer körperlicher Verfassung als viele 20jährige dieser Tage. Bernard wolle seine Laufbahn auf eine selbstgewählte Weise beenden. Joe Smith sei ein anspruchsvoller Gegner, doch werde er im Zuge einer meisterhaften Darbietung vor großer Kulisse den kürzeren ziehen. Hopkins sei sich dessen bewußt, daß er in seinem letzten Kampf in überragender Verfassung antreten müsse, doch das sei eine Kunst, die er wie kein zweiter beherrsche. Er sei das beste Beispiel eines Boxers, der stets auf sich geachtet habe: Es esse, schlafe und atme diesen Sport. Wie er für seinen Körper sorge, sei ein perfektes Beispiel für all seine Zunftgenossen. Jeder Boxer, der eine lange und fruchtbare Karriere anstrebe, sollte voller Hochachtung zu ihm aufschauen, führt Oscar de la Hoya einmal mehr vor, wie man gekonnt die Werbetrommel für den Auftritt eines Freundes und Partners rührt, so daß ihn niemand missen möchte.


Fußnoten:

[1] http://www.espn.com/boxing/story/_/id/17817201/bernard-hopkins-close-boxing-career-bout-joe-smith

[2] http://www.boxingnews24.com/2016/10/bernard-hopkins-end-career/#more-219466

20. Oktober 2016


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