Schattenblick → INFOPOOL → SPORT → BOXEN


MELDUNG/2091: Welttournee - Schnapsidee? (SB)



Bob Arum plant Gastspiele Manny Pacquiaos in diversen Ländern

Manny Pacquiao, der als einziger Profiboxer Weltmeister in acht verschiedenen Gewichtsklassen geworden ist, hat derzeit den WBO-Titel im Weltergewicht in seinem Besitz. Trotz oder vielleicht auch gerade wegen seiner politischen Aufgaben im Senat der Philippinen hängt der 38jährige so sehr an seinem langjährigen Metier, daß er das Ende seiner sportlichen Karriere mehrfach verschoben hat. Allerdings muß er die intensive Phase der Vorbereitung auf seinen jeweils nächsten Kampf und den Auftritt selbst in die Parlamentsferien legen. Die Frühjahrsferien beginnen Ende März und enden Anfang Mai, weshalb Pacquiaos Promoter Bob Arum den 22. April als Termin ausgesucht hat, für den nun ein geeigneter Gegner verpflichtet werden soll.

Da der mittlerweile 84 Jahre alte Promoter vorzugsweise Boxer gegeneinander antreten läßt, die er beide unter Vertrag hat, und so die volle Kontrolle behält, wie immer der Kampf auch ausgeht, wird die Wahl auch diesmal nicht anders ausfallen. Der Promoter hat sich auf den 28jährigen Australier Jeff Horn festgelegt, für den 16 Siege sowie ein Unentschieden zu Buche stehen. Als Arum nach Auckland gereist war, um am 10. Dezember dem Kampf zwischen Joseph Parker und Andy Ruiz beizuwohnen, aus dem der Neuseeländer als neuer WBO-Weltmeister im Schwergewicht hervorging, schloß er einen Vertrag mit dessen Promoter Duco Events. Er ist seither nicht nur Co-Promoter des Champions, sondern hat sich auch gewisse Rechte an weiteren Boxern von Duco Events gesichert, darunter auch Horn.

Der australische Olympiateilnehmer von 2012 bot im Vorprogramm mit einem vorzeitigen Sieg über Ali Funeka eine Leistung, die Arum überzeugte: Horn sei wirklich ein guter Boxer, der Pacquiao zwar vermutlich nicht schlagen könne, ihm aber einen guten Kampf liefern werde und zudem eine einnehmende Persönlichkeit habe. Der US-Promoter plante zunächst, Horn in den USA gegen Timothy Bradley oder Jessie Vargas antreten zu lassen, die ebenfalls bei ihm unter Vertrag stehen, und im Falle eines Erfolgs des Australiers später im Jahr einen Kampf gegen Pacquiao folgen zu lassen. Duco Events ziehe jedoch eine sofortige Herausforderung des Philippiners vor, und da ungewiß sei, ob sich der in den USA unbekannte Horn mit Bradley oder Vargas gut vermarkten lasse, habe er zugestimmt.

Jeff Horn ist höchst angetan von der Aussicht, wie aus dem Nichts auf eine Legende wie Manny Pacquiao zu treffen. Ihm sei natürlich klar, daß in den USA die wenigsten Leute etwas mit seinem Namen anfangen könnten, so der Australier. Das werde sich jedoch am 22. April schlagartig ändern.

Bob Arum ist mit Dean Lonergan von Duco Events über die Börse einig geworden und sucht nun einen geeigneten Veranstaltungsort vorzugsweise in Australien, notfalls aber auch in Dubai oder Abu Dhabi, wo ebenfalls großes Interesse an der Austragung bestehe. Die Wahl scheint inzwischen auf das 52.000 Zuschauer fassende Suncorp Stadium in Brisbane gefallen zu sein. Sobald der Ort definitiv feststehe, werde er auf die Philippinen reisen und mit Manny Pacquiao alles klarmachen, so Arum. Sollte der Kampf in Australien stattfinden, werde man ihn am Sonntagnachmittag austragen, so daß er in den USA am Samstagabend zur besten Sendezeit zu sehen wäre. Pacquiaos finanzielle Vorstellungen seien nicht überzogen, weshalb man nicht zwangsläufig auf Einkünfte aus dem amerikanischen Pay-TV angewiesen sei. Er setze eher auf eine kostenlose Übertragung bei HBO oder einem terrestrischen Sender. In Australien, wo Horn recht gut bekannt sei, würde der Kampf hingegen im Bezahlfernsehen angeboten. Hinzu kämen dort noch Gelder des Veranstalters sowie von Sponsoren und Tourismusverbänden.

Nach dem Vorbild Muhammad Alis, der seinerzeit eine Tour mit Auftritten in aller Welt absolviert hatte, möchte Arum auch Manny Pacquiao zum Abschluß seiner Karriere im Zuge einer Welttournee in verschiedenen Ländern präsentieren. Nach dem Auftritt im April könnte der nächste womöglich schon im Juli während der Sommerpause des philippinischen Senats über die Bühne gehen, wofür bereits ein Angebot aus Rußland vorliege. Voraussichtlich im Oktober wäre dann ein bedeutender Kampf gegen Kell Brook in England eine ausgezeichnete Option, an der beiderseits Interesse bestehe. [1]

Bob Arums Pläne dürften nicht zuletzt damit zusammenhängen, daß sich Manny Pacquiao seit seinem Megakampf gegen Floyd Mayweather im Mai 2015, der Umsätze in astronomischer Höhe erzielte, in der Gunst des US-Publikums auf dem absteigenden Ast befindet. Brachte der Kampf gegen Mayweather noch das Rekordergebnis von 4,6 Millionen Buchungen im Pay-TV, so fand Pacquiaos drittes Duell mit Timothy Bradley im April 2016 lediglich 400.000 und sein letzter Auftritt mit Jessie Vargas gar nur 300.000 zahlungskräftige Kunden. Das ist auf verschiedene Gründe zurückzuführen, von denen einer die politischen Pflichten des Senators sind, die ihn dauerhaft daran hindern, in den USA zu trainieren und dort regelmäßige Medienauftritte einzustreuen.

Vor allem aber war die Attraktivität eines Kräftemessens mit Bradley nach den ersten beiden Kämpfen ausgereizt, so daß der dritte Durchgang relativ wenig Zuspruch beim Publikum fand. Das galt auch für Vargas, den der Philippiner schon bei ihrer ersten Begegnung im Jahr 2015 leichterdings dominiert hatte. Jeff Horn, der bei den Verbänden IBF und WBO jeweils an Nummer zwei der Rangliste geführt wird, ist in den USA weithin unbekannt, weshalb es in der Tat keinen Sinn machen würde, ihn dort kostenpflichtig anzubieten. Pacquiao könnte zweifellos sehr viel mehr Geld verdienen, wählte Arum einen hochklassigen und populären Gegner für ihn aus. Immerhin schließt der Promoter einen Kampf gegen Terence Crawford gegen Ende des Jahres nicht aus, sofern der Philippiner auch dann noch aktiv ist. [2]

Man darf gespannt sein, ob die geplante Welttournee Pacquiaos zumindest im Ansatz zustande kommt. Muhammad Ali trat in den letzten sieben Jahren seiner Karriere des öfteren im Ausland an, als seine Kämpfe zahllose Menschen weltweit in ihren Bann schlugen. Vergleichbares läßt sich mit Manny Pacquiao nicht wiederholen, der den Zenit seiner Karriere längst überschritten und nur noch wenige Abschiedsvorstellungen vor sich hat.


Fußnoten:

[1] http://www.espn.com/boxing/story/_/id/18448820/manny-pacquiao-defend-welterweight-title-australian-jeff-horn-april-22

[2] http://www.boxingnews24.com/2017/01/arum-needs-pacquiaos-agreement-horn-fight-apr-22/#more-224743

13. Januar 2017


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang