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MELDUNG/2152: Notfalls doch ins Flugzeug steigen ... (SB)



Anthony Joshua gegen Wladimir Klitschko in Las Vegas?

Sofern Anthony Joshua die Titel der WBA und IBF im Schwergewicht gegen Wladimir Klitschko verteidigt, muß er höchstwahrscheinlich auf Reisen gehen. Nach Angaben seines Promoters Eddie Hearn hat Las Vegas derzeit unter verschiedenen Kandidaten als möglicher Austragungsort der Revanche gegen den 41jährigen Ukrainer die Nase vorn. Klitschko hat sich bislang nicht definitiv dazu geäußert, ob er von der vertraglich vereinbarten Option eines Rückkampfs Gebrauch machen, einen anderen Gegner suchen oder seine Karriere beenden will. Sollte er eine zweite Chance gegen den 27 Jahre alten Briten in Anspruch nehmen, würden die beiden wohl im November erneut aufeinandertreffen.

Hearn hat eigenen Angaben zufolge kürzlich mit Klitschkos Manager Bernd Bönte gesprochen, der offenbar zu Las Vegas neigt. Für den britischen Promoter wäre sicher eine englische Stadt die allererste Wahl, wo sich sein derzeit populärster Akteur der Unterstützung seitens des Publikums sicher sein könnte. Da jedoch das erste Aufeinandertreffen am 29. April in London stattgefunden hat, dürfte das Lager des Herausforderers Wert darauf legen, nicht schon wieder diesen Nachteil in Kauf nehmen zu müssen.

Damals hatte sich Wladimir Klitschko nicht nur von einem Niederschlag in der fünften Runde rasch erholt, sondern Joshua im folgenden Durchgang seinerseits auf die Bretter geschickt. Spätestens von diesem Augenblick an erwies sich der Ukrainer als der athletischere, schnellere und beweglichere Boxer, während Joshua wieder einmal so aussah, als habe er sein gesamtes Trainingslager mit Gewichtheben zugebracht. Er bekam Konditionsprobleme und hielt nur deswegen durch, weil Klitschko angesichts seiner klaren Überlegenheit beschloß, den Kampf sicher nach Hause zu boxen, statt entschieden nachzusetzen. Sein Bruder Vitali räumte später selbstkritisch ein, daß er maßgeblich zu dieser Fehlentscheidung beigetragen habe. Bis hinein in die zehnte Runde schien der Ukrainer alles unter Kontrolle zu haben, als Joshua erstmals wieder einen guten Treffer landen konnte. Daraufhin brachen die Zuschauer in euphorische Anfeuerungsrufe aus, die den Weltmeister zu beflügeln schienen. Er legte noch einmal los, drehte den verloren geglaubten Kampf und schaltete den Herausforderer in der elften Runde aus.

Wie Eddie Hearn gegenüber dem Sender Sky Sports mitteilte, seien Nigeria, Dubai und natürlich Cardiff nach wie vor als mögliche Austragungsorte im Gespräch. Las Vegas liege indessen nach seinen Gesprächen mit Bönte leicht in Front. Da Joshua natürlich auch in Cardiff ein Heimspiel hätte, würde das für Klitschko allenfalls dann Sinn machen, wenn er lediglich einen weiteren großen Zahltag mitnehmen wollte. Da er jedoch noch einmal Weltmeister werden möchte, würde er wohl einen Kampf auf neutralem Boden bevorzugen. Er könnte natürlich auch versuchen, den WBC-Champion Deontay Wilder oder den Titelträger der WBO, Joseph Parker, vor die Fäuste zu bekommen. Beide würden vermutlich sogar nach Deutschland kommen, wo der Ukrainer eine große Kulisse und entsprechend hohe Börsen garantieren könnte.

Selbst in Las Vegas wäre Klitschko wohl im Vorteil, da Wilder zwar in seinem heimatlichen Bundesstaat Alabama überaus beliebt ist, nicht jedoch in Nevada oder an der Ostküste. Die Vereinigten Staaten sind ein riesiges Land und die Gunst des Publikums überall zu gewinnen, ist heutzutage nur sehr wenigen Boxern vorbehalten. Joshua, der in seiner gesamten Profilaufbahn stets in England aufgetreten ist, hat zwar auch einen Vertrag mit dem US-amerikanischen Sender Showtime und soll irgendwann für das dortige Pay-TV aufgebaut werden, doch müßte er dafür eine Ochsentour regelmäßiger Auftritte und Pressekonferenzen absolvieren, deren Erfolg ungewiß wäre. Solange er im fernen England und oftmals gegen weithin unbekannte Gegner kämpft und die Übertragung für das US-Publikum zu einem ungünstigen Zeitpunkt ausgestrahlt wird, bleibt er in den USA jedenfalls ein unbeschriebenes Blatt.

Wie Eddie Hearn denn auch unumwunden einräumt, würde er Anthony Joshua am liebsten weiterhin auf dem britischen Markt präsentieren, der gegenwärtig boomt wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Sollte es sich jedoch zugunsten des internationalen Boxgeschäfts als geboten erweisen, auf Reisen zu gehen, werde man eben ins Flugzeug steigen und in Las Vegas einen unvergeßlichen Abend über die Bühne bringen. [1]


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2017/06/anthony-joshua-vs-wladimir-klitschko-las-vegas/#more-237685

30. Juni 2017


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