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MELDUNG/2219: Rechnung ohne den Wirt (SB)



Arum kündigt Kampf zwischen Jeff Horn und Terence Crawford an

Der Australier Jeff Horn verteidigt den WBO-Titel im Weltergewicht Anfang 2018 gegen den Ranglistenersten Terence Crawford aus Nebraska. Nach den Worten ihres Promoters Bob Arum ist bereits alles vertraglich vereinbart. Er werde in wenigen Tagen mit den anderen Verantwortlichen von Top Rank zusammenkommen, um den Termin dieses Kampfs wie auch des nächsten Auftritts von Manny Pacquiao festzulegen. Damit dürften Horns Pläne gestorben sein, sich demnächst mit seinem 42jährigen Landsmann Anthony Mundine zu messen. Dieser hat zwar den Zenit seines Könnens schon geraume Zeit überschritten, doch könnten die beiden mit einem Duell in Australien vermutlich mehr Geld verdienen, als es Horn für einen Kampf gegen Crawford bekommen wird. [1]

Arum, der die bei ihm unter Vertrag stehenden Akteure bis auf ganz wenige Ausnahmen stets gegeneinander antreten läßt, um andere Promoter fern- und sein Reich zusammenzuhalten, hat höchstwahrscheinlich folgenden Plan: Der in 32 Auftritten ungeschlagene Terence Crawford nimmt Anfang nächsten Jahres Jeff Horn den Titel ab. Der Australier, für den 18 Siege sowie ein Unentschieden zu Buche stehen, ist zwar ein unangenehmer und robuster, aber technisch eher limitierter Gegner. Daß er als krasser Außenseiter im Juli in Brisbane Manny Pacquiao überraschend entthronen konnte, lag nicht zuletzt daran, daß er den Philippiner klammernd, ringend und kopfstoßend am Boxen gehindert hat und vor einem ihm gewogenen Kampfgericht antrat. Am 13. Dezember verteidigte er seinen Titel erstmals erfolgreich, als er wiederum in Brisbane den Briten Gary Corcoran in der elften Runde besiegte.

Crawford wurde erst kürzlich von keinem Geringeren als Floyd Mayweather als bester Boxer aller Gewichtsklassen und sein legitimer Nachfolger geadelt, weil er der Kampfesweise des zurückgetretenen Superstars der Branche am nächsten kommt. Jedenfalls ist er ein exzellenter Konterboxer, der sich von Jeff Horn kaum die Butter von Brot nehmen lassen wird.

Mit dem Gürtel könnte Crawford dann gegen Manny Pacquiao antreten, der nach Angaben seines Beraters Michael Koncz im April wieder in den Ring steigen möchte. Als Senator auf den Philippinen bleiben Pacquiao nur noch wenige Zeitfenster im Jahr, in denen er seiner angestammten Profession nachgehen kann. Arum würde dieses Duell vermutlich als Abschiedskampf Pacquiaos bei ESPN im Pay-TV vermarkten, damit die Fans allein schon aus sentimentalen Gründen zugreifen, um die langjährige Legende ein letztes Mal zu sehen. Der frühere Weltmeister in acht verschiedenen Gewichtsklassen wird in der WBO-Rangliste derzeit an Nummer zwei geführt, so daß er für einen Titelkampf in Frage käme. Der Philippiner könnte auf diese Weise noch einmal viel Geld verdienen und sich würdig verabschieden.

Mit dem Sieg über einen legendären Kontrahenten der Vergangenheit stünde Crawford an der Schwelle, den langersehnten Aufstieg zu einem Star des Bezahlfernsehens zu vollziehen. Ob das funktionieren würde, ist allerdings ungewiß. Pacquiao gehörte bis 2011 zu den allerbesten Akteuren der Branche, hat aber seit 2012 merklich nachgelassen. Früher reichte es aus, einige Titelträger zu besiegen, um sich in die höchsten Ränge der Publikumsgunst vorzuarbeiten. Heute sind die Boxer dünn gesät, die es bis ins Bezahlfernsehen schaffen und auch dort bleiben. Wer in diesem Sinne ein Star werden will, muß spektakuläre Duelle mit prominenten Gegnern bestreiten, dabei Risiken eingehen und sich eindrucksvoll durchsetzen. Und selbst dann ist ungewiß, ob der Durchbruch landesweit in den USA gelingt oder sich auf die heimische Region beschränkt.

So ist Terence Crawford zwar ein außergewöhnlicher, aber nicht allzu spektakulär agierender Boxer. Auch Floyd Mayweather mußte oft Kritik einstecken, weil er als Defensivkünstler und Konterboxer vielen Zuschauern zu langweilig war. Aus diesem Grund suchte er mitunter gezielt und erfolgreich den Schlagabtausch, den er nicht nötig gehabt hätte, um das Publikum zufriedenzustellen. Crawford läßt sich bislang im Grunde nur im heimischen Nebraska problemlos vermarkten, nicht jedoch anderswo in den USA. Bob Arum arbeitet schon lange daran, ihm den großen Durchbruch zu verschaffen, der bisher jedoch nicht gelingen wollte. Allerdings ist die Auswahl des 85jährigen Promoters im Kreis seiner eigenen Akteure natürlich auch begrenzt.

Der hier entworfene Plan kann zwangsläufig aus verschiedenen Gründen scheitern. So könnte Jeff Horn seinen Titel niederlegen und doch einen lukrativen Kampf gegen Anthony Mundine vorziehen, den er wohl auch gewinnen und sich damit in Australien endgültig an die Spitze der Branche setzen würde, wozu er nicht unbedingt Weltmeister sein muß. Zudem dürfte Manny Pacquiao überhaupt nicht begeistert sein, gegen Crawford um den Titel zu kämpfen. Er hat das in der Vergangenheit mehrfach abgelehnt, weil ihm die Kampfesweise eines Gegners nicht liegt, der sich ihm ständig entzieht. Der Philippiner bevorzugt Kontrahenten, die sich ihm direkt stellen, und er weiß natürlich auch, daß er Crawford kaum besiegen kann und in diesem Kampf schlecht aussehen würde. Sollte ihm Pacquiao eine Absage erteilen, müßte Bob Arum in den sauren Apfel beißen und Terence Crawford gegen Bradley Skeete kämpfen lassen, womit in den Augen des breiteren Boxpublikums absolut kein Blumentopf zu gewinnen wäre.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2017/12/arum-says-horn-vs-crawford-set-contractually/#more-251317

25. Dezember 2017


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