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PROFI/497: Audley Harrison gegen David Haye auf verlorenem Posten (SB)



WBA-Weltmeister demontiert seinen Landsmann in drei Runden

Weltmeister David Haye hat den WBA-Titel im Schwergewicht vor 20.000 Zuschauern in der MEN Arena in Manchester durch technischen K.o. in der dritten Runde gegen seinen britischen Landsmann Audley Harrison zum zweiten Mal erfolgreich verteidigt. In der "Battle of Britain" ließ es der 30 Jahre alte Champion in den ersten beiden Runden ruhig angehen. Da auch der in der Rechtsauslage boxende Herausforderer sehr vorsichtig zu Werke ging, blieb das Ringgefecht zunächst verhalten. Die enttäuschten Zuschauer quittierten das ereignisarme Gefecht mit lautstarken Mißfallenskundgebungen, worauf Hayes Trainer Adam Booth seinem Schützling empfahl, sich davon nicht beeindrucken zu lassen. In der zweiten Runde sah sich der Ringrichter sogar genötigt, beide Kämpfer zur Aktivität aufzufordern.

Im dritten Durchgang zog Haye das Tempo deutlich an und traf Harrison mit einer Rechten am Kinn, die den Herausforderer wanken ließ. Nun setzte der Titelverteidiger vehement nach und zwang seinen Widersacher schließlich mit einem Schlaghagel zu Boden. Nachdem Ringrichter Luis Pabon den 39jährigen angezählt hatte, gab er den Kampf noch einmal frei. Der "Hayemaker" setzte seine heftigen Angriffe fort und traf den hilflos wirkenden Kontrahenten mit weiteren schweren Schlägen, worauf der Referee schließlich eingriff und den sichtlich angeschlagenen Harrison nach einer Minute und 23 Sekunden der dritten Runde aus dem Kampf nahm.

Wie befürchtet, war der Olympiasieger des Jahres 2000 von Beginn an chancenlos und wurde zur leichten Beute des Weltmeisters. Während David Haye auch seinen sechsten Schwergewichtskampf gewann und nun 25 Siege (23 K.o) und eine Niederlage auf dem Konto hat, stehen für seinen neun Jahre älteren Landsmann Audley Harrison 27 gewonnene und fünf verlorenen Kämpfe zu Buche.

"Harrison stand mit großer Angst im Ring und hat nichts, aber auch gar nichts hinterlassen", urteilte Henry Maske, der das Geschehen als Experte der ARD verfolgte. Er "wollte nicht mehr, stand am Seil, total nervös, wie einer, der sich ständig fürchtet, hart getroffen zu werden". Die Zeit sei reif, daß Haye sich einem der beiden Klitschkos stelle, da er nicht aufhören werde, sie zu provozieren. Die Fans des Schwergewichtsboxens wollten endlich einen Kampf der Klitschkos sehen, in dem beide Kontrahenten eine Chance haben.

Audley Harrison berichtete nach seiner Niederlage, er habe die Strategie verfolgt, in die späten Runden zu kommen. David habe ihn jedoch mit einem guten Schlag getroffen. "Ich bin aufgestanden, der Ringrichter hat aber abgebrochen. Vielleicht etwas zu früh. Ich hatte nicht die Chance, meine Strategie umzusetzen. Keine Ausreden, er hat mich mit einem guten Schlag erwischt. Ich muß mich jetzt mit meinem Team zusammensetzen. Mein Ziel, Weltmeister zu werden, ist nach wie vor unerfüllt. Ich bereue nichts. Gratulation an David Haye."

Nach seinem Sieg scherzte Haye, alle seine Freunde hätten bei den Buchmachern auf die dritte Runde gesetzt. "Ich habe auf die perfekte Chance gewartet, doch die kam nicht. Dann habe ich einfach losgelegt", so der WBA-Champion. "Ich konnte selbst entscheiden, wann ich ihn ausknocke. Jetzt werde ich mir die Klitschkos holen müssen, damit es etwas schwerer wird. Nächstes Jahr passiert es. Niemand will sehen, wie die Klitschkos weiter gegen fette Amerikaner kämpfen. Ich werde sie so behandeln wie Harrison - und zwar ausknocken."

Bevor David Haye mit einem der Klitschkos in den Ring steigt, muß er seinen Gürtel zunächst gegen Exweltmeister Ruslan Tschagajew aus dem Hamburger Universum-Boxstall verteidigen, der Pflichtherausforderer der WBA ist. Für den Usbeken stehen 26 Siege, eine Niederlage und ein Unentschieden zu Buche. Tschagajew, der den Kampf im Fernsehen verfolgt hatte, zeigte sich enttäuscht von dem Duell, das auf niedrigem Niveau gewesen sei. Er habe in den drei Runden nicht mehr als drei Jabs gesehen. Hätte Haye nicht die ersten beiden Runden abgewartet, wären alle früher im Bett gewesen. Bei seinem Kampf gegen Haye treffen die beiden einzigen Boxer aufeinander, die Nikolai Walujew besiegt haben. Haye, der angekündigt hat, er wolle aus Anlaß seines 31. Geburtstags am 13. Oktober zurücktreten, könne das schon früher haben: "Er wird gegen mich verlieren. Ich werde seine erste echte Prüfung im Schwergewicht. Ich war Weltmeister und werde es wieder werden."

14. November 2010