Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → BOXEN

PROFI/511: Andre Ward gewinnt das Super-Six-Turnier (SB)



Einstimmiger Punktsieg gegen den Briten Carl Froch

Im Finale des Super-Six-Turniers, das in Atlantic City über die Bühne ging, bestätigte sich einmal mehr, daß bei Kämpfen auf höchstem Niveau exzellente Konterboxer kaum zu besiegen sind. Der favorisierte Kalifornier Andre Ward, Superchampion der WBA, dominierte den britischen WBC-Weltmeister Carl Froch und gewann nach zwölf Runden einstimmig und verdient nach Punkten (115:113, 115:113, 118:110). Durch seinen Sieg im Finale der gut zweijährigen Veranstaltung führte der 27jährige US-Amerikaner die beiden Gürtel zusammen, verbesserte seine makellose Profibilanz auf 25 gewonnene Auftritte und darf sich vorerst weltbester Supermittelgewichtler nennen. Für den Briten stehen nun 28 Siege und zwei Niederlagen zu Buche.

Damit ist Andre Ward der einzige Boxer, der das Super-Six-Turnier ungeschlagen absolviert hat. Im November 2009 nahm er vor heimischem Publikum Mikkel Kessler Sieg und Gürtel der WBA ab, setzte sich dann gegen Allan Green und Sakio Bika durch und ließ schließlich im Halbfinale Arthur Abraham keine Chance. Der 34 Jahre alte Carl Froch hatte den US-Amerikaner Andre Dirrell in Nordengland besiegt, dann gegen Mikkel Kessler in Dänemark verloren und schließlich Arthur Abraham auf neutralem Boden deklassiert. Im Halbfinale bekam es der Brite in Atlantic City mit Glen Johnson zu tun, der ihm nach Punkten unterlag. Abraham, der sowohl gegen Froch als auch gegen Ward nach Punkten verloren hatte, setzte nach seiner Niederlage im Halbfinale auf einen Finalsieg des US-Amerikaners, da dieser taktisch und boxerisch besser als der Brite sei. Diese Prognose bestätigte sich in Atlantic City, wo Andre Ward eine taktisch und technisch hochklassige Vorstellung bot, die Froch an diesem Abend überforderte.

Schon in den Anfangsrunden kam der US-Amerikaner immer wieder mit seiner Führhand und linken Haken durch, die Frochs Nase frühzeitig anschwellen ließen. Ward boxte beweglich im Oberkörper und war kaum zu treffen, zumal er des öfteren in seinen Gegner sprang, kurz klammerte und beim Lösen einen seiner schnellen Haken ins Ziel brachte. Wie schon bei seinen früheren Auftritten im Turnier bediente er sich konsequent sogenannter schmutziger Mittel hart an der Grenze regelkonformer Aktionen, indem er im Infight Kopf und Schulter so nach vorn schob, daß dem Gegner der Raum zum Schlagen fehlte. Der Brite agierte einfach nicht schnell genug, um dieser Mischung aus taktischer Brillanz und fortgesetztem Klammern etwas entgegenzusetzen. Er wirkte zunehmend verunsichert, schlug häufig ins Leere und vernachlässigte seinen Jab und den Aufwärtshaken.

Aufgrund dieser Defizite konnte Froch seinen klaren Reichweitenvorteil nicht nutzen und suchte daher die Halbdistanz, in der ihn Ward jedoch fortgesetzt abkonterte, ohne selbst getroffen zu werden. Erst in der fünften Runde kam der Brite etwas besser zum Zuge, doch überließ er in der Folge wieder Ward die Initiative, der mit seiner Linken fast nach Belieben über Frochs tief hängender Deckung durchkam. Von seiner Dominanz beflügelt, suchte der Kalifornier eine Entscheidung, während der Brite zunehmend müde und frustriert wirkte. Erst im neunten Durchgang brachte Froch im Infight seinen rechten Uppercut ins Ziel, was Ward sichtlich beeindruckte. Dennoch agierte der Außenseiter auch in dieser Phase zu unpräzise und kassierte die Mehrzahl der Treffer.

Als Ward in der elften Runde müde wurde, schien sich das Blatt zu wenden. Froch, der nach Punkten klar zurücklag, drängte auf den entscheidenden Treffer, der ihm jedoch nicht gelang. Obgleich er auch in der zwölften und letzten Runde die Oberhand behielt, rettete sich der US-Amerikaner mit Klammern und schließlich sogar dem Ausspucken des Mundschutzes über die Zeit. Am Ende sprach die Statistik eindeutig für Ward, der 243 von 573 Schlägen ins Ziel brachte (42 Prozent), während Froch nur mit 156 von 683 Schlägen (23 Prozent) durchkam.

Im anschließenden Interview mit dem Sender Showtime sprach Andre Ward von einem zähen Kampf, da Carl Froch ein guter Fighter sei. Zufrieden konstatierte er dann, daß der Plan, im Infight wie auch in der Distanz zu boxen, aufgegangen sei. Ihn habe allerdings erstaunt, wie langsam der Brite agierte. Man habe zuvor angenommen, daß Froch nur auf Video so behäbig wirke, doch sei er im Ring noch langsamer gewesen. Der Blick des Gegners habe ihm gezeigt, daß er ihm einige Male wehgetan habe. "Mein Wille ist eine meiner stärksten Eigenschaften. Wir haben es geschafft! Ich muß den Herrn dafür preisen. Ob ihr es glaubt oder nicht, wir können immer noch besser werden."

Froch gratulierte seinem Gegner zu einem Sieg, der klar und auf faire Art und Weise herbeigeführt worden sei. Ward habe eine sehr raffinierte Verteidigung: "Ich konnte meine Schläge nicht anbringen, da er sich gut bewegt, sehr glitschig und schwer zu fassen war. Das könne der Amerikaner wirklich gut, und deshalb sei es ein schlechter Abend für ihn selbst gewesen, zog der Brite enttäuscht Bilanz. Er sei etwas verkrampft gewesen und hätte entspannter bleiben sollen. Im Infight seien Wards Kopf und Schulter im Weg gewesen, was der US-Amerikaner offenbar im Sparring trainiert habe. Auf diese Weise habe die Distanz nie gestimmt, da er entweder zu nah dran oder zu weit weg gewesen sei. Nun werde er mit seinem Promoter beraten, welche Optionen man habe. Er denke schon, daß er Ward an einem guten Abend schlagen könne, doch gebe es noch genug andere attraktive Kämpfe.

Nach Andre Wards Finalsieg meldete sich IBF-Champion Lucian Bute zu Wort, der nicht am Turnier teilgenommen hatte. Während sich Ward im Interview noch etwas zurückhaltend äußerte, was ein mögliches Duell mit dem in Kanada lebenden Rumänen angeht, sprach sich dieser klar für einen Vereinigungskampf aus, wo immer der auch stattfinden werde. Vielleicht könne man in New York aufeinandertreffen, doch sei er auch bereit, in Wards Wohnzimmer in Oakland gegen ihn anzutreten und ihn dort auf die Bretter zu schicken.

18. Dezember 2011