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PROFI/529: Adrien Broner unterstreicht seine Ausnahmestellung (SB)




WBC-Weltmeister im Leichtgewicht besiegt Waliser Gavin Rees

Oscar de la Hoya, früher selbst ein überragender Boxer und nun schon seit Jahren neben Bob Arums Top Rank der erfolgreichste Promoter des internationalen Boxgeschäfts, hält Adrien Broner für die Verkörperung all jener Qualitäten im Ring, die einen Akteur von Weltklasse auszeichnen. Der Leichtgewichtler verfüge über exzellente technische Fertigkeiten, könne sich flüssig bewegen oder den Gegner im engen Kontakt stellen und liebe es vor allen Dingen zu kämpfen. Superlative in Anpreisung seiner Akteure zu verknüpfen, ist zwar De la Hoyas Kerngeschäft, doch dürfte sein Ritterschlag für den 23 Jahre alten Broner nicht zu hoch gegriffen sein.

Ende November 2012 entthronte der junge US-Amerikaner in der Boardwalk Hall von Atlantic City den Mexikaner Antonio DeMarco in höchst eindrucksvoller Manier als WBC-Weltmeister im Leichtgewicht. Nach überlegen geführtem Kampf schloß Broner in der achten Runde eine Kombination mit einem linken Aufwärtshaken ab, der den Gegner erstmals in dessen Karriere auf die Bretter zwang. DeMarcos Ecke wußte, was die Stunde geschlagen hatte, und warf vernünftigerweise das Handtuch zum Zeichen der Aufgabe. Im Interview mit dem renommierten HBO-Experten Larry Merchant bezeichnete Adrien Broner seinen Gegner als Weltklasseboxer, der dennoch nicht über die Fähigkeiten verfüge, ihn zu besiegen. Es sei seine Absicht gewesen, mit diesem Kampf ein Zeichen zu setzen. Komme wer da wolle, ihm sei es egal, gegen wen er als nächstes antrete.

Daß dieses Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten nicht aus der Luft gegriffen war, unterstrich Adrien Broner nun bei seiner ersten erfolgreichen Titelverteidigung. Wiederum in Atlantic City traf er auf den zähen Waliser Gavin Rees, der ihn zwar mehr als seine letzten Gegner forderte, sich aber letzten Endes der Übersicht und Schlagwirkung des Weltmeisters vorzeitig geschlagen geben mußte.

Wie gefährlich der 32 Jahre Waliser für gewöhnlich ist, mag seine sportliche Vorgeschichte unterstreichen. Er war kurzzeitig Champion im Halbweltergewicht, wurde aber 2008 bereits bei seiner ersten Titelverteidigung von dem Ukrainer Andreas Kotelnik geschlagen. Seither hatte Gavin Rees jedoch elf Kämpfe in Folge gewonnen und sich 2011 den Titel des Europameisters gesichert. Wenngleich er ihn später niederlegte, ist er nach wie vor amtierender britischer Meister in dieser Gewichtsklasse. Mit einer Bilanz von 37 Siegen, einer Niederlage und einem Unentschieden verfügte er über weitaus größere Erfahrung als Broner, und da die entschieden kämpferische Einstellung des Walisers hinlänglich bekannt war, wußte der Titelverteidiger, daß er einmal mehr sein Bestes geben mußte, um den Gürtel zu behalten.

Zum Auftakt unterstrich Rees, daß er nicht als Kanonenfutter für den Weltmeister in den Ring gestiegen war. Er schlug mit hoher Frequenz, machte unablässig Druck und dominierte die erste Runde in diesem Gefecht. Adrien Broner begnügte sich mit der Defensive, doch stellte er schon im zweiten Durchgang unter Beweis, daß mit ihm unter keinen Umständen zu spaßen ist. Noch machte der Waliser eine gute Figur, da er weiterhin unablässig schlug und im Infight mit einem linken Haken für einen Paukenschlag sorgte, doch deutete Broner mit überraschenden Kontern und seiner fast ansatzlos geschlagenen Rechten sein Können an.

Als der Champion dann in der folgenden Runde die Zurückhaltung ablegte und seine schnellen Kombinationen schlug, geriet der von Gary Lockett trainierte Herausforderer sofort in Schwierigkeiten, aus denen ihn der Gong rettete. Das vorzeitige Ende deutete sich bereits im vierten Durchgang an, als Broner seinen Gegner im Clinch mit dem Unterarm wegdrückte und Rees mit einem Uppercut auf die Bretter schickte. Der Waliser hatte zuvor in seiner gesamten Karriere nur ein einziges Mal am Boden gelegen und kam wieder auf die Beine, worauf er sofort verbissen weiterkämpfte und die verbliebene Spanne bis zur Pause überstand.

Daß Broner kein Gegner ist, der es in einer solchen Phase ruhiger angehen läßt, bekam Rees in der fünften Runde zu spüren. Nach einem Augenblick der Unachtsamkeit mußte er einen schweren Körpertreffer hinnehmen und wurde ein weiteres Mal angezählt. Wenig später setzte ihm der Weltmeister mit seinen Kombinationen derart zu, daß er kaum noch Gelegenheit zur Gegenwehr fand. Nun hatte man in der Ecke des Herausforderers genug gesehen und warf kurz vor Ende der Runde das Handtuch zum Zeichen der Aufgabe, um Rees vor weiterem Schaden zu bewahren.

Nach dieser überzeugenden Titelverteidigung, mit der er seine makellose Profibilanz auf 26 Siege (davon 22 durch Knockout) verbesserte, sprach der 23jährige im HBO-Interview mit Max Kellerman. Ihm tue es leid für die Zuschauer, die keinen langen Kampf zu sehen bekommen hätten. Wenn ein Gegner jedoch auf einem bestimmten Level gegen ihn boxe, gehe er stets eine Stufe höher. Hätten sich die Betreuer des Walisers nicht zur Aufgabe entschlossen, wäre Rees endgültig auf den Brettern gelandet. Er trete gegen jeden an, und niemand käme ohne eine gehörige Tracht Prügel davon.

Wer im nächsten Kapitel seiner bemerkenswerten Karriere ein großes Problem mit ihm bekommen soll, wird sich im Gespräch mit seinem Promoter Golden Boy herauskristallisieren. Eine attraktive Option wäre ein Duell mit dem Sieger des Vereinigungskampfs zwischen WBO-Weltmeister Ricky Burns und IBF-Champion Miguel Vazquez, das ihm die Gelegenheit böte, drei Titel in dieser Gewichtsklasse zusammenzuführen. Nicht auszuschließen ist aber auch, daß Adrien Broner ins Halbweltergewicht aufsteigt und dort seine Gegner das Fürchten lehrt.

17. Februar 2013