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PROFI/552: Martinez mit lädierten Knien chancenlos gegen Cotto (SB)




Miguel Cotto ist neuer WBC-Weltmeister im Mittelgewicht

Miguel Cotto hat das spektakuläre Duell im New Yorker Madison Square Garden klar gegen Sergio Martinez gewonnen ist damit neuer WBC-Weltmeister im Mittelgewicht. Offensichtlich war der Argentinier nach Operationen an beiden Knien und einer mehr als ein Jahr dauernden Reha-Phase nicht in der körperlichen Verfassung, einen solchen Kampf zu bestreiten. Martinez konnte seine frühere Beweglichkeit und dynamische Kampfesweise, die ihn zum besten Boxer seiner Gewichtsklasse gemacht hatten, schlichtweg nicht ausspielen. Schon auf dem Weg zum Ring fiel auf, wie unbeholfen sich der Titelverteidiger bewegte. Als es dann zum Kampf kam, stand er unsicher und mit weichen Knien, so daß er Cotto weder behende ausweichen, noch Schlagwirkung entfalten konnte.

Bereits in der ersten Runde schickte der Puertoricaner seinen Gegner mit einem linken Haken zum Kopf auf die Bretter. Wenig später ging der Argentinier wiederum nach einem linken Haken ein zweites Mal zu Boden. Und kurz vor der Pause mußte Martinez den dritten Niederschlag hinnehmen, bei dem er freilich mehr gestoßen als getroffen worden war. Niemand hätte sich gewundert, wenn der Titelverteidiger nach diesem desaströsen Auftakt nicht mehr zur zweiten Runde angetreten wäre.

Martinez setzte jedoch den Kampf fort, überstand den zweiten Durchgang und bereitete Cotto im dritten sogar mit seinem Jab und dem linken Haken einige Probleme. Wenngleich der Argentinier nie in den Kampf fand, behauptete er sich doch bis zur neunten Runde, in der ihn Cotto zum vierten Mal zu Boden schickte. Zu diesem Zeitpunkt lag der Puertoricaner auf allen drei Punktzetteln mit 90:77 vorn. Als Martinez gleich zu Beginn der zehnten Runde eine Rißwunde über dem rechten Auge davontrug, gab seine Ecke den Kampf auf.

Wie die Statistik von CompuBox zeigte, hatte Cotto 212 von 395 Schlägen (54 Prozent) ins Ziel gebracht, während für Martinez lediglich 100 Treffer bei 322 Versuchen (31 Prozent) verbucht worden waren. Indessen hatte man ohnehin gesehen, daß der 39jährige Argentinier dem jüngeren und hervorragend eingestellten Puertoricaner angesichts seiner lädierten Kniegelenke nichts entgegensetzen konnte außer seiner Erfahrung, technischen Fertigkeiten und nicht zuletzt seiner Tapferkeit, diesen aussichtslosen Kampf so lange durchzuhalten. Sergio Martinez hat damit 51 Auftritte gewonnen, drei verloren und zwei unentschieden beendet. Für Miguel Cotto, der Weltmeister in der vierten Gewichtsklasse geworden ist, werden nun 39 Siege und vier Niederlagen notiert.

Dem Argentinier ist hoch anzurechnen, daß er selbst auf ausdrückliche Nachfrage im anschließenden Interview nicht auf seine Knieprobleme zu sprechen kam. Wie er statt dessen erklärte, sei er kalt überrascht worden und habe sich davon nicht mehr erholt. Sein Trainer Pablo Sarmiento habe von draußen den besseren Überblick, so daß er dessen Entscheidung, den Kampf aufzugeben, respektiere. [1] Ein Boxer müsse wissen, wie man gewinnt und wie man verliert. Deshalb könne er Miguel Cotto nur gratulieren. [2] So blieb es dem Trainer vorbehalten, auf die körperliche Verfassung seines Schützlings hinzuweisen, die frühzeitig den Ausschlag zu seinen Lasten gegeben habe.

Miguel Cotto sprach euphorisch vom größten Erfolg seiner gesamten Karriere. Was seinen nächsten Gegner betreffe, überlasse er seinem Trainer die Entscheidung. Wie Freddie Roach dazu erklärte, freue er sich so sehr über diesen Erfolg, daß er an den nächsten Schritt noch nicht einmal denken wolle. Miguel sei einer der besten Schüler, die er je gehabt habe, da er nie ernsthaft getroffen worden und durchweg Herr des Geschehens geblieben sei. Martinez sei ständig in der Defensive gewesen, und genau so habe er sich den Kampfverlauf vorgestellt, zog Roach zufrieden Bilanz. [3]

Freddie Roach, dessen Fähigkeit, Miguel Cotto seit ihrer Zusammenarbeit einen neuen Schub zu verleihen, im Vorfeld durchaus angezweifelt worden war, darf sich zu Recht glücklich schätzen. Allerdings muß man zugleich einräumen, daß Martinez in dieser Verfassung kein harter Prüfstein für den Puertoricaner war. Den Argentinier zu treffen, war ebenso leicht, wie nicht ernsthaft von ihm getroffen zu werden. Vermutlich wünscht sich Roach einen Kampf Miguel Cottos gegen Manny Pacquiao, der aber aller Voraussicht nach nie stattfinden wird. Der wesentlich leichtere Philippiner und dessen Berater Michael Koncz würden wohl auf einer Gewichtsgrenze bestehen, die den Puertoricaner in Schwierigkeiten brächte.

Wenngleich Trainer Pablo Sarmiento auf der Pressekonferenz erklärte, man habe noch keine Entscheidung über einen möglichen Rücktritt getroffen, sollte Sergio Martinez in Erwägung ziehen, die Boxhandschuhe an den Nagel zu hängen. Er könnte natürlich noch einmal eine längere Pause einlegen, doch ob seine Kniegelenke danach wieder uneingeschränkt belastbar wären, ist ungewiß. In der gegen Cotto gezeigten Verfassung kann er es jedenfalls nicht mehr mit den führenden Mittelgewichtlern aufnehmen. Schon vor einem Jahr hatte er Probleme mit Martin Murray, der keineswegs zur absoluten Spitze der Gewichtsklasse gehört. Daniel Jacobs, Marco Antonio Rubio, Daniel Geale oder Curtis Stevens würden ihn wohl vor unüberwindliche Probleme stellen, von Gennadi Golowkin ganz zu schweigen.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2014/06/cotto-destroys-martinez-captures-wbc-middleweight-title/#more-177489

[2] http://www.badlefthook.com/2014/6/8/5790216/cotto-vs-martinez-live-results-miguel-cotto-dominates-retires-sergio

[3] http://www.boxingnews24.com/2014/06/roach-martinez-was-on-his-bike-the-entire-night/#more-177494

9. Juni 2014