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PROFI/559: Paul Smith scheitert klar an Arthur Abraham (SB)




Deutlicher Punktsieg des WBO-Weltmeisters gegen den Briten

Arthur Abraham bleibt Weltmeister der WBO im Supermittelgewicht. Vor rund 6.000 Zuschauern in der Kieler Sparkassen-Arena besiegte der Titelverteidiger den britischen Herausforderer Paul Smith einstimmig nach Punkten (117:111, 117:111, 119:109). Wenngleich ihn etwa 1500 mitgereiste Landsleute lautstark anfeuerten, mußte sich der Liverpooler klar geschlagen geben. Während der 34jährige Berliner seine Bilanz auf 41 Siege und vier Niederlagen ausbaute, stehen für den drei Jahre jüngeren Briten nunmehr 35 gewonnene und vier verlorene Auftritte zu Buche. [1]

Abraham, der als notorischer Spätstarter bekannt ist, begann diesmal überraschend offensiv und arbeitete fleißig mit seinem Jab. In einem zumeist einseitigen Kampfgeschehen erzielte der Weltmeister die deutlicheren Treffer und dominierte die ersten fünf Runden. Erst in den folgenden beiden Durchgängen kam der an Nummer 5 der WBO-Rangliste geführte Herausforderer besser zur Geltung, da er nun insgesamt häufiger und vermehrt zum Körper schlug. Abraham revanchierte sich jedoch in der achten und neunten Runde mit etlichen schweren Treffern. Im zehnten Durchgang bäumte sich der Brite noch einmal auf und traktierte den Berliner mit der Rechten wie auch linken Haken zum Körper. Die letzten beiden Runden gingen dann wieder an den Champion, der seinen deutlichen Vorsprung ausbaute und sicher nach Hause boxte.

Paul Smith hatte insgesamt gesehen mit zu geringer Frequenz geschlagen und selbst mit seinen gefährlichsten Treffern keine ersichtliche Wirkung erzielt. Für die Strategie seines Landsmanns Carl Froch, der Abraham mit ständigen Angriffen eingeschränkt und schließlich regelrecht ausgeboxt hatte, fehlten dem Liverpooler offensichtlich die Voraussetzungen. Mit den US-Amerikanern Andre Dirrell und Andre Ward, die den Berliner ebenfalls im Super-Six-Turnier besiegt hatten, kann sich Smith noch weniger vergleichen. [2]

Arthur Abraham, der engagiert und diszipliniert geboxt hatte, hob den maßgeblichen Anteil seines Trainers Ulli Wegner an diesem Erfolg hervor. Vor dem Kampf habe ihm Herr Wegner deutlich gemacht, daß er etwas abliefern müsse, und das habe er dann auch getan. Es sei ihm gelungen, das Duell gegen Smith mit seiner Führhand zu entscheiden, indem er den Gegner beschäftigt und mit Zwischenspurts zermürbt habe. Da der Brite jedoch einiges vertragen könne, habe es nicht zu einem Niederschlag gereicht.

Der in der Vergangenheit häufig phlegmatisch agierende Abraham wirkte diesmal hellwach und boxte so souverän, wie man es lange nicht mehr von ihm gesehen hatte. Heute habe er Gas gegeben, damit der Trainer glücklich ist, so der Berliner. Sonst könne Herr Wegner nur schimpfen und lobe ihn nicht ein einziges Mal. Es sei wirklich sehr schwer, solche Menschen auszuhalten, stichelte er gegen seinen Trainer. Der als ausgesprochen bärbeißig bekannte Wegner saß sichtlich zufrieden daneben und lächelte still in sich hinein. "Arthur, ich war heute mal wieder stolz auf dich", ließ sich der 72jährige schließlich doch ein Lob entlocken. [3]

Ungeachtet der klaren Punktniederlage, die auch in ihrer Höhe von ausländischen Experten als angemessen eingeschätzt wurde, wollte sich der Brite in einer ersten Reaktion nicht mit dem Offensichtlichen abfinden. Wie er erklärte, sei seine Taktik aufgegangen, zumal er seines Erachtens genug für den Sieg getan und die Schläge zum Körper des Gegners durchgebracht habe. Im Grunde habe er gewonnen, sei aber von den Punktrichtern benachteiligt worden. Dem mochte nicht einmal sein Landsmann George Groves zustimmen, der als aufmerksamer Beobachter am Ring bestätigte, daß Abraham eindeutig die Nase vorn gehabt habe.

Im Lager des Herausforderers räumte man die Niederlage ein, sah aber in dem klaren Punkturteil einen Affront. Abraham habe vielleicht mit ein, zwei Punkten in Führung gelegen, niemals aber derart dominiert, erklärte Promoter Eddie Hearn. Er will nun den Weltverband einschalten und den WBO-Präsidenten bitten, Paul Smith als Pflichtherausforderer einzusetzen. In diesem Fall müßte Abraham binnen 120 Tagen erneut gegen den Briten antreten. [4]

Dazu wird es jedoch nicht kommen, wie Abrahams Promoter Kalle Sauerland unterstrich. Für ihn sei es boxerisch die beste Leistung gewesen, die Arthur je gezeigte habe. Wenngleich sich Paul Smith großartig geschlagen habe, gehe der deutliche Vorsprung des Titelverteidigers seines Erachtens doch in Ordnung. Sauerland will den Berliner gegen den Sieger des Kampfs zwischen Felix Sturm und Robert Stieglitz antreten lassen, die am 8. November in Stuttgart aufeinandertreffen. Diese Option stehe ganz oben in seiner Gunst, so der Promoter. Das sieht Abraham nicht anders, der darauf hinweist, daß Sturm und Stieglitz um keinen Titel kämpfen und daher um so mehr an seinem Gürtel interessiert seien. Abnehmen werde er sich den Titel aber keinesfalls lassen, da er seinen Trainer stolz machen und eines Tages als Weltmeister zurücktreten wolle.

Während Kämpfe gegen die anderen Weltmeister Andre Ward (WBA) und Carl Froch (WBC/IBF), gegen die er schon einmal klar verloren hat, höchst riskant für Abraham wären, ist die innerdeutsche Option nicht nur aussichtsreicher, sondern sicher auch lukrativ. Abraham brachte der ARD am Samstag 3,4 Millionen Zuschauer ein und hängte das Aktuelle Sportstudio im ZDF (1,90 Millionen) erneut ab. Allerdings läuft die Zusammenarbeit des Senders mit Sauerland zum Jahresende aus. Kalle Sauerland dementierte Zukunftsängste unter Verweis auf die vier aktuellen Weltmeister, mit denen man über eine starke Verhandlungsposition verfüge. Man könnte sogar vom stärksten Sauerland-Team aller Zeiten sprechen. Das klang zwar nach lautem Pfeifen im finsteren Wald, doch kann man Arthur Abraham jedenfalls attestieren, daß er in eigener Sache wie auch für seinen Promoter ein werbewirksames Zeichen gesetzt hat, das andere potentielle Fernsehpartner aus dem Sektor der Privatsender wahrgenommen haben dürften.


Fußnoten:

[1] http://www.boxen.com/news-archiv/newsdetails/article/abraham-schlaegt-smith/23.html

[2] http://www.boxingnews24.com/2014/09/abraham-smith-early-action-from-germany/#more-182394

[3] http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/1617937

[4] http://www.sportal.de/arthur-abraham-bleibt-supermittelgewichts-weltmeister-1-2014092842735900000

28. September 2014